Praxisbeispiel: ViChemLab
ViChemLab – Was ist das?
Das ViChemLab „Virtual Chemical Laboratory“ ist eine internetfähige Anwendung, welche eine reale technische Versuchsanlage der Umwelt- und Verfahrenstechnik, detailliert simuliert. Wesentliche Einflussparameter des Anlagenbetriebs, wie Gas- und Flüssigkeitsvolumenströme können gemäß dem wirklichen Anlagenbetrieb variiert und dadurch Versuchsergebnisse, wie z. B. der Druckverlust, virtuell produziert werden. Die Studierenden führen eigenständig Versuchsreihen vom Heim-PC-Arbeitsplatz durch und werten diese gemäß wissenschaftlichen Methoden und Ansprüchen aus.
Thema der Veranstaltung:
Technische Studiengänge wie das Maschinenbauwesen bemühen sich darum, neben der Vermittlung wissenschaftlicher Hintergründe, die Studierenden auf die stark praktisch orientierte Ausrichtung ihres späteren Berufs vorzubereiten. Zu den Aufgaben typischer Berufe, die AbsolventInnen später ausüben, gehören einerseits die Planung und Durchführung von Experimenten im Labor und an Anlagen, die dem großtechnischen Maßstab nahe kommen, als auch die Auswertung mit wissensbasierten Schlussfolgerungen auf Grundlage der produzierten Versuchsergebnisse. Deshalb sieht der Studienverlaufsplan einige sog. Fachlabore vor, in denen praktische Erfahrung an wissenschaftlichen Versuchsanlagen und wissenschaftliches Vorgehen vermittelt wird.
Die erste konkrete Versuchsanlage, die für das ViChemLab abgebildet wurde, ist eine sog. Absorptionskolonne. Im Wesentlichen besteht diese Anlage aus einem aufrecht stehenden hohlen Zylinder, in welchem ein Gas und eine Flüssigkeit in Kontakt gebracht werden. Eine typische Anwendung solcher Anlagen besteht in der Abtrennung bestimmter Komponenten, z. B. Schadstoffe in Abgasen, aus einem Gasstrom. Das Verfahren wird daher auch als „Gaswäsche“ bezeichnet.
Studienbegleitende Fachlaborversuche, wie sie bspw. an einer solchen Anlage üblich sind, sind so konzipiert, dass sie mindestens einige Stunden, teilweise einen ganzen Tag füllen. Somit stehen VersuchsbetreuerInnen und Studierenden viel Zeit für Diskussion und Fragen zur Verfügung und Messreihen können umfangreich gestaltet bzw. bei Bedarf auch reproduziert werden. Bedingt durch diese Ausführlichkeit ist die Anzahl solcher im Studienverlaufsplan vorgesehener Fachlabore jedoch begrenzt.
Die Idee des ViChemLabs wird dadurch motiviert, dass Fachlabore von Seiten der Lehrenden und der Lernenden als intensive Lernerfahrung hoch geschätzt werden und deswegen eine stärkere Präsenz von diesen praktisch experimentellen Lehrveranstaltungen im Studium gewünscht wird. Das ViChemLab, bietet sich hier an, um Fachlabore um virtuelle, aber realitätsgetreue Versuche zu ergänzen und die Lernerfahrungen der Studierenden mit Versuchsplanung- und Durchführung sowie Auswertung umfangreicher zu gestalten.
Ablauf
Analog zur Vorbereitung der Studierenden auf einen Fachlaborversuch steht ein Versuchsskript zur Verfügung, welches eine Einführung, die ausführliche Beschreibung des Versuchs und die thematische Einordnung in die von den Studierenden gelernten Studienfächer umfasst. Weiterhin wird eine Anleitung zum Umgang mit der Anwendung ViChemLab (Login, Internetadresse, Bedienung der Umgebung) und zur vorgesehenen Durchführung des Versuchs gegeben. Auch die eigenständige Versuchsplanung seitens der Studierenden im Vorfeld der eigentlichen Durchführung soll Teil der Leistung sein. Dies beinhaltet üblicherweise die Planung der Messreihen, in diesem Beispiel Vorüberlegungen dazu, welche Gasströme und welche Flüssigkeitsströme vermessen werden müssen, um die Aufgabenstellung des Fachlabors zu erfüllen.
Nach den Versuchen wenden die Studierenden ihr in Lehrveranstaltungen und durch Studium des Versuchsskripts erworbenes Wissen an, um die produzierten Messergebnisse auszuwerten und Aussagen über deren Qualität zu formulieren. Denn zwecks realitätsgetreuer Abbildung der Anlage können auch in dem virtuellen Versuch Messfehler und -Schwankungen auftreten.
Gemäß wissenschaftlichem Vorgehen gehört eine angemessene Dokumentation und Präsentation sowohl des Versuchsablaufs als auch der Ergebnisse mit deren Bewertung in einem Bericht, z. B. in Form eines Protokolls ggf. mit mündlicher Präsentation, zum vollständigen Umfang der Lernerfahrung.
Aufgaben der Studierenden und der Lehrenden
Die Studierenden bereiten sich auf die Durchführung des Versuchs an der virtuellen Versuchsanlage mittels des zur Verfügung gestellten Versuchsskripts vor. Durch die Vorbereitung wird die Fähigkeit vermittelt, eine systematische Versuchsdurchführung eigenständig zu planen. Die Versuche sind dann so gestaltet, dass bei systematischer Variation der wesentlichen Betriebsparameter der Versuchsanlage (Druck, Temperatur, Massenströme u. a.) die im Versuchsskript angekündigten Phänomene im Sinne des forschenden Lernens beobachtet werden. Messfehler und Ausreißer, die von Seiten der Lehrenden in der Anwendung vorgesehen werden können, sollen von den Studierenden auf Grund des Vorwissens als solche erkannt und ggf. durch erneute Messungen korrigiert werden.
Die Entwicklung des virtuellen Versuchs muss von fachkundigen Lehrenden zumindest betreut werden, wobei außerdem hohe Anforderung hinsichtlich der Programmierung und Animation der Anwendung bestehen. Ziel ist es dabei stets, den simulierten Versuch möglichst realitätsgetreu abzubilden, dabei jedoch die Bedienung der Versuchsanlage mitsamt den zu variierenden Betriebsparametern (Einstellung der Gas- und Flüssigkeitsströme) auf ein übersichtliches Maß zu reduzieren.
Die unpersönliche Vorbereitung auf den Versuch mittels des Versuchsskripts muss umfangreich und vollständig ausfallen, so dass die Versuchsdurchführung und die anschließende Auswertung eigenständig und ohne Präsenz eines Betreuers ablaufen können. Anweisungen und Aufgabenstellungen müssen eindeutig und verständlich formuliert sein.
Lernziele und Überprüfung der Lernerfolge
Eine Nachbearbeitung des abgearbeiteten Versuchsumfangs schließt die erbrachte Leistung in der virtuellen Umgebung ab. Dazu gehört für gewöhnlich eine Dokumentation der Vorgehensweise sowohl in Vorbereitung als auch Durchführung der Versuche. Auch die Auswertemethodik und abgeleitete Ergebnisse sollen präsentiert werden. Dies kann in Form eines zu verfassenden Berichts oder einer mündlichen Präsentation bzw. einer Kombination der beiden geschehen. Die Lernziele eigenständige Vorbereitung, Planung der Messreihen, Durchführung der Versuche, Auswertung und wissensbasierte Bewertung der Ergebnisse können so überprüft werden, insofern sie in der Vorbereitung den Studierenden als solche verständlich gemacht werden.