Was lernt man durch BNE?

Aufgrund ihrer Bandbreite und Vielfalt ist BNE auch mit unterschiedlichen inhaltlichen, fachlichen und überfachlichen Zielen und Kompetenzen verbunden.

Ganzheitliches Lernen, um die Zukunft zu gestalten

BNE ist ein ganzheitlicher Ansatz, der Lernende auf unterschiedlichen Ebenen anspricht. Oft wird er daher als Lernen mit Kopf, Herz und Hand oder dem Dreiklang „knowing, acting, being“ (Bellina u.a. 2020, 29) beschrieben. Das bedeutet, es geht neben Wissen und kognitiven Fähigkeiten um Handlungskompetenzen und die tatsächliche Anwendung. Dazu legt BNE großen Wert auf Sozial- und Selbstkompetenzen, die zum Beispiel Kooperation und Kommunikation einschließen, ebenso wie Selbstreflexion, Umgang mit Emotionen und Vergewisserung der eigenen Werte. Studierende werden bei BNE in ihrer (zukünftigen) professionellen Rolle ernstgenommen und zugleich persönlich angesprochen. Die Zielsetzung ist, dass Studierende in die Lage versetzt werden, Visionen für eine nachhaltige und gerechte Zukunft zu entwickeln und diese in ihren jeweiligen Professionen voranbringen zu können. Das verdeutlicht die große Bedeutung von BNE an Hochschulen, da viele Studierende später in verantwortungsvollen Positionen in der Gestaltung von Gesellschaft, Politik oder Wirtschaft sein werden.

BNE-Kompetenzen

Zur Konkretisierung dieser Zielsetzung gibt es verschiedene Kompetenzraster, die aufzeigen, welche Kompetenzen für eine nachhaltige Entwicklung und für die Gestaltung einer gerechten Zukunft notwendig sind. Diese sind eng verbunden mit anderen Konzepten wie Future Skills oder Transformativen Skills. Neben inhaltsbezogenen Kompetenzen (zu Inhalten s. nächster Abschnitt) umfasst BNE diverse Schlüsselkompetenzen oder übergeordnete Kompetenzen. Diese können über einen langen Zeitraum in unterschiedlichen Settings aufgebaut werden. Daran hat Hochschulbildung, wie alle anderen Bildungsbereiche, einen Anteil. Daher hat die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltigkeit an Hochschulen (DG hochN) auf Basis der von der UNESCO ausgegebenen Schlüsselkompetenzen für BNE (UNESCO 2017, 10) und einiger Ergänzungen eine Konkretisierung für den Bereich Hochschule verfasst.

 

Die Fähigkeit, …

Kompetenz zum systemischen Denken

Beziehungen zu erkennen und verstehen, komplexe Systeme zu analysieren, die Arten, in denen Systeme in verschiedenen Domänen und Maßstäben eingebettet sind, wahrzunehmen, und mit Unsicherheit umgehen zu können.

Kompetenz zur Vor-aussicht

multiple Zukünfte zu verstehen und zu evaluieren – mögliche, wahrscheinliche, und wünschenswerte – und eigene Visionen für die Zukunft zu kreieren; das Vorsorgeprinzip anzuwenden; die Konsequenzen von Handlungen zu bewerten, und mit Risiken und Veränderungen umgehen zu können.

Normative Kompetenz

die Normen und Werte, die den eigenen Handlungen zugrunde liegen, zu verstehen und zu reflektieren; nachhaltigkeitsbezogene Werte, Prinzipien, und Ziele verhandeln zu können im Kontext von Interessenkonflikten und notwendigen Kompromissen, von unsicherem Wissen und Widersprüchen.

Strategische Kompetenz

gemeinsam innovative Handlungen zu entwickeln und umzusetzen, die Nachhaltigkeit auf lokalen und breiteren Leveln voranbringen.

Kollaborative Kompetenz

von anderen zu lernen; die Bedürfnisse, Perspektiven und Handlungen anderer zu verstehen und zu reflektieren (Empathie); andere zu verstehen, in Beziehung zu treten und empfänglich für andere sein (empathische Führung); mit Konflikten in Gruppen umgehen und kollaboratives, partizipatives Problemlösen möglich machen zu können.

Kompetenz zum kritischen Denken

Normen, Praktiken und Meinungen zu hinterfragen; die eigenen Werte, Wahrnehmungen und Handlungen zu reflektieren; eine Position im Nachhaltigkeitsdiskurs einnehmen zu können.

Selbstwahrnehmungskompetenz

die eigene Rolle in lokalen Gemeinschaften und der globalen Gesellschaft zu reflektieren; das eigene Handeln kontinuierlich abzuschätzen und sich zu motivieren; mit den eigenen Gefühlen und Wünschen umgehen können. Integrierte Problemlösungskompetenz: die übergeordnete Fähigkeit, verschiedene Problemlösungs-Ansätze auf komplexe Nachhaltigkeitsprobleme anzuwenden und tragfähige, inklusive und gerechte Lösungen zu entwickeln, die Nachhaltige Entwicklung fördern. Dabei sollen die o.g. Kompetenzen integriert werden.

Diversitäts-, interkulturelle und Equity-Kompetenz

Verschiedenheit von Menschen und Kulturen zu akzeptieren und ihnen mit Offenheit zu begegnen; die eigene soziokulturelle Situiertheit zu verstehen; sozial-ökologische Ungerechtigkeit zu erkennen und einer ungleichen Behandlung (inklusive ökologische Benachteiligung) von Menschen aufgrund ihrer Gruppenzugehörigkeit vorzubeugen oder dagegen einzuschreiten.

Demokratische Kompetenz

Demokratie als Wert und Konzepte zu verstehen; Möglichkeiten der demokratischen Teilhabe zu nutzen und gezielt an Prozessen gesellschaftlicher Transformation mitzuwirken; Institutionen, Interessengruppen, und politische Prozesse der Nachhaltigen Entwicklung zu verstehen und mitzugestalten.

Globale Kompetenz

die Erde als Gesamtsystem mit grenzübergreifenden ökologischen und sozialen Wechselwirkungen zu begreifen; die historisch-politisch gewachsenen Ungleichheiten bzgl. nicht-nachhaltiger Entwicklung und ihren Auswirkungen zu verstehen; und beides in eigenes Denken und Handeln einzubeziehen.

Affinität für alles Leben

sich mit anderen Lebensformen (und Menschen) zu identifizieren, Biodiversität und Evolutionsprozesse des Lebens wertzuschätzen; die eigene Spezies als eine von vielen und abhängig von anderen wahrzunehmen; und der Vielfalt und Komplexität des Lebens auf der Erde mit Demut und Staunen zu begegnen.

Tabelle 1: Kompetenzbeschreibungen. Quelle: Bellina u.a. 2020, 34f.