Ambiguitätstoleranz fördern
Die benannten Methoden helfen Ihnen beim Aufbau von Resilienz und damit können sie das subjektive Wohlbefinden deutlich steigern – und das kann sich positiv auf die Ambiguitätstoleranz auswirken.
Ambiguitätstoleranz meint die Fähigkeit zum Umgang mit Ambivalenzen und wird in der Psychologie vom Umgang mit Unsicherheiten unterschieden. Unsicherheiten aushalten zu können bezieht sich auf die Zukunft. Ambiguitätstoleranz ist die Fähigkeit, in der Gegenwart auszuhalten Uneindeutigkeiten, Mehrdeutigkeiten, Widersprüche, Unentscheidarkeit und Vagheit auszuhalten und mit ihnen konstruktiv umzugehen, und wird als Persönlichkeitseigenschaft klassifiziert (Frenkel-Brunswick, 1949). Ambiguitätstoleranz bezieht sich auf die Fähigkeit, die Welt nicht nur in „schwarz und weiß“ zu klassifizieren.
Der Begriff Ambuiguitätstoleranz wird häufig für beides genutzt, sprich für den Umgang mit Unsicherheit und den mit Mehrdeutigkeit, und gilt als wichtige Fähigkeit, um in der modernen Welt voller Komplexität zurecht zu kommen. Deshalb spielt er für die Lehre in der Hochschule eine besondere Rolle, für Studierende und für Lehrende.
Am Beispiel der Achtsamkeit wird dies besonders deutlich: Wenn Sie etwas im Innen oder im Außen wahrnehmen und ohne Wertung stehen lassen können, dann widerstreben Sie dem Impuls, direkt zu reagieren. Eine direkte Reaktion entsteht meist aus (scheinbaren) Widersprüchen, Irritationen oder Gefühlen wie Unsicherheit oder Angst, und diese lernen Sie durch Methoden wie Achtsamkeitstraining, Meditation und Yoga zu betrachten ohne sich davon einnehmen zu lassen. Sie fördern Ihre Kompetenz, mit Unsicherheit umzugehen und schauen z.B. auf die Komplexität einer Situation statt nach schnellen Lösungen zu suchen.
Diese Fähigkeit können Sie bei Ihren Studierenden fördern, wenn Sie ihnen vermitteln, auf welche Weise Sie dazu gekommen sind, gut mit Ambivalenz und Unsicherheit umzugehen. Eine weitere Idee: Thematisieren Sie den Umgang mit Unsicherheit in der Lehre, üben Sie mit Ihren Studierenden genau diesen. Mögliche Methoden dafür werden im LEHRELADEN in anderen Rubriken beschrieben, z.B. „Bequem, mutig, waghalsig“ alias „Challenge by choice“ oder der „Sicherheitscheck“.
Auch Fragetechniken können hilfreich sein, eine reflexive Haltung zu entwickeln, die hilft, mit Ambivalenzen und Unsicherheiten umzugehen. Beispiele dafür sind Umkehrungsfragen, Fragen nach Ausnahmen und sogenannte Wunderfragen, die allesamt im systemischen Coaching Beachtung finden. In diesem Blog-Beitrag des Zentrums für Wissenschaftsdidaktik finden Sie Details zu den Fragetechniken.
Als Akademiker*in erleben Sie wahrscheinlich immer mal wieder Pro- und Kontra-Diskussionen. Diese können Sie in Ihre Lehre integrieren, indem Sie z.B. den Studierenden ein Thema vorgeben und sie dann in zwei Gruppen Argumente sammeln lassen. Dann folgt die tatsächliche Diskussion in der gesamten Runde. Durch Pro- und Kontra-Diskussionen sind die Studierenden mitunter gefordert, eine andere Sichtweise als ihre eigene einzunehmen und Argumente für eine Position zu finden, die ihnen nicht vertraut ist.
Kennen Sie die SWOT-Analyse? Wenn Studierende in einer Lehrveranstaltung ein Thema aus verschiedenen Blickrichtungen betrachten, können sie lernen, Stärken, Schwächen, Möglichkeiten und Gefahren gegenüberzustellen. Damit kann die SWOT-Analyse helfen, mehrere Standpunkte zu verstehen statt unreflektiert nur einen Standpunkt einzunehmen. Vielleicht passt zu Ihrem Lehrthema auch die Stakeholder-Analyse besser, wenn es unterschiedliche Interessensgruppen bei Ihrem Lehrthema gibt, deren Haltungen analysiert werden können.