Beispiel von drei Masterprogrammen
Herausforderungen, die sich für uns als Lehrende in der Biologie stellen, lassen sich gut anhand der drei Masterstudiengänge der Fakultät für Biologie der LMU München aufzeigen. Es starten jedes Jahr ca. 150 internationale Studierende in eines von drei Masterprogrammen, den Master of Human Biology (MHB), den Master of Molecular and Cellular Biology (MCB) und den Master of Plant Science (PLS). Zu Beginn der Programme sind die Studierendengruppen sowohl in Bezug auf ihre praktischen als auch auf ihre theoretischen Kenntnisse sehr heterogen. Dem wollen und müssen wir gerecht werden.
Zudem empfinden viele internationale Studierende ihren Studienstart als große Herausforderung, insbesondere die administrativen und organisatorischen Aufgaben. Mit Hilfe eines Welcome Events wollen wir den Start in den Master gerade auch für diese Studierenden erleichtern, sie mit unserer Fakultät vertraut machen und ein Gruppenbewusstsein unter ihnen und mit lokalen Studierenden fördern. Zudem lernen die Neuankömmlinge hier auch Studierende höherer Semester kennen und können so von deren Erfahrungen profitieren. Im Anschluss werden die Studierenden in einem insgesamt sieben Wochen dauernden Pflichtmodul durch ein forschungsnahes, medial abwechslungsreiches Programm zum Lernen und Denken motiviert und auf einen theoretisch und praktisch vergleichbaren Wissensstand gebracht.
Das Beispiel der drei Masterprogramme wird im Beitrag immer wieder aufgegriffen, um daran die Merkmale, Herausforderungen und Potenziale der fachspezifischen Lehre in der Biologie aufzuzeigen.
Abbidlung 1: Übersicht über das Masterentryprogramm. Der Welcome Event (1, pink) ist ein freiwilliges Angebot, welches vor allem eine gute soziale Anbindung und Orientierung bietet. Die Einheiten 2-4 sind verpflichtend und entsprechen im Ablauf einer wissenschaftlichen Arbeit, von der Literaturrecherche und der Entwicklung einer biologischen Frage, über in silico Klonierung und Vorhersagen zu den eigentlichen Experimenten im Labor, bis hin zur Auswertung der Daten und dem Schreiben eines kurzen wissenschaftlichen Artikels. Das Pflichtmodul wird ferner durch eine eVorlesung und ein live Tutorium begleitet, welche molekularbiologische Methodenkompetenz lehrt und diese auf praktische Beispiele anwendet. Quelle: eigene Darstellung.
Modulare Gestaltung
Kennen Sie das auch? Kaum haben Sie ein fertiges Modul gestaltet, ändert sich etwas an den Rahmenbedingungen und Sie müssen Anpassungen vornehmen. Wenn Sie Pech haben, zerschießt es dadurch Ihr ganzes Konzept und Sie müssen von vorne anfangen. Um dieses Szenario zu vermeiden, haben wir das Master-Entry-Programm bewusst modular gestaltet. Es besteht aus insgesamt fünf Modulen und beginnt mit dem Master Welcome Event. Dieser dient allen Mastererstsemester-Studierenden, egal ob Sie bereits an der LMU ihren Bachelor gemacht haben oder ganz neu nach Deutschland gekommen sind, zur Orientierung und dem Kennenlernen und findet bereits in der Woche vor Semesterbeginn mit Unterstützung von Studierenden aus höheren Semestern statt. Die Module zwei, drei und vier bestehen aus den Pflichtkursen „Computational Biology“ (Module 2 und 4) und „Lab Methods“ (Modul 3). Beide Kurse sind inhaltlich und zeitlich eng miteinander verzahnt und entsprechen im Vorgehen einer wissenschaftlichen Arbeit. Das fünfte Modul, die E-Vorlesung „Methods in Molecular Biology“ begleitet, unterstützt und vertieft die Kurse dabei inhaltlich und bereitet zudem auch auf nachfolgende Kurse vor. Um das Transferdenken zu fördern, werden die gelernten theoretischen Inhalte in einem Live-Tutorium auf Beispiele aus der Praxis in Gruppenarbeit übertragen. Die Modularität erlaubt es uns, schnell und unkompliziert Anpassungen vorzunehmen, ohne gleich das Gesamtkurskonzept verändern zu müssen.
Abbildung 2: H5P Buch: Als interaktives Buch organisierte Video-Vorlesung. Links werden die verschiedenen Kapitel aufgeführt, rechts das Video bzw. Quizfragen dargestellt. Alle H5P Video Vorlesungen stehen auf Moodle zur Verfügung und sind umrahmt von einem Teaser Video, Quizfragen zum Vorwissen, Quizfragen zur Wissensüberprüfung und einer kurzen Videozusammenfassung. Quelle: eigene Darstellung.
Die Vorlesungen haben wir in kurze Videosequenzen von maximal 5-7 Minuten zerlegt und als H5P Buch zusammengeführt (Abb. 2). Dadurch können einzelne Abschnitte einer Vorlesung relativ einfach und schnell ausgetauscht werden, und wir haben die Möglichkeit geschaffen, an jede Input Einheit ein paar kurze multiple choice-Fragen anzuhängen. So können die Studierenden stets überprüfen, ob sie die bereitgestellte Information verstanden haben. Auch ermöglicht es den Studierenden, einzelne Inhalte wiederholt abzurufen, ohne sich jedes Mal durch die gesamte Vorlesung kämpfen zu müssen. Insgesamt haben wir so also maximale Flexibilität bei Aktualisierungen, eine effiziente Lernmaterialverwaltung und eine verbesserte Zugänglichkeit und Wiederholungsmöglichkeiten für Lehrende und Studierende geschaffen. Die interaktiven Elemente helfen zusätzlich bei einem besseren Verständnis und Transfer der Inhalte und ermöglichen den eigenen Wissenstand zu überprüfen.
Abbildung 3: Ein Kern-lokalisiertes GFP-Fusionsprotein wurde in drei verschiedene Modellorganismen transient bzw. stabil eingebracht und exprimiert: in Wurzelhaaren von Lotus japonicus (oben links, Dr. Dagmar Hann), in der Keimbahn von C. elegans (oben rechts, Dr. Tamara Mikeladze-Dvali) und in C2C12 Myoblast-Zellkultur (Dr. Daniela Meilinger) während unterschiedlicher Stadien der S-Phase (untere Reihe).
Interdisziplinäre Zusammenarbeit und Versuche
Neben der allgemeinen wissenschaftlichen Methodik des wissenschaftlichen Schreibens und Präsentierens werden manche molekularbiologische Methoden und bioinformatische Standard-Tools in nahezu allen Disziplinen regelmäßig genutzt. Im Entry-Programm wollen wir den Studierenden daher aufzeigen, dass die Grenzen zwischen verschiedenen Disziplinen der Biologie fließend sind. Mit den beiden Pflichtkursen und der Vorlesung decken wir bewusst einen Großteil der gängigen molekularbiologischen und bioinformatischen Methoden ab, die in fast allen biologischen Fachdisziplinen Anwendung finden. Dabei widmen wir uns im „Lab Methods“-Kurs einer biologischen Fragestellung, welcher wir mit Hilfe von aufeinander aufbauenden Versuchen in drei verschiedenen Modellsystemen und Organismen nachgehen. Kurz und knapp, wir klonieren die Homologe eines protein-kodierenden Gens aus drei verschiedenen Modellorganismen und untersuchen anschließend deren Funktion und subzelluläre Lokalisierung. Durch die Verwendung verschiedener Modellorganismen, darunter Pflanzen, Würmer und himane Zellen (Abbildung 3), bekommen die Studierenden einen Eindruck von unterschiedlichen Forschungsrichtungen an unserer Fakultät. Der Kurs wird in mittlerweile acht Parallelen, unterstützt von Lehrenden aus fünf verschiedenen Fachbereichen, unterrichtet. Die gemeinsame Durchführung und die Expertise der einzelnen Fachbereiche unterstreichen die Interdisziplinarität des Kurses. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass unser Entry-Programm neben labormethodischen und bioinformatischen Kompetenzen auch wissenschaftliche Schreib und Präsentationskompetenzen adressiert, um die Studierenden auf die verschiedenen Masterstudiengänge vorzubereiten und Heterogenität im Wissens- und Kompetenzbereich auszugleichen. Im Folgenden soll auf das forschungsnahe Arbeiten detaillierter eingegangen werden, da dies den Hauptfokus des Entry-Programms ausmacht.