Was sind bewegungsaktivierende Lehrmethoden und welches Potenzial haben sie für die bewegte Lehre?
Bewegungsaktivierende Lehrmethoden bieten im Vergleich zu bloßen Bewegungspausen einen zusätzlichen Mehrwert, indem sie Bewegung direkt in den Lernprozess integrieren und diesen somit dynamischer und interaktiver gestalten. Während Bewegungspausen eine Unterbrechung der Sitzzeit und des Lehr-Lernprozesses darstellen, fördern diese Methoden eine kontinuierliche Auseinandersetzung mit dem Lernstoff.
Aufbauend auf der Lern-Bewegungsformel und der Zwei-Schritt-Methode sind bewegungsaktivierende Lehrmethoden ein zentraler Baustein der bewegten Lehre im Sinne des Heidelberger Modells (Rupp et al., 2020). Sie stehen für ein „methodenbezogenes Bewegen“ und ermöglichen eine aktive, oft eigentätige Auseinandersetzung mit dem Lerngegenstand.
Beispiele aus der Hochschullehre:
- Galeriegang: Lerninhalte oder Arbeitsergebnisse werden auf Plakaten oder Stationen im Raum verteilt, die Studierenden bewegen sich von Station zu Station.
- Interviews außerhalb des Lehrraums: Studierende befragen Personen außerhalb des Seminarraums.
- Szenisches Lernen: Inhalte werden durch Rollenspiele erlebbar gemacht.
Durch den bewussten Einsatz dieser Methoden setzen Sie die Lern-Bewegungsformel unmittelbar um, indem Sie Bewegung mit kognitiven Prozessen verknüpfen. Gleichzeitig wenden Sie die Zwei-Schritt-Methode an, indem Sie Lernformen gezielt mit passenden Haltungswechseln kombinieren. Auf diese Weise wird das Wellenprinzip konsequent umgesetzt: Aktivierende, bewegungsreiche Lernphasen wechseln sich rhythmisch mit konzentrierten Sitzphasen ab. Diese natürliche Dynamik fördert die Aufnahmefähigkeit, hält die Energie hoch und schafft motivierende Lernräume für nachhaltiges und effektives Lernen.
Bewegungsaktivierende Lehrmethoden erweisen sich somit als wertvolles didaktisches Instrument. In einer eigenen Studie (Rupp et al., 2025) haben wir untersucht, welche bewegungsaktivierenden Lehrmethoden und Maßnahmen Hochschuldozierende kennen und in ihrer Lehrpraxis einsetzen. Die nachfolgende Tabelle bietet Ihnen dazu eine orientierende Übersicht – und vielleicht auch Inspiration für Ihre eigene Lehre. Sie werden sehen: Viele Methoden sind ein etablierter Teil auch Ihrer Lehre, so dass Sie nicht alles verändern müssen, um mehr Bewegung in Ihre Lehrveranstaltungen zu integrieren.
Methode und Maßnahmen zur Sitzunterbrechung |
Kurzbeschreibung |
Gruppenarbeit |
Bewegung entsteht beim Zusammenfinden in einer (neuen) Arbeitsgruppe. |
Lernortwechsel |
Studierende verlassen den Lehrraum und nutzen Flur, Treppenhaus, Hof oder Grünflächen als Lernorte. |
Präsentieren vor der Seminargruppe |
Einzelne Studierende stehen vor der Gruppe und präsentieren Ergebnisse oder halten Referate. |
Positionierung im Raum |
Studierende stellen sich auf einer Skala am Boden auf oder ordnen sich bestimmten Wandplakaten zu, um Zustimmung, Interesse oder Zufriedenheit auszudrücken |
Tafelanschriebe |
Studierende kommen zur Tafel, um Lösungen zu präsentieren oder Ideen zu sammeln |
Fishbowl-Methode |
Studierende ordnen sich in Innen- und Außenkreis an. Wer diskutieren möchte, wechselt in den Innenkreis. |
Gallery-Walk / Vernissage |
Arbeitsgruppen stellen Ergebnisse aus (z. B. auf Flip-Charts), während die übrigen Studierenden diese im Raum betrachten. |
Lerntheken |
Materialien werden ausgelegt. Studierende holen sich die für sie relevanten Inhalte selbst. |
Arbeitsblätter selbst holen |
Arbeitsblätter werden nicht ausgeteilt, sondern müssen aktiv abgeholt werden. |
Exkursion |
Die Lerngruppe verlässt den Lehrraum, um „vor Ort“ zu lernen, z. B. an einem historischen Ort. |
Vier-Ecken-Methode |
Vier Positionen zu einem Thema sind in den Ecken des Raumes verteilt. Studierende ordnen sich der Position zu, die sie am meisten überzeugt. |
Gruppenpuzzle /Jigsaw-Methode |
Lerninhalte werden auf Gruppen verteilt, die sich zunächst Expertenwissen aneignen. Anschließend unterrichten sie sich gegenseitig in neuen Gruppen. |
Kugellager |
Studierende stehen in Innen- und Außenkreis und tauschen sich mit ihrem Gegenüber aus. Nach kurzer Zeit rotieren die Kreise für neue Gespräche. |
Paar-Interview |
Studierende gehen paarweise durch den Raum und besprechen eine Fragestellung, ggf. mit Partnerwechsel. |
Rollenspiele |
Themen werden spielerisch und körperlich dargestellt. |
Experimente |
Bewegung entsteht durch den Aufbau und die selbstständige Durchführung von Experimenten. |
Raumwände als Arbeitsflächen nutzen |
Informationen, Aufgaben oder Ergebnisse werden an Wänden platziert und aktiv bearbeitet. Studierende bewegen sich im Raum, um daran zu arbeiten. |
Von Hochschuldozierenden in der Lehre eingesetzte bewegungsaktivierende Methoden und Maßnahmen, Quelle: übersetzt und modifiziert nach Rupp et al. (2025)
Praxis-Tipp für Lehrende: Video-Tutorials zu bewegungsaktivierenden Methoden
Dozierende der Pädagogischen Hochschule Heidelberg stellen Ihnen in kurzen Video-Tutorials ihre bewegten Lieblingsmethoden vor. Die Videos bieten Ihnen praktische Anregungen und konkrete Anleitungen, die Sie schnell und flexibel in Ihre Lehrveranstaltungen integrieren können. Bitte beachten Sie, dass der Methodenbegriff in diesem Kontext bewusst weit gefasst ist.