Worum geht es? Was sind die Besonderheiten des Fachs?

Einführung

Als Disziplin untersucht die Erziehungswissenschaft in ihren jeweiligen Feldern (u.a. Allgemeine Erziehungswissenschaft, Medienpädagogik, Sozialpädagogik, Sonderpädagogik, Erwachsenenbildung/ Weiterbildung) das Lernen und Lehren von Menschen unterschiedlichen Alters, dazu organisationale und sozialpolitische Rahmenbedingungen sowie gesellschaftliche und anthropologische Voraussetzungen, wissenschaftstheoretische Gegebenheiten, Grundbegriffe in theoretischer Hinsicht und häufig auch praktische Implikationen. Dabei verfolgen sowohl die Teildisziplinen als auch die jeweiligen Standorte an Hochschulen und Universitäten eigene Schwerpunktsetzungen: So beschäftigt sich bspw. die Sozialpädagogik z.T. mit Hilfesystemen (vgl. Hünersdorf 2009) oder die Erwachsenenbildung mit Personalentwicklung oder auch kultureller Bildung (vgl. von Felden 2015), die Allgemeine Erziehungswissenschaft mit Kindheit und Jugend oder mit grundlegenden Theorien (vgl. Koch, Ladenthin, Mertens, Böhm 2008).

Unterscheidung: Während im alltäglichen Sprachgebrauch Pädagogik und Erziehungswissenschaft häufig gleichbedeutend verwendet werden, so können doch wichtige Unterschiede markiert werden: 1. Erziehungswissenschaft betont Wissenschaft (Theorie und Empirie) während Pädagogik den Fokus stärker auf Praxis richtet. 2. Da die Erziehungswissenschaft auch eine handlungsorientierte Disziplin ist und eben nicht nur theoretisch oder empirisch, taucht der Begriff der Pädagogik aber häufig und berechtigterweise in vielen Teildisziplinen auf, z.B. Kindheitspädagogik, Jugendarbeit, Erwachsenenpädagogik, Medienpädagogik (vgl. Brezinka 1972).

Ziel der Wissenschaft ist es daher häufig, Erziehungs- und Bildungswirklichkeit zu begreifen, etwa indem Prozesse und Ergebnisse von Bildung über die Lebensspanne analysiert werden und Bildungsprozesse innerhalb von typischen Bildungseinrichtungen wie Kindergarten, Schule, Hochschule oder Weiterbildung erforscht werden. Daneben kann es Ziel sein, Beiträge zur Theorieentwicklung zu leisten oder pädagogische Konzepte zu erarbeiten oder diese kritisch zu analysieren (vgl. Seel, Hanke 2015). Oder eher aus der Sicht der Praxis können gelingende Lehr-Lernprozesse zwischen Studierenden und Lehrenden analysiert oder auch erprobt werden.

Tipp: Meine Empfehlung ist, in manchen Veranstaltungen kleine Seminareinheiten (nicht nur Referate) von Studierenden durchführen zu lassen. Dies sollten Sie als Lehrperson vor- und nachbereiten und auch während der Einheit sollten Sie als Begleitung aktiv sein. Durch ein solches Probehandeln bringen Sie Ihre Studierenden näher an die berufliche Wirklichkeit. Sie üben sich in ihrem eigenen Handeln auf dem Weg zu einer eigenen Professionalität!

 

Besonderheit 1: Verbindung Theorie-Praxis

Im Zusammenhang mit der Idee universitärer Bildung entwickelte sich ein Professionalisierungsverständnis, das auf einem dialektischen Verhältnis von Theorie und Praxis gründete (vgl. von Felden 2009). Es sah vor, dass Studierende sich in der Universität in erster Linie fachliche und allgemeinbildende Inhalte auf theoretischer Ebene aneignen, dabei ihre Persönlichkeit bilden und durch Praktika den Praxisbezug reflektieren, welche die Grundlage für das Ausbilden einer Professionalität legt, die Theorie und Praxis aufeinander bezieht (vgl. Dewe 1996, S. 714ff, Oevermann 1996). Die begleitete und reflektierte Verbindung von Theorie und Praxis ist gerade bei Disziplinen mit hohem Praxisanteil und späterem Handlungsbezug im Beruf unabdingbar und führt zu einer pädagogischen Professionalität (vgl. von Felden 2008). Dies unterstützen Universitäten in der Regel durch mehrwöchige Praktika sowie die Begleitung der Praktika.

Tipp: Meine Empfehlung ist, dass Sie solche Theorie-Praxisanteile in vielen Seminaren integrieren können. Selbst wenn es um machttheoretische Aspekte von Bildung gehen würde, könnten Sie entweder durch Exkursionen oder durch biographische Fragen (z.B. Wann sind Sie in Ihrem bisherigen Schul- oder Universitätsleben mit Macht in Berührung gekommen?) (vgl. Gudjons 1996) eine Verbindung von Text und Person herstellen. Das macht Seminare lebendiger und spricht Studierende direkt an.

 

Besonderheit 2: Starke Handlungsorientierung

Studierende der Erziehungswissenschaften beschäftigen sich grundsätzlich mit Fragen, Theorien, Modellen und Ansätzen im Themenfeld von Bildung, Erziehung, Sozialisation, Qualifikation, Kompetenz oder Hilfen. Die theoretische Auseinandersetzung wird häufig mit empirischer Forschung verbunden. Für die Lehre in der Erziehungswissenschaft ist eine starke Handlungsorientierung wichtig. Sie wird zum einen durch Praktika hergestellt, um Einblicke in pädagogische Handlungsfelder zu erhalten, damit die Studierenden sowohl die Voraussetzungen als auch die Folgen pädagogischen Handelns reflektieren können; zum anderen erfolgt die Handlungsorientierung durch Übungen, Exkursionen oder das Arbeiten an und mit der eigenen Professionalität als angehende Pädagog*in. Oft versuchen wir in der Lehre, Projektarbeit zu integrieren. Strukturell erleben und erfahren Studierende, Forschende und praktisch Tätige durch solche Arbeitsformen die konkreten, für das pädagogische Arbeitsfeld besonders bedeutsamen Handlungsformen. Dies kann in der Projektarbeit durch konkrete Fälle und Themen wie etwa Werbung für den Umweltbereich oder Videofallarbeit in Schulen angeregt und verbessert werden, oder es kann durch Teamteaching unterstützt werden. Ein wichtiges Element in der erziehungswissenschaftlichen Lehre ist, dass wir die Perspektiven zeigen und die Studierenden in die Interaktion und den Austausch bringen, z.B. durch Paararbeit, durch Übungen in Kleingruppen oder durch Diskussionen im Plenum (vgl. Lerch 2017, S. 121).

Tipp: Ich würde empfehlen, dass Sie ein Methodenblatt für sich entwickeln und die Studierenden bei der methodisch-didaktischen Reduktion von Themen und deren Aufbereitung für das Seminar (Rekonstrution) begleiten. Achten Sie dabei auf Methodenvielfalt, und darauf, dass Methode und Inhalt zusammenpassen! Zudem sollte die Methode auch zu Ihnen und den Studierenden passen.