Wissen und Können entfalten und reflexiv erfahrbar machen

Wer ein sportwissenschaftliches Studium absolviert hat, weiß um die Vielfalt und Unterschiedlichkeit der Zugänge zum Gegenstand Sport und Bewegung. Die meisten Sportstudierenden sind begeisterte Sportler*innen. Nutzen Sie diese Begeisterung für das Fach! Erkennen Sie die Bedeutung vom Wissen des Körpers und seinen Potentialen für die Bildung des Menschen (Klinge, 2019). Wenn Sie Studierende von ihren sportpraktischen Erfahrungen berichten lassen, finden Sie in praxis- wie in theorieorientierten Lehrveranstaltungen schnell einen Zugang zu den Studierenden und gewinnen deren Aufmerksamkeit. Machen Sie die Verknüpfung von Wissen und Können deutlich und erfahrbar (Neuweg, 2000a).

Beschreibt ein Leichtathlet oder eine in der Leichtathletik ausgewiesene Sportwissenschaftlerin die Technik des Hürdenlaufs, so kann „selbst eine Kompetenztheorie, die Können durchaus angemessen beschreibt, erklärt und vorhersagt, didaktisch nicht nützlich sein“ (Neuweg 2002, S. 17). Wir kommen also nicht weit, wenn wir nur Denk- und Handlungsalgorithmen abarbeiten (Terhart, 2000). Wir müssen sie reflexiv erfahrbar machen.

Reflexion ist „eine Kunst, die gelernt und geübt sein will. Es gibt eine Praxis, die die Universität nicht simulieren muss, weil sie sie selbst modellhaft verwirklichen kann: die Praxis des Neugierigseins und der Wahrheitssuche, die Praxis des Zweifelns und des Aushaltens von Ungewissheit, die Praxis präzisen Denkens und begründeten Argumentierens“ (Neuweg 2002, S. 22).

In meiner sportwissenschaftlichen Lehre versuche ich diese Praxis über das Forschende Lernen zu entfalten. Ich gebe Raum für die Entwicklung eigener Projektideen der Studierenden und plane Zeit ein für einen kreativen Umgang mit dem Gegenstand. Ich schaffe Anlässe und Spielräume für reflexives Handeln auf der Basis eines fachwissenschaftlichen Inputs und stelle zugleich Hindernisse in den Weg, um innovatives Potential in der Auseinandersetzung mit einer Fragestellung zu befördern und individuelle Lösungswege zu ermöglichen. Dabei nutze ich die im Sport ausgeprägten emotionalen und sozialen Aspekte des Lernens (Klinge & Schütte, 2022a).

Meine Erfahrung ist, dass sich viele Sportstudierende zunächst aus den Mustern ihres habituellen Verhalten im Sport befreien müssen, um ihrer Faszination für den Sport ein breites Kompetenzspektrum als Sportwissenschaftler*innen hinzuzufügen. Was ich damit meine, zeigt ein Beispiel, das ich immer wieder anwende: Ich stelle Studierenden die Aufgabe „Bewegt Euch frei im Raum“. Was tun sie: sie laufen im Linkskreis. An diesem Beispiel erläutere ich die Notwendigkeit, bekanntes Verhalten aufzubrechen, Neugierde für das Ungewisse zu entwickeln und sich eine fundierte Basis für eigene Gestaltungsoptionen zu schaffen und diese kritisch zu reflektieren.