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Wie bringe ich Bewegung in meine Lehre?

24. März 2025

Wie bringe ich Bewegung in meine Lehre?

Bewegte Lehre umfasst mehr als gelegentliche Bewegungspausen. Sie ist ein effektiver didaktischer Ansatz, der sowohl lernwirksam als auch dynamisch und gesundheitsfördernd ist. In diesem Kapitel stelle ich die grundlegenden Gestaltungsprinzipien und -methoden vor, die wir dazu im Rahmen unseres Heidelberger Modells entwickelt haben: das Wellen-Prinzip, die Lern-Bewegungsformel und die Zwei-Schritt-Methode (Rupp, 2022). Diese wissenschaftlich fundierten Instrumente haben wir über Jahre erfolgreich in der eigenen Lehre erprobt und weiterentwickelt. Sie bieten eine praxisnahe Grundlage, um Bewegung einfach und sinnvoll in Ihre Lehrveranstaltungen zu integrieren.

Denken Sie daran: Jede Form von mehr Bewegung ist ein Gewinn – Sie müssen nicht sofort Ihr gesamtes Lehrkonzept umstellen. Bereits kleine Veränderungen, wie gelegentliche Stehphasen oder bewegte Gruppenarbeiten, haben positive Effekte. Nutzen Sie das, was für Sie und Ihre Studierenden am besten passt!

 

1. Das Wellen-Prinzip: Dynamische Lehr-Architekturen gestalten

Das Wellen-Prinzip ist ein handlungsleitendes Modell für die Gestaltung lebendiger und effektiver Lehrveranstaltungen. Es basiert auf dem rhythmischen Wechsel zwischen aktiven und „passiven“ Phasen – sowohl auf körperlicher als auch auf kognitiver Ebene (Rupp, 2022).

Was bedeutet das Wellen-Prinzip?

Lernen ist dann besonders wirkungsvoll, wenn es zwischen verschiedenen Zuständen „oszilliert“:

  • Körperliche Welle: Wechsel zwischen sitzenden und bewegten Phasen, um Ermüdung vorzubeugen und die Konzentration zu fördern.
  • Kognitive Welle: Wechsel zwischen rezeptiven Phasen (zuhören, aufnehmen) und aktiver Auseinandersetzung mit dem Lernstoff (diskutieren, reflektieren, anwenden).


Das Prinzip vermeidet einseitige Belastungen – weder durch ständiges Sitzen noch durch ununterbrochene Aktivität. Entscheidend ist der regelmäßige Wechsel.

 Wie kann das Wellen-Prinzip in der Praxis umgesetzt werden?

  • Strukturierung der Lehrveranstaltung: Planen Sie bewusst im 15- bis 30-Minuten-Rhythmus Wechsel zwischen Input, Reflexion und aktiven Phasen.
  • Körperliche Aktivierung: Integrieren Sie kurze Haltungswechsel, Stehphasen oder kleine Bewegungsimpulse, ohne den Lernfluss zu unterbrechen.
  • Kognitive Aktivierung: Lassen Sie nach Input-Phasen Zeit für Diskussion, Gruppenarbeit oder Problemlösungen.
  • Dynamische Balance: Achten Sie darauf, dass sich Phasen der Bewegung und Ruhe sowie der Informationsaufnahme und Verarbeitung sinnvoll ergänzen.

 

Konkretes Praxisbeispiel: Gestaltung einer 90-minütigen Lehrveranstaltung

Um das Wellenprinzip anschaulich zu illustrieren, finden Sie hier eine tabellarische Übersicht zur Gestaltung einer 90-minütigen Lehrveranstaltung, die in verschiedene Phasen unterteilt ist. Die Phasen sind so gestaltet, dass sie die körperliche und kognitive Welle kontinuierlich in Bewegung halten und den wellenförmigen Rhythmus über den gesamten Unterrichtsverlauf hinweg fördern.

Zeit (Min)

Aktivität

Typ

Beschreibung

0-10

Einführung in das Thema

Kognitiv

Kurze Vorstellung des Themas, Ziele der Veranstaltung und Fragen an die Studierenden, um das Interesse zu wecken.

10-15

Stehende Diskussion

Kognitiv/ Körperlich

Studierende diskutieren im Stehen über ihre Erwartungen und Vorwissen zum Thema. Dies fördert den Austausch und aktiviert den Körper.

15-35

Dozierenden-Input

Kognitiv

Kurze Präsentation von Grundlagen des Themas. Der Input sollte prägnant sein und maximal 20 Minuten dauern.

35-55

Gruppenarbeit

Kognitiv/ Körperlich

Studierende arbeiten in kleinen Gruppen an Fallbeispielen, die sie im Stehen oder bei Bewegung im Raum diskutieren.

55-65

Präsentation der Gruppenergebnisse

Kognitiv/ Körperlich

Jede Gruppe präsentiert ihre Ergebnisse, während die Studierenden Platz nehmen.

Am Ende jeder Präsentation würdigen die anderen Studierenden diese mit Standing Ovations.

65-80

Diskussion und Feedback

Kognitiv

Offene Diskussion zu den präsentierten Inhalten. Studierende haben die Möglichkeit, ihre Gedanken und Fragen zu äußern.

80-90

Zusammenfassung und Ausblick

Kognitiv

Kurze Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse und Ausblick auf die nächste Sitzung.

Tabelle: Das Wellen-Prinzip in der Anwendung, eigene Darstellung.

 

2. Die Lern-Bewegungsformel und die Zwei-Schritt-Methode: Bewegung nahtlos in den Lehrprozess integrieren

Die Bewegungszeit ist gleichzeitig Lernzeit – ein zentrales Gestaltungsprinzip des Heidelberger Modells der bewegten Lehre. Es bildet die Grundlage der Lern-Bewegungsformel, die Bewegung nicht als störende Unterbrechung, sondern als integralen Bestandteil des Lehrprozesses versteht und nutzt. Die Formel ist einfach und direkt umsetzbar:

Lernen + Haltungswechsel = Bewegtes Lernen (Rupp, 2022)

Ihr Schlüssel zur Umsetzung: Kombinieren Sie gezielt bestimmte Lernformen (z. B. Zuhören, Erklären, Reflektieren) mit einer alternativen Körperhaltung (z. B. Stehen, Gehen).

 

Die Zwei-Schritt-Methode bietet Ihnen hierfür eine einfache Planungsstrategie.

Die Zwei-Schritt-Methode (Rupp, 2022):

  1. Lernform bestimmen: Welche Lernformen stehen bei mir auf dem Programm für meine nächste Kurseinheit – Zuhören, Erklären, Diskutieren?
  2. Sitzalternative wählen: Gibt es zu diesen Lernformen mögliche Sitzalternativen, um die Haltung zu variieren?

Durch die bewusste Anwendung dieser zwei Fragen gelingt die konsequente Umsetzung des Wellen-Prinzips: Regelmäßige Wechsel zwischen unterschiedlichen Lernformen werden mit Bewegung kombiniert. So entstehen natürliche Rhythmen, die Ihre Studierenden sowohl kognitiv als auch körperlich aktivieren.

Praktische Anwendung:
  • Zuhören im Stehen: Lassen Sie Studierende nicht nur sitzen, sondern probieren Sie bewusstes Zuhören im Stehen aus.
  • Gehende Reflexion: Nach einer Diskussion – warum nicht im Gehen nachdenken, statt am Platz zu verharren?
  • Dynamische Gruppenarbeit: Fördern Sie Brainstorming und Austausch, indem sich Lernende im Raum oder draußen bewegen.

Diese kleinen, aber wirkungsvollen Anpassungen durchbrechen das starre Muster des durchgängigen Sitzens und integrieren Bewegung ohne zusätzlichen Zeitaufwand in den Unterricht. So bleibt die Lehrzeit produktiv und zugleich aktivierend – eine Win-Win-Situation für Sie und Ihre Studierenden.