Was bedeutet Fachsprache?
Unter Fachsprache wird eine sprachliche Varietät verstanden, die eine erfolgreiche Kommunikation in spezialisierten menschlichen Tätigkeitsbereichen ermöglicht. Sie zeichnet sich durch terminologische Exaktheit und Eindeutigkeit, aber auch Explizitheit und Komplexität aus (vgl. Roelcke 2019). Sie ist mitunter durch künstliche (d. h. nicht in der Standardsprache existierende) Ausdrücke und Formeln, bestimmte grammatische Strukturen, spezifische Textbausteine und Entlehnungen aus anderen Sprachen charakterisiert.
Fachsprache schafft eine gemeinsame Identität (vgl. Roelcke 2020 sowie ESV-Redaktion und Roelcke, 2020) unter denjenigen, die sie korrekt und zielführend benutzen. Die Hochschule bildet im Hinblick auf eine fachsprachliche Kompetenz auf der wissenschaftlichen Ebene aus, soll die Nutzer*innen aber auch dazu befähigen, sich mit anderen Personengruppen zu verständigen. An der fachsprachlichen Kommunikation sind unterschiedliche Personengruppen beteiligt: Sie reichen von Wissenschaftler*innen, über Techniker*innen, Facharbeiter*innen bis hin zu Konsument*innen und Laien. Dabei verändern sich die Merkmale der Fachsprache je nach Personengruppe auf einem Spektrum von einer künstlichen, symbolisch geprägten Sprache bis hin zu einer natürlichen Sprache mit einzelnen Fachtermini (vgl. Kniffka/Roelcke nach Hoffmann 2016, S. 92-93).
Was bedeutet fremdsprachlicher Fachsprachenunterricht?
Unter FFU wird ein fachbezogener Fremdsprachenunterricht verstanden und zielt darauf ab, eine fremdsprachliche Handlungskompetenz unter Einbezug der Bedarfe und Bedürfnisse der Studierenden eines bestimmten Faches aufzubauen.
FFU ist immer in einem komplexen Konstrukt aus Fremdsprachenunterricht und Fachunterricht anzusiedeln, welches dazu beiträgt, fachsprachliche Kompetenzen zu fördern, indem fortwährend Fremdsprache und Fachsprache rezipiert und produziert werden. Fachsprachenunterricht und Fachunterricht unterstützen sich idealerweise gegenseitig (vgl. Kniffka/Roelcke 2016, S. 35). Aus der Sprachlern- bzw. Mehrsprachigkeitsforschung ist bekannt, dass die verschiedenen Sprachen eines Individuums miteinander ‚kommunizieren‘, ‚interagieren‘ und eine Entität bilden, die dynamisch ist (vgl. z. B. Europarat 2001; Busch 2021; Morkötter 2023). Als eine Varietät der entsprechenden Sprache verhält sich demnach auch die Fachsprache (einem Dialekt ähnlich) ebenso als eine unter vielen.
FFU ist genauso wie anderer Fremdsprachenunterricht den Prinzipien der Lernenden-, Kompetenz- und Handlungsorientierung sowie der Integration von inter- bzw. transkulturellem Lernen verpflichtet. Er berücksichtigt die spezifischen Denk- und Mitteilungsstrukturen, Methoden und Forschungsinteressen sowie weitere fachspezifische Traditionen und kulturspezifische Merkmale des jeweiligen Fachbereichs. Entsprechend ist ein regelmäßiger Austausch der verantwortlichen Lehrenden und Curriculumentwickler*innen mit dem Fachbereich von großem Nutzen. FFU unterliegt in der Regel einer steilen Progression, unterstützt durch die Funktionalität seiner Übungsformen idealerweise direkt das Fachstudium und nimmt ggf. auch Anwendungsmöglichkeiten im Beruf in den Blick.
Die Ziele der Lehre und die anzustrebenden Kompetenzen können sehr unterschiedlich sein. Ist z. B. eine Lesekompetenz von Fachtexten das Ziel, so wird der Unterricht die Studierenden dahingehend unterstützen, Kompetenzen zu erlangen, die das Verstehen von Fachtexten ermöglichen. Dazu gehören z. B. Lesestrategien genauso wie Wortschatzübungen, und Mediationsaufgaben (i. S. des Gemeinsamen europäischen Referenzrahmens für Sprachen – kurz GeR) (Europarat, 2001). Ist dahingegen die Erstellung eines Posters oder das Halten einer Präsentation das Ziel, wären folglich der Inhalt, der Aufbau und alle damit verbundenen Kompetenzen anders gelagert. Dabei spielt das transportierte Fachwissen eine untergeordnete, und gleichzeitig nicht zu vernachlässigende Rolle. Durch die fachliche Einbettung entstehen Authentizität und der notwendige Bezugsrahmen, die benötigt werden, damit das erlernte fachspezifische, fremdsprachliche Knowhow auch tatsächlich handlungsorientiert ist, d. h. in sinnvolle sprachliche Handlungen mündet.
FFU wird in der Regel von qualifizierten und am Fach besonders interessierten Fremdsprachlehrenden durchgeführt (siehe „Multiple Rollen der Lehrenden“). Sie sind nicht zwangsmäßig für das Fach ausgebildet, sondern haben sich in die inhaltlich relevanten Themen eingearbeitet, so dass sie ihre didaktischen und methodischen Kenntnisse auf Basis der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse aus der Fremdsprachenlehr- und -lernforschung in den fachbezogenen Fremdsprachenunterricht einbringen können. Durch die Distanz zum Fach entsteht eine positive, wechselseitige Interdependenz zwischen Lehrenden und Studierenden, indem letztere in Abhängigkeit von ihrem Studienfortschritt ihr (Teil)Fachwissen in besonderem Maße einbringen können und dürfen. Wir Lehrende dahingegen haben die ‚Hoheit‘ in Bezug auf sprachliche Korrektheit, stilistische Konventionen, Angemessenheit und Methoden.
Eine besondere Herausforderung im Rahmen des FFU ist die Recherche, Didaktisierung bzw. Entwicklung geeigneter Lehrmaterialien, die den o. g. Prinzipien (Lernenden-, Kompetenz- und Handlungsorientierung sowie der Integration von inter- bzw. transkulturellem Lernen) entsprechen. Fearns (2003, S. 169-174) schreibt dazu „[…] die Kunst der Didaktisierung fachspezifischer Unterrichtsmaterialien liegt darin, durch die Berücksichtigung der Besonderheiten des Faches und seines Kommunikationssystems den Lerner anzusprechen, ihn von der Bedeutung der Aufgabenstellung und Übungen für den Lernfortschritt zu überzeugen und herauszufordern, seine Kenntnisse, Erfahrungen und Denkweisen zur Lösung der Aufgaben einzubringen.“ (Hervorgehoben durch die Autorinnen). Vor diesem Hintergrund spielt ebenso die Förderung des selbstgesteuerten Lernens sowie die Reflexion über Fachsprache und Fachkommunikation eine Rolle.
Resümierend handelt es sich bei FFU immer um ein auf ein spezifisches Fach gerichtetes und auf bestimmte Bedürfnisse zugeschnittenes Lehren und Lernen der Fremdsprache, mit dem Ziel, Fachkommunikation zielführend, flüssig und ohne größere Einschränkungen möglich zu machen, damit fachliche sowie sprachliche Probleme gelöst werden können.