Lernstrategien
Bedeutung von Lernkompetenzen/Lernstrategien
Ein ausgewogenes Zusammenspiel von instruktiver und konstruktiver Lehre ist bedeutsam für die Anleitung des Lernens Studierender. Sie als Lehrende*r gestalten den Rahmen, innerhalb dessen Studierende agieren. Wichtig ist, dass die Lernenden erkennen, dass sie selbst für ihren Lernerfolg Verantwortung tragen und dass sie Techniken benennen und anwenden können, die ihr Lernen unterstützen. „Aktives und eigenverantwortliches Lernen erfordert, in Abhängigkeit von Inhalten und Zielen, bestimmte Lernkompetenzen und Lernfertigkeiten (Techniken). Der Zusammenhang zwischen Lernstrategien und Lernerfolg ist Gegenstand umfangreicher Forschung, es gibt Studien die die Relevanz der Lernstrategien für den jeweiligen Lernerfolg belegen (vgl. Boerner/Seeber/Keller/Beinborn 2005, S. 25).
Lernstrategien und -techniken für aktives Lernen in der Lehre
Wiederholungs-, Organisations- und Elaborationsstrategien
Lernstrategien werden grundsätzlich in kognitive und metakognitive Strategien unterteilt. Zu den ersteren gehören die Wiederholungs-, Organisations-, und Elaborationsstrategien (vgl. Berendt, 2010, S. 5). Wiederholungsstrategien sind wie z.B. das Auswendiglernen, Abschreiben oder Aufsagen oft in Zusammenhang mit einer hohen Dichte von Lerninhalten anzutreffen und bedienen eine oberflächenorientierte Strategie, da das Lernen nicht auf eine vertiefende Auseinandersetzung mit den Inhalten zielt.
Etwas mehr tiefenorientiert als Wiederholungsstrategien sind Organisationsstrategien, bei denen erworbenes Wissen abgerufen und gemäß den Prinzipien eines aktiven Lernens, miteinander in Beziehung gesetzt wird. Es können sich so kognitiv neue Zusammenhänge und Netzwerke verknüpfen lassen. Eine geeignete Methode dafür sind z.B. die Concept Maps. Hier werden – im Unterschied zu Mind Maps – Inhalte dargestellt, und Verknüpfungen und Zusammenhänge zwischen den Inhalten visualisiert. Die Darstellungsart ist dabei nicht festgelegt, in der Literatur sind Hinweise darauf zu finden, dass es empfehlenswert ist, die Wissensinhalte durch eine Umrandung zu kennzeichnen und Zusammenhänge durch Linien einzuzeichnen. Wenn diese Linien auf weitere Relationen, die über eine Kausalbeziehung hinausgehen, verweisen, sollte eine Legende angeführt werden (Vgl. Stary/Unger S. 2f.).
(Beispiel für eine Concept Map, eigene Darstellung)
Vorteile für Lernende ergeben sich aus der intensiven Auseinandersetzung mit dem Lernstoff, der die Erstellung einer Concept Map voraussetzt. So werden Lernende zum Tiefenlernen angeregt und die Ebene der Metakognition angesteuert: Bei der Betrachtung der erarbeiteten Inhalte kann die Reflexion über den eigenen Lernprozess und -stand mögliche Defizite aufdecken (vgl. ebd. S. 8). Concept Maps bieten eine flexible und modellierbare Methode für die unterschiedlichsten Lehr-Lernsettings. Sie sind sowohl für das Selbststudium der Lernenden hilfreich, um sich individuell mit neuen Themen auseinanderzusetzen, können aber auch als Grundlage einer Gruppendiskussion dienen und kooperativ erarbeitet werden. Hinzu kommt, dass sie sowohl in Präsenz auf Tafeln oder Papier als auch in Online-Settings wie z.B. dem Zoom-Whiteboard oder mittels anderer Tools (z.B. MindManager) erarbeitet werden können.
Im Sinne eines aktiven Lernens eignen sich darüber hinaus die sogenannten Elaborationsstrategien. Durch die Verknüpfung des neuen Stoffes mit bereits bekannten Inhalten, dienen sie der tieferen Integration von Wissen. Hier wird abgerufenes, vorhandenes Wissen mit neuen Inhalten kombiniert und auf neue Erkenntnisse übertragen, bspw. indem neue Analogien zu bereits bekannten Beispielen gebildet werden (vgl. Berendt, 2010, S. 5). Auch das Zusammenfassen in eigenen Worten oder die Anbindung an konkrete Praxisbeispiele gehören dazu.
Mögliche Lernkompetenzen und -strategien erstrecken sich auf viele verschiedene Bereiche und Aspekte, die zusammengefasst auf den Erwerb von Wissen auf unterschiedlichen Stufen und Niveaus zielen und durch das Bearbeiten konkreter Aufgaben und Problemstellungen durch unterschiedliche Methoden erreicht werden. Für den Wissenserwerb auf der kognitiven Ebene reichen die Lernstrategien von Lesestrategien über Referats-Inhalte recherchieren, wiedergeben und zusammenfassen bis hin zur Verknüpfung mit dem Wissen und der Praxis. Auch das Lernen im Team in Hinblick auf den Ausbau sozialer Kompetenzen und die Metakognition, durch die personale Kompetenzen gefördert werden, ist Teil des komplexen Netzes von Lernstrategien und -kompetenzen. Insgesamt wird Lernkompetenzen bei Studierenden eine wichtige Rolle beim Erwerb von Schlüsselqualifikationen zugedacht.
Exkurs zum kooperativen Lernen
Auch beim Lernen in Gruppen spielt das aktive Lernen in Form vom gegenseitigen Zuhören, sich selbst durch Eigeninitiative einbringen, die Arbeit im Team organisieren und den Prozess in der Gruppe reflektieren, eine große Rolle. Charakteristika die das hier angeführte Verständnis von kooperativem Lernen mit einschließt, sind des Weiteren die Faktoren der „individuellen Verantwortlichkeit“ und der „positiven Interdependenz“ (vgl. Borsch 2019), die für kooperatives Lernen besonders ausschlaggebend sind. Auch hier ist die Balance zwischen instruktiven und konstruktiven Elementen relevant. Studierende müssen klar formulierte Aufgabestellungen erhalten, damit sie sich innerhalb der Gruppe selbst organisieren können. Die Formulierung von Gruppenzielen und eine klare Strukturierung und Unterstützung der Arbeitsprozesse werden ebenfalls empfohlen (ebd., S. 26). Studierende können mit fortgeschrittenen Erfahrungen im kooperativen Lernen sich selbst die Arbeit innerhalb der Gruppen aufteilen und selbstständig Rollen und Zuständigkeiten abklären und verteilen. So ist sichergestellt, dass es auf jede:n Einzelne:n, und auf die Zusammenarbeit und Transferfähigkeit der Gruppe ankommt. Eine beliebte Methode des kooperativen Lernens ist das Gruppenpuzzle, auch Jigsaw-Methode genannt. Hierbei wird in mehreren Kleingruppen ein Thema erarbeitet, das wiederum in Unterthemen (Thema A, Thema B, Thema C etc.) gegliedert wird, für die jeweils ein Gruppenmitglied verantwortlich ist. Nach der selbstständigen Erarbeitung des eigenen Themenbereichs kommen alle Gruppenmitglieder der Kleingruppen, die das Unterthema A, B oder C etc. erarbeitet haben, als „Expert:innengruppe“ zusammen und erörtern gemeinsam ihr Unterthema. Abschließend gehen alle in ihre Ursprungsgruppe zurück und stellen das Unterthema vor, für das sie Expert:innen sind, um dann als Gesamtgruppe das übergeordnete Thema vollständig abschließen zu können.
In einem weiteren Schritt können die Lehrenden, abgesehen vom entstandenen inhaltlichen Ergebnis, die Gruppen- und Arbeitsprozesse der Gruppen untereinander gemeinsam mit den Studierenden reflektieren, um soziale Lernkompetenzen anzuregen. Fragen nach der Arbeitsweise und Produktivität der Gruppe können dabei hilfreich sein. Diese Art der Reflexion über die eigenen Problemlösungsprozesse führt zu einem weiteren wichtigen Faktor des aktiven Lernens, der Metakognition. Die Relevanz von metakognitiven Prozessen für aktives Lernen wird in der Literatur häufig betont (vgl. Pfäffli, Borsch, Kaiser u.a.). „Metakognitiv gesteuerte Anstrengungen richten sich demnach nicht direkt, unmittelbar auf die Bearbeitung des anstehenden Problems oder der Lernaufgabe, sondern auf die Strategien, die für diesen Zweck aktiviert werden“ (Kaiser, S. 18). Im Sinne eines aktiven Lernens adressiert Metakognition somit die Selbstverantwortlichkeit der Studierenden als Bereitschaft zur Reflexion eigener Denk- und Lernprozesse. Das Bewusstsein dieser Prozesse wiederum kann langfristig zu einer Optimierung der eigenen Lernstrategien unter Berücksichtigung der individuellen Präferenzen der oder des Lernenden führen.