Alternativen zur klassischen Vorlesung
Lehren und Lernen in großen Gruppen kann auch anders aussehen. Wir präsentieren Ihnen drei Alternativen zur klassischen Vorlesung.
Vorlesung mit Gruppenarbeitsphasen
Hierfür benötigen Sie einen sehr großen Seminarraum oder Saal. Vor der Veranstaltung werden die Tische zu Gruppen zusammengestellt. Die hereinkommenden Studierenden setzen sich dann an die Tische, so dass automatisch Studierendengruppen entstehen. Sie beginnen nun mit der Vorlesung. An gegebener Stelle formulieren Sie Fragen zu dem gerade referierten Stoff und fordern die Tischgruppen auf, diese Fragen an ihren Tischen zu diskutieren. Die Resultate werden kurz im Plenum vorgestellt und diskutiert. Anschließend fahren Sie mit der Vorlesung fort.
Diese Methode ist bereits an der Universität Dortmund erfolgreich durchgeführt worden. Zu beachten ist aber, dass Vorlesungen mit max. 100 – 150 Studierenden auf diese Weise sinnvoll gestaltet werden können.
Rotierende Lernberatung oder Lern-Team-Coaching
Vom Charakter völlig anders, aber auch eine Möglichkeit, mit großen Lerngruppen zu arbeiten, ist das sogenannte Lern-Team-Coaching („Rotierende Lernberatung“). Für die Studierenden gliedert sich das Lern-Team-Coaching in drei Phasen:
- 1. Phase: Erarbeiten des Stoffes in Einzelarbeit
In einem ersten Schritt wird der Stoff der Vorlesung in einen Lerntext umgewandelt. Die Studierenden erhalten den Text und erschließen sich ihn in Einzelarbeit (entweder am Anfang der Gesamtveranstaltung als Gesamttext oder jeweils von Sitzung zu Sitzung).
Hinweise für Lehrende:
Der Lerntext sollte folgende Merkmale besitzen:- Er sollte ohne fremde Hilfe durch die Studierenden erfasst werden können
- Die Lernziele sollten gekennzeichnet sein
- Er sollte Verständnisfragen und Übungsaufgaben beinhalten, anhand derer Sie und Ihre Studierenden überprüfen können, ob diese das Erarbeitete verstanden haben und anwenden können.
- 2. Phase: Austausch in Gruppen
Als zweite Phase findet ein Austausch über die erarbeiteten Inhalte in den Gruppen statt. Die Gruppentreffen werden im Zeitraum der ausgeschriebenen Lehrveranstaltungszeit abgehalten. Diese dienen dazu, sich über die erarbeiteten Inhalte und Fragen auszutauschen, Wissenslücken zu identifizieren und Problemlösungsstrategien zu entwickeln. Weiterhin werden die Lernberatungsgespräche mit der/dem Lehrenden vorbereitet. Die Austauschtreffen werden von den Studierenden protokolliert.
Hinweise für Lehrende:
Gut formulierte Verständnisfragen und Übungsaufgaben erleichtern es den Studierenden, ihre Austauschtreffen zu strukturieren. Zu Veranstaltungsbeginn sollten Sie darüber hinaus kurz auf Ablauf und mögliche Regeln dieser Treffen eingehen. Hierzu gehört die Aufteilung von Rollen: Wer ist Zeitnehmer? Wer moderiert die Diskussion und achtet darauf, dass alle Gruppenmitglieder zu Wort kommen können? Wer protokolliert das Treffen? Zusätzlich können Sie die Gruppen während der ersten Gruppenarbeitsphase „im Hintergrund begleiten“ und als Ansprechpartner/in zur Verfügung stehen. - 3. Phase: Lernberatungsgespräche
Im Rahmen der Sitzungen finden weiterhin „Lernberatungsgespräche“ zwischen der/dem Dozenten/in und den Studierenden statt. In diese Gespräche bringen die Studierenden ihre vorstrukturierten Frage- und Problemstellungen ein. Auf diese Weise wird der Lernzuwachs der Studierenden deutlich und es kann gegebenenfalls korrigierend eingegriffen werden. Bestandteil dieser Gespräche ist auch eine Reflexion über Lern- und Teamprobleme. Die Dozentin/der Dozent wechselt also in dieser Methode die Rolle: Sie/Er wird zur LernberaterIn.
1 | Treffen im Plenum: Vorstellung des Ablaufs, Darlegung der Lehr- und Lernziele, Absprachen etc. | |||||
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15 | Treffen im Plenum | |||||
2 | Gruppenarbeit Gruppe A |
Gruppe B | Gruppe C | Gruppe D | Gruppe E | Gruppe F |
3 | Lernberatung Gruppe A |
Lernberatung Gruppe B |
Gruppenarbeit | Gruppenarbeit | Gruppenarbeit | Gruppenarbeit |
4 | Gruppenarbeit | Gruppenarbeit | Lernberatung Gruppe C |
Lernberatung Gruppe D |
Gruppenarbeit | Gruppenarbeit |
5 | Gruppenarbeit | Gruppenarbeit | Gruppenarbeit | Gruppenarbeit | Lernberatung Gruppe E |
Lernberatung Gruppe F |
6 | Lernberatung Gruppe A |
Lernberatung Gruppe B |
Gruppenarbeit | Gruppenarbeit | Gruppenarbeit | Gruppenarbeit |
7 | Gruppenarbeit | Gruppenarbeit | Lernberatung Gruppe C |
Lernberatung Gruppe D |
Gruppenarbeit | Gruppenarbeit |
8 | Gruppenarbeit | Gruppenarbeit | Gruppenarbeit | Gruppenarbeit | Lernberatung Gruppe E |
Lernberatung Gruppe F |
9 | Lernberatung Gruppe A |
Lernberatung Gruppe B |
Gruppenarbeit | Gruppenarbeit | Gruppenarbeit | Gruppenarbeit |
10 | Gruppenarbeit | Gruppenarbeit | Lernberatung Gruppe C |
Lernberatung Gruppe D |
Gruppenarbeit | Gruppenarbeit |
11 | Gruppenarbeit | Gruppenarbeit | Gruppenarbeit | Gruppenarbeit | Lernberatung Gruppe E |
Lernberatung Gruppe F |
12 | Lernberatung Gruppe A |
Lernberatung Gruppe B |
Gruppenarbeit | Gruppenarbeit | Gruppenarbeit | Gruppenarbeit |
13 | Gruppenarbeit | Gruppenarbeit | Lernberatung Gruppe C |
Lernberatung Gruppe D |
Gruppenarbeit | Gruppenarbeit |
14 | Gruppenarbeit | Gruppenarbeit | Gruppenarbeit | Gruppenarbeit | Lernberatung Gruppe E |
Lernberatung Gruppe F |
Die Vorlesung ergänzt durch Online-Phasen (Blended Learning)
Eine dritte Alternative zur klassischen Vorlesung ist die Vorlesung ergänzt durch Online-Phasen. Hierfür können die Lernplattformen Blackboard und Moodle sowie weitere Online-Angebote genutzt werden. So können z.B. Einführungsmaterialien und interaktive Online-Lerneinheiten (sogennante WBTs = web based training) für Studierende zur Verfügung gestellt werden. Gerade zu Beginn des Semesters können diese hilfreich sein, um einen weitgehend einheitlichen Wissensstand sicherzustellen. Denn häufig variiert das Vorwissen in Großgruppen erheblich, welches als fachliche Grundlage für eine Vorlesung wichtig ist.
Das selbstständige Erarbeiten der Lerninhalte im Online-Kurs oder/und das gemeinsame webgestützte Lernen in Kleingruppen eröffnet weiterhin Freiräume für die Gestaltung der Vorlesung. Diese kann nun vermehrt Beispiele und Erläuterungen enthalten.
Das Überführen einer klassischen Vorlesung in ein Blended Learning-Konzept kann auch das Wegfallen einzelnen Präsenzsitzungen bedeuten. Der Workload der Studierenden wird dabei verstärkt in Online-Kursen erbracht. Die/der Lehrende ist nun eher in der Rolle einer/eines unterstützenden Ansprechpartnerin/Ansprechpartners.
Die Vorlesung als „Inverted Classroom“
Eine vierte Alternative geht über das Blended Learning-Format hinaus, und ist neu im Downloadcenter zu finden: das Inverted Classroom-Modell.