Was sind Inhalte von BNE?
Neben Zielen und Methoden ist BNE vor allem durch ihre Inhalte bestimmt. Die Themen, über die im Bereich von BNE gelernt werden kann, sind vielfältig. Das wird schon durch die zu Beginn beschriebene Verknüpfung zu den SDGs deutlich.
SDGs als Themenfeld
Die 17 Nachhaltigkeitsziele mit ihren vielfachen Unterzielen decken ein sehr breites Themenspektrum aus wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Bereichen ab, zu denen Wissen aufgebaut werden kann. Damit bieten sich breite Anknüpfungspunkte für viele Fachrichtungen und Disziplinen. Das liegt daran, dass die Ziele nicht fachspezifisch sind, sondern immer verschiedene Disziplinen vereinen. Zum Beispiel hat das Ziel 2 „Kein Hunger“ Bezüge zur Medizin (Wissen über gute Nährstoffversorgung), zur Wirtschaftswissenschaft (Wissen über Handelsbedingungen), zur Geographie (Landnutzung zum Anbau), zur Biologie (Nahrungsanbau verbessern) und vielen mehr. Die UNESCO hat mit den „ESD Learning Objectives“ (UNESCO 2017) mögliche Inhaltsbereiche und Lernziele zu allen Nachhaltigkeitszielen verfasst, die eine Orientierung bieten können, auch wenn sie nicht spezifisch für den Hochschulkontext erstellt sind. Entsprechend dem oben genannten Grundsatz „knowing, acting, being“ sind diese in kognitive, verhaltensbezogene und sozio-emotionale Ziele unterteilt. Hier beispielhaft die kognitiven Lernziele für SDG 2:
Learning objectives for SDG 2 „Zero Hunger“ |
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Cognitive learning objectives |
1. The learner knows about hunger and malnutrition and their main physical and psychological effects on human life, and about specific vulnerable groups. |
2. The learner knows about the amount and distribution of hunger and malnutrition locally, nationally and globally, currently as well as historically. |
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3. The learner knows the main drivers and root causes for hunger at the individual, local, national and global level. |
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4. The learner knows principles of sustainable agriculture and understands the need for legal rights to have land and property as necessary conditions to promote it. |
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5. The learner understands the need for sustainable agriculture to combat hunger and malnutrition worldwide and knows about other strategies to combat hunger, malnutrition and poor diets. |
Tabelle 2: Kognitive Lernziele für SDG 2. Quelle: UNESCO 2017, 14.
Durch die eigene Fachspezifik können sich in diesen Zielen jeweils andere Schwerpunkte ergeben. Das gilt auch für die verhaltensbezogenen Ziele, die je nach Thema stärker auf die jeweilige professionelle Handlungsebene bezogen werden können.
Grundsätzlich gehören zu den Inhalten von BNE auch der Nachhaltigkeitsbegriff an sich, ein Einblick in die Entstehungsgeschichte und den aktuellen Diskurs. Dieses größere Bild beinhaltet eine kritische Reflexion. Insbesondere die SDGs sollten kritisch betrachtet werden, sowohl was ihre Gesamtausrichtung betrifft als auch die Ausrichtung einzelner Ziele. Die SDGs bringen einige weitere normative Setzung mit, wie das Festhalten an Wachstumsparadigmen und eine anthropozentrische Sichtweise der Welt. Zudem werden in der Zusammenschau von mehreren Zielen Zielkonflikte deutlich, die ebenso diskutiert werden müssen. Beispielsweise fordert das SDG 13 Maßnahmen zum Klimaschutz, wozu unter anderem die Reduktion von Treibhausgasemissionen gehört. Zugleich fordert das SDG 8 aber Wirtschaftswachstum und das Erreichen von SDG 1 bemisst sich unter anderem an der Reduktion von extremer Armut, was vor allem durch mehr Beschäftigungsmöglichkeiten gelingen kann. Mehr Arbeitsplätze setzen unter anderem mehr wirtschaftliche Betätigung und Konsum voraus. So lange Betriebe und Produktionen nicht ohne Emissionen auskommen, was gerade in vielen Ländern, die stark von extremer Armut betroffen sind, problematisch ist, steht (notwendiges) Wirtschaftswachstum dem Klimaschutz in Teilen entgegen.
In Anbetracht der vielfältigen Anknüpfungspunkte durch die SDGs kann der Eindruck entstehen, dass „alles irgendwie Nachhaltigkeit ist“. Problematisch wird dies dann, wenn Lehrende sich darauf ausruhen, dass sie eines der SDGs einmal angesprochen haben oder wenn es allein bei der (impliziten) inhaltlichen Betrachtung bleibt.
Merke
Die Bezüge zur Nachhaltigkeit sollten bewusst gemacht und reflektiert werden und möglichst in Verbindung mit einzelnen der oben genannten übergreifenden Kompetenzen in die Lehre eingebracht werden.
Abseits der SDGs hat die EU mit dem GreenComp einen Kompetenzrahmen für die Entwicklung hin zu einer ökologischen Nachhaltigkeit veröffentlicht, der ebenso als Quelle für Themen dienen kann (Europäische Kommission 2022, 42-53).
Themen für eine nachhaltige Zukunft
Weitere Themen ergeben sich aus den oben beschriebenen Zielsetzungen von BNE und den damit zusammenhängenden Kompetenzen. So ist ein zentrales Thema von BNE die Zukunft, insbesondere Visionen von einer nachhaltigen Zukunft. Dies kann neben dem Einüben der genannten Kompetenz zur Voraussicht explizit thematisiert werden. Hier können unter anderem Fachbereiche wie Literaturwissenschaften oder Theologie ins Spiel kommen, die sich in unterschiedlichen Formen mit Zukunftsvisionen und -narrativen beschäftigen. Mit den Visionen kommt der Transformation hin zu diesen eine zentrale Bedeutung zu. So spielt ebenso die Frage eine Rolle, wie Veränderungen gelingen können. Diese kann aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet werden. Sozial- und Erziehungswissenschaften oder Psychologie können darauf eingehen, wie Veränderungen von Menschen und Gesellschaften akzeptiert und umgesetzt werden können, Geschichtswissenschaft kann dem aus historischer Perspektive nachgehen. Technische und naturwissenschaftliche Fachbereiche sind in der Lage, innovative Lösungen bspw. für die Reduktion des CO2-Ausstoßes anzubieten. Aus juristischer und politikwissenschaftlicher Perspektive können mögliche Weichenstellungen für Transformationen entwickelt werden.
Themen, die alle Bereiche in gleicher Weise ansprechen, hängen vor allem mit den beschriebenen Selbstkompetenzen zusammen. Dazu gehören das explizite Thematisieren von ethischen Fragen und die Auseinandersetzung mit den eigenen Werten und Haltungen. Es können darunter Eigenschaften wie Vertrauen oder Empathie fallen oder die Fähigkeit zur Selbstwahrnehmung und -reflexion sowie Verbundenheit zur Natur. Als Lehrende*r können Sie in Ihrer Veranstaltung beispielsweise Zeit dafür geben, dass Studierende die besprochenen Themen oder Inhalte auf sich selbst beziehen, Anschlusspunkte für sich selbst finden oder ihre eigene Sichtweise entfalten können. Dabei können Impulsfragen eine Unterstützung bieten. Diskussionen um Werte und Haltungen können durch Positionierungen angestoßen werden. Dazu können Sie Studierende auffordern, sich zu einer bestimmten Frage auf einer Skala von Zustimmung bis Ablehnung einzuordnen. Dies kann, wenn es der Raum zulässt, durch eine Aufstellung im Raum passieren. Die Studierenden können sich in kleinen vertraulichen Gruppen zu ihrer Positionierung austauschen und das in die ganze Gruppe geben, was sie mit allen teilen möchten. Gerade bei Themen rund um ökologische Nachhaltigkeit kann es sich lohnen, die Natur direkt aufzusuchen und eine Lehrveranstaltung oder Teile dieser im Freien durchzuführen. Die Bedeutung von Naturerfahrungen können Sie verdeutlichen, indem Sie diese zum Abschluss mit den Studierenden reflektieren. Noch genauer zusammengestellt sind viele dieser Aspekte in den Inner Development Goals (IDGs), die in Anlehnung an die SDGs die Notwendigkeit eines inneren Wandels beschreiben wollen und die Grundlage für eine Auseinandersetzung bieten können. Verschiedene Methoden dazu sind im IDG Toolkit zusammengestellt.
Daneben spielen Emotionen im Kontext von Nachhaltigkeit eine besondere Rolle, da das Thema mit Zukunftsängsten, Frustration, Resignation oder auch Hoffnung und Motivation besetzt sein kann. Sie können diese Gefühle beispielsweise durch kurze Einstiege und Ausstiege aus Sitzungen aufgreifen, in denen Studierende ihre aktuelle Stimmung – ganz allgemein oder auch in Bezug auf ein konkretes Thema – einordnen. Das kann z.B. durch digitale Abfragen anonym geschehen oder in kleineren Gruppen im direkten Austausch. Ein mögliches Hilfsmittel dafür ist eine Liste möglicher Gefühle. Andere Möglichkeiten sind die Einordnung auf einem Stimmungsbarometer, dem Vergleich von Gefühlen mit einer Wetterlage oder einer Auswahl an Bildern oder Fotos, die die aktuelle Stimmung beschreiben können.