Vielfältige Methoden vermitteln und zielgerichtet einsetzen – Fragen stellen, kollaborativ, diskursiv und situativ arbeiten, verunsichern und improvisieren
Im Sport haben wir oft eine klare Zielsetzung: Wir wollen ein Spiel gewinnen, schneller laufen, die Abfahrt im Tiefschnee genießen oder die Rückenschmerzen verhindern. Aber wie gelingt das? Wie gehen wir vor, um unser Ziel zu erreichen? Und ist das Vorgehen nicht für jede*n anders? Um Studierenden der Sportwissenschaft nachhaltige Erfahrungen, Einsichten und Erkenntnisse in sportwissenschaftliches Handeln zu ermöglichen, gehe ich vielfältige methodische Wege mit ihnen. Die Verknüpfung von theorie- und praxisorientierten Zugängen, das forschende Lernen und die reflexive Praxis (s.o.) sowie auch das Genetische Lehren als wahrnehmungs- und erfahrungsgeleitete Methode (Sinning, 2010) helfen mir dabei, viele Studierende mitzunehmen. Nach Wagenschein (1997) basiert das Genetische Lehren auf dem Dreiklang genetisch – sokratisch – exemplarisch. Dabei steht der Begriff des Genetischen im Vordergrund und beschreibt eine Pädagogik, die mit dem werdenden Menschen zu tun hat, und im Unterricht und dem didaktischen Geschehen mit dem Werden des Wissens in ihm. Die sokratische Methode spielt als verunsichernde Gesprächsmethode eine wesentliche Rolle. Sie versucht, vermeintlich vorhandenes Wissen kritisch zu prüfen, führt zum Zweifeln, zum Aushaltenkönnen und Gewinnen von eigenen Urteilen. Das exemplarische Vorgehen zeigt sich nicht als „Mut zur Lücke“, sondern als „Mut zur Gründlichkeit“, um „zentrale Aspekte in Gänze zu durchdringen und […] themenkonstituierend zu arbeiten“ (Sinning 2010, S. 69). Dazu setze ich zahlreiche klassische Methoden wie z.B. Mindmapping, Vortrag, Präsentation, Pro-Contra-Diskurs, Übungs- und Spielformen, Rollenspiel, Storytelling, Selbstlernkurs u.v.m. (Meyer, 2011) ein; spezifische Methoden aus dem Sportkontext (Bielefelder Sportpädagogen 2007; Lange & Sinning, 2010) finden ebenfalls Anwendung.
Die Gruppenarbeit steht in meinen Lehrveranstaltungen oft an erster Stelle (Prohl, 2004). Hierzu gehört im Sinne einer agilen Lehre (Arn, 2020) das kollaborative und weitestgehend selbstorganisierte Lernen in Gruppen und ein Arbeiten, in dem sich die Beteiligten situativ und spontan an sich ändernde Umstände anpassen müssen, um auf unvorhergesehene Ereignisse reagieren zu können. Ich nutze die Improvisation als methodisches Verfahren in meiner sportwissenschaftlichen Lehre. Ein Vorgehen, das nicht dem Zufall, einer Schwellendidaktik oder „Belibiien“ geschuldet ist, sondern bewusst eingesetzt wird, um Haltungen zu entwickeln (Temme & Temme, 2021).
Dazu setze ich didaktische Prinzipien des Variierens, des Verändern und Verfremdens, des Eingrenzens, Polarisierens, Fokussierens oder Kontextualisierens (Klinge & Schütte 2022b) ein, um Studierenden zu ermöglichen, eigene Perspektiven und Positionen zum Fach und zu fachwissenschaftlichen Entwicklungen zu gewinnen.
Ich bearbeite spezifische Themen immer in ausgewiesenen Kontexten und verändere die Kontexte, indem ich z.B. mit den Studierenden andere, ungewohnte Erfahrungsräume aufsuche, den Seminarraum oder die Sporthalle verlasse und ins Feld gehe. Ich grenze die Zugänge zu einem Thema auf ausgewählte Aspekte ein, um eine fokussierte Auseinandersetzung mit einer Aufgabenstellung zu erreichen. Ich schaffe Gelegenheiten, die für die Studierenden neu, fremd, verunsichernd, vielleicht sogar verstörend sind (Dröge, 2009), so etwa durch das Verändern und Verfremden von Bewegungsverhalten, das spontane Variieren von (Spiel)-Regeln und regulativen Vorgaben und Kontexten oder das Falsifizieren von Textaussagen. Dies wirft bei den Studierenden Fragen auf, die sie zu kreativen, innovativen und individuellen Lösungen führen können. Sehr oft geschieht dies in Gruppen, denn viele Studierende der Sportwissenschaft verfügen aufgrund ihrer sportlichen Sozialisation über eine ausgeprägte Teamfähigkeit. Dies nutze ich, um Aufgaben- und Problemstellungen gemeinsam und diskursiv zu erarbeiten, die Kollaboration zu fördern und eine Aufgabenteilung bewusst zu unterbinden.