Entscheidungshilfe

Die bisherigen Ausführungen zeigen, dass das Thema schwierige Lehrsituationen vielfältig und komplex ist und auch allgemeine Themen des Lehrens und Lernens betreffen. Der konstruktive Umgang mit ihnen hat sicherlich mit der eigenen Lehrerfahrung zu tun, ob Sie erst kurz in der Lehre sind oder Sie über die Jahre „sturmerprobt“ sind und inzwischen Ihre eigenen Wege und Umgangsweisen gefunden haben.

Gührs u.a. (2014) bieten eine Entscheidungshilfe für den Umgang mit Widerstand in Gruppen, die auch dabei helfen kann, ob und wie Sie mit einer schwierigen Lehrsituation umgehen wollen. Die folgende Abbildung zeigt die Interventionen Konfrontieren und Isolieren, Integrieren, Ignorieren sowie Tolerieren, deren Auswahl verbunden wird mit der Frage, ob Sie das Motiv für ein Verhalten nachvollziehen können und welche Auswirkungen das Verhalten auf die Gruppe hat.

Abbildung 2: Maßnahmen gegen Störungen im Spannungsfeld zwischen der Akzeptanz der Motive und der negativen Wirkung. Quelle: Schumacher 2022, 136

Mithilfe der Abbildung 2, die unterschiedlichen Aspekte von Störungen der Lehre in mögliche Umgänge veranschaulicht, können Sie problematisches Verhalten oder schwierige Situationen mit folgenden Fragen einschätzen. Konkrete Beispiele werden im Anschluss vorgestellt.

Negative Wirkung:

Tritt das Verhalten wiederholt auf? Wie viele Gruppenmitglieder betrifft es? Befürchte ich negative Vorbildwirkung auf die anderen? Wie stark fühlen sich andere durch das Verhalten gestört? Ist die Veranstaltung dadurch gestört? Warten die Gruppen-mitglieder auf eine Reaktion von mir?

Akzeptanz der Motive:

Kann ich die Gründe für den Widerstand oder das Verhalten nachvollziehen? Geht es um das Anliegen einzelner oder vieler? Wie breit ist die Akzeptanz bzw. Solidarität in der Gruppe?

Die Anregungen in der Tabelle lehnen sich an Gührs (2014) an und wurden durch Schumacher (2022) auf die Hochschullehre übertragen und ergänzt. Wenn Sie Motive und Akzeptanz abwägt haben, können Sie bei den entsprechenden Interventionen so vorgehen:

Ignorieren

Die Person nicht beachten, nicht explizit reagieren.

Die Person und die Situation weiter beobachten.

 

Tolerieren

 

Verständnis signalisieren und Erlaubnis geben.

Grenzen deutlich machen.

Spielraum vereinbaren.

Sicherstellen, dass die Gruppe das Verhalten toleriert.

Eigenes Verhalten ggf. transparent machen.

 

Integrieren

 

Verständnis signalisieren.

Bereitschaft zur Reflexion des Prozesses zeigen.

Murmelgruppen bilden.

Das Problem im Plenum besprechen.

Raum geben für Ratschläge.

Gemeinsam Lösungen entwickeln.

Den Prozess mit der Gruppe neu justieren.

 

Konfrontieren

 

Störendes Verhalten stoppen.

Das Verhalten mit der 3-W-Strategie (Was nehme ich wahr, wie wirkt es auf mich, was wünsche ich mir?) ansprechen.

Metareflexion anregen.

Eine klare Erwartung äußern.

Die Person beim Wort nehmen.

Die Person vor die Wahl stellen.

Das Feedback der Gruppe einholen.

 

Isolieren

 

Verhalten konfrontieren.

Raum zur Klärung außerhalb der Gruppe anbieten.

Bedingungen für die weitere Mitarbeit benennen.

Grenzen deutlich machen.

 

Tabelle 2: Mögliche Vorgehensweisen. Quelle: Gührs u.a. 2014, S. 284 mit Ergänzungen von Schumacher