Der Fortsetzungsroman

(„Fallstudienarbeit“)

Kurzbeschreibung

Die Studierenden werden in Kleingruppen eingeteilt und erhalten ein Fallbeispiel, das in Sequenzen eingereicht und anhand von vorgegebenen Schritten bearbeitet wird. Dabei wechseln sich strukturierter Input im Plenum und kreative Kleingruppenarbeit ab. Anschließend erfolgt eine moderierte Ergebnispräsentation.

Durchführung:

(Grundform: ähnlich des POL = problemorientiertes Lernen)

  • Die Dozentin/der Dozent oder die Studierenden bringen eine in 2 – 3 Sequenzen unterteilte Fallbeschreibung aus der jeweiligen fachbezogenen Berufspraxis mit in die Veranstaltung. Hierbei kann es sich bspw. um einen Zeitungsartikel, eine Patientengeschichte, eine juristische Kasuistik, eine Unternehmensbilanz oder um ein eigenes, aus der Erfahrung abgeleitetes Beispiel handeln. Hinweis: Je nach Studienfortschritt sollten mehr oder weniger komplexe Fallbeispiele gewählt werden.
  • Varianten
    1. Das Fallbeispiel wird nicht unterteilt, sondern gesamt eingesetzt und die Bearbeitungszeit entsprechend verlängert.
    2. Wird eine komplexe, umfänglich gestaltete Kasuistik eingeführt, so kann diese über mehrere Veranstaltungen hinausgehen.
  • Zu Beginn erfolgt eine theoretische Einführung in die Veranstaltungsthematik (durch die Dozentin/den Dozenten oder Studierende) sowie eine kurze Kommentierung des gesamten Fallbeispiels und der Hintergründe (Impulsvortrag von insgesamt max. 15 Min.).
  • Dann teilen sich die Studierenden in Kleingruppen (nicht mehr als 8 Studierende) auf. Die erste Sequenz des Fallbeispiels wird ausgeteilt und 15 – 20 Minuten lang, je nach Anzahl der Sequenzen, anhand folgender Schritte bearbeitet:
    1. Problemformulierung und Zielstellung: Die Studierenden sollen sich zuerst darüber klar werden, worum es genau bei diesem Fall geht und was konkret erörtert werden soll.
    2. Formulierung konkreter Fragestellungen: Bei der Formulierung der Fragestellungen ergeben sich aus dem Fall die Lernziele.
    3. Erörterung der Fragestellungen: Die Studierenden sollen sich darüber austauschen, was aufgrund des Gruppen-Repertoires an Vorwissen schon geklärt werden kann, bzw. was offen bleibt und im Plenum geklärt werden muss.
      • Die Studierenden kommen im Plenum zusammen und präsentieren ihre Ergebnisse. Die Präsentation erfolgt unter der Moderation der Dozentin/des Dozenten (kann ggf. an Studierende delegiert werden).
      • Die 2. Fallsequenz wird eingereicht, die Fallbearbeitung wird nach den o.g. Schritten fortgesetzt.
      • Wiederum versammeln sich die Studierenden im Plenum und vertiefen ihre Bearbeitungen. Zum Abschluss wird das gesamte (soweit bearbeitete) Fallbeispiel vor dem Hintergrund der vorliegenden Arbeitsergebnisse von der Dozentin/dem Dozenten reflektiert und zusammengefasst sowie ein Ausblick auf die ggf. erfolgende Fortsetzung des Beispiels in weiteren Veranstaltungen geliefert. Falls Fragestellungen nicht geklärt werden konnten, können diese als Studienaufträge für die nächste Sitzung formuliert werden.

Funktion und Effekte der Methode

  • Der konkrete Praxisbezug motiviert.
  • Die Verknüpfung von Vorwissen der Studierenden mit neuem Lernstoff erfolgt am konkreten Fall.
  • Der Wechsel an didaktischen Methoden wirkt belebend und berücksichtigt die Konzentrationsspanne der Studierenden. Die Verknüpfung von Theorie mit berufspraktischen Bezügen erleichtert die Verankerung neuen Wissens.
  • Die Zusammenarbeit im Team wird trainiert.

Beispiel für ein 2-teiliges Fallbeispiel
Thema: Verkaufsrecht/Immobilienwirtschaft

Die Schwestern des Gelöbnisses
Sequenz I:
Der Nonnenorden „Schwestern des gegebenen Wortes“ ist Eigentümer eines großen Klosters in Beukenrade. Das Kloster steht schon einige Jahre leer und soll verkauft werden.
Eine Wohngemeinschaft von Künstlern hat Interesse an dem Komplex. Die Mitglieder wollen dort wohnen und arbeiten. Am 1. April 1996 bietet der Orden den Künstlern das Kloster für 825.000 Gulden zum Kauf an. Die Künstler finden den Preis angemessen, wollen aber erst überlegen, ob sie das Geld aufbringen können. Der Orden gibt ihnen Bedenkzeit bis zum 1. November 1996.
Sequenz II:
Am 15. August macht die Gemeinde Beukenrade dem Orden ein verlockendes Angebot: Sie will das Kloster im Rahmen des Bebauungsplans „Beukenrade Nord“ für eine Million Gulden kaufen. Daraufhin teilt der Orden den Künstlern am 19. August mit, er ziehe sein Angebot zurück. Die Künstler reagieren mit einem bösen Brief, in dem es heißt, sie hätten das Geld zusammenbekommen und wollten das Kloster kaufen. Dennoch verhandelt der Orden weiter mit der Gemeinde.
(Quelle: vgl. Moust, J.H.C.; Bouhuijs, P.A.J.; Schmidt, H.G.: Problemorientiertes Lernen. Übersetzt aus dem Niederländischen v. Rometsch, M. Wiesbaden 1999, S.22 ff.)

Einsatzmöglichkeiten

  • Die Fallstudienarbeit eignet sich für Klein- und Großveranstaltungen in allen Studienabschnitten. Bei großer Studierendenzahl auf engem Raum sollten ggf. weitere leere Räume zur Verfügung stehen.
  • Das Fallbeispiel sollte sorgfältig ausgesucht werden. Der Inhalt sollte motivieren und das Thema aktuell mit deutlichen Bezügen zur Veranstaltungsthematik sein. Schließlich sollte das Beispiel in seiner Komplexität den vorherrschenden Lernstand berücksichtigen.
  • Für Lehrende ist es hilfreich, bereits Erfahrungen in der Moderation von Lernprozessen zu haben.

Benötigte Materialien/Hinweise für Lehrende

  • Hinweis: Für Lehrende ist es sinnvoll, selbst Lernziele aus dem Fallbeispiel zu entwickeln, um so eine thematische Richtung feststellen und das Seminar entsprechend ausrichten zu können. Korrespondieren mögliche Lernziele nicht mit den avisierten Veranstaltungsinhalten, so eignet sich das Fallbeispiel nicht.
  • In der Regel organisiert die Dozentin/der Dozent die Fälle. Er/Sie kann deren Erstellung aber auch unter Anleitung an Studierende delegieren. Der Impulsvortrag am Veranstaltungsbeginn kann ebenfalls von den studentischen Fallkonstrukteuren gestaltet werden.
  • Ggf. bietet sich weiteres Anschauungsmaterial an, das den Fall verdeutlicht.
  • Die Ergebnispräsentation der Fallbearbeitung sollte medial unterstützt werden, z.B. durch OHP-Folien und Visualisierungen auf Tafeln oder Pinwänden.

Weiterführende Literatur / Quellen

  1. Thömen D. / Marks F. (1999): Noch Fragen? Hier geben Studierende die Antwort. Handwerkszeug für die Moderation des Problemorientierten Lernens (POL). In: Handbuch Hochschullehre. Berlin

Autor*innen

  • Dipl.-Päd. Frank Marks, p.p.m. Unternehmensberatung, Kommunikationstrainer & Berater für Unternehmen und Institutionen, zertifizierter Trainer für Kommunikation und angewandte Psychologie, NLP-Master, ausgebildet in EKS, Suggestopädie, Medienpädagogik und Weiterbildungsmanagement.
  • Doris Thömen-Suhr, Leitung Anpassungsqualifizierung für Gesundheitsberufe mit internationalen Berufsabschlüssen an der UKE-Akademie für Bildung und Karriere, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf , dthoemen-suhr

Stand: