Was ich zu Beginn meiner Lehrtätigkeit gerne gewusst hätte

Tipps für Neulinge in der Lehre

Coaching statt Input: Das Wichtigste ist es, Studierende in ihrem individuellen Fortschritt zu begleiten: Hochschullehre bedeutet in erste Linie die Unterstützung der einzelnen spezifischen Lernprozesse (nicht das Weitergeben von Informationen). Damit können wir stärkeren und schwächeren Studierenden je nach ihrem individuellen Ausbildungsstand gerecht werden und sie in ihrer Profilbildung stärken. Das ist allerdings beim Format „Frontalunterricht“ nur begrenzt möglich. Deshalb ist es wichtig, immer auch Aufgaben zum selbstbestimmten Lernen in die Lehre einzubauen (Referate, Übungsaufgaben, Projektarbeit, …). Die Lehrtätigkeit macht auch viel mehr Spaß, wenn ich Studierende dadurch persönlicher kennenlerne und ihre Entwicklung über einen längeren Zeitraum miterlebe.

Input = Output: Wenn ich von Studierenden viel erwarte, muss ich viel bieten (z. B. eine klare Veranstaltungsstruktur, gute Vorbereitung auf die gestellten Aufgaben, ordentliches Unterrichtsmaterial). Gleichzeitig darf ich meine Beratungstätigkeit dem Engagement von Studierenden anpassen: Wer sich viel Mühe gibt, bekommt viel von meiner Zeit, wer sich selbst keine Zeit nimmt, erhält nur die minimale Beratung. Wenn ich z. B. ein Exposé erhalte, gebe ich mir viele Mühe mit dem Feedback bei denjenigen, die sich viel Mühe bei der Erstellung gegeben habe und befasse mich den „dahin geschluderten“ Einreichungen eher oberflächlich. Ich muss nicht mehr Zeit in die Arbeit von Studierenden stecken, als sie selbst!

Rausgehen: Ein Geographiestudium ohne Exkursionen ist nicht vorstellbar!

Referateseminare müssen nicht langweilig sein: Studierende müssen das Vortragen üben, aber niemand will 20 schlechte Referate in einer Veranstaltung hören. Deshalb lasse ich mir zwei Wochen vor dem Referatstermin eine schriftliche (ausformulierte!) Zusammenfassung der Referate schicken und gebe den Studierenden Feedback dazu. So wird verhindert, dass die Präsentationen wortwörtlich „in der Nacht vorher“ entstehen und Studierenden bekommen mehr Sicherheit, weil sie wissen, in welche Richtung sie weiterarbeiten können. Der Zeitaufwand hält sich in Grenzen: Bei einer 2-seitigen Zusammenfassung ca. 15 Min.pro Referat.
Zudem sollten max. 50% einer Lehrveranstaltung durch Referate abgedeckt sein. Den Rest können Lehrende selbst mit Arbeitsaufgaben, Input, Textdiskussionen u.ä. gestalten.

Sich freuen statt sich scheuen: Jedes Zusammensein mit Studierenden bietet neue Bekanntschaften mit Menschen, die eine andere Generation vertreten, eigene Perspektiven aufbringen, Fragen stellen, Bedürfnisse haben und mich als Lehrperson fordern. Statt diese Kontakte zu scheuen, kann ich mich über diese Begegnung mit meist netten und interessanten Menschen freuen.