Integration in den Lehralltag
Eine interdisziplinäre Lehrveranstaltung zu planen, zu organisieren und durchzuführen erfordert einen gewissen Mehraufwand. Aber der lohnt sich. Lehrende, die sich auf das Wagnis eingelassen haben, evaluieren ihr „Projekt“ positiv. Die einen sprechen von kreativen Schüben, die durch die Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen anderer Fächer entstehen und wichtige Impulse für die eigene wissenschaftliche Forschung liefern. Andere Lehrende heben die bereichernde und produktive Atmosphäre besonders hervor und berichten von durchweg motivierten Studierenden, die gerne und auf Augenhöhe mitarbeiten.
Eine interdisziplinäre Lehrveranstaltung erfordert vor allem ein Mehr an Koordination aufgrund erforderlicher überfachlicher Abstimmungs- und Arbeitsprozesse, die im Folgenden skizziert werden.
Guter Unterricht macht sich nicht allein!
Sie brauchen von Beginn an „fachfremde“ Kolleginnen und Kollegen mit entsprechender Expertise, die die Lehrveranstaltung mit Ihnen gestalten. Auch im eigentlichen Planungsprozess sollten Sie als Lehr-Team ggf. Fachverantwortliche, wie z. B. die Studiendekane, einbinden. Denn die unterschiedlichen Fachkulturen sowie die Vorgaben der jeweiligen Studiengänge sind so zu berücksichtigen, dass ein gut durchdachtes Lehr-Lern-Setting für die Veranstaltung entsteht. Gut miteinander abgestimmt sollten z. B. die überfachlichen Lernziele sein, die für die Konzeption interdisziplinärer Settings besonders relevant sind. Fachliche Lernziele treten in den Hintergrund. Ihre Wahl der Prüfungsformate sollte jenseits klassischer Fachtests auf einen Mix an prozessbegleitenden Prüfungselementen fallen, der die Prüfkulturen der beteiligten Fächer weitgehend berücksichtigt.
Tipp:
Es gibt Möglichkeiten zur Vernetzung, die Sie als Lehrende gezielt nutzen können. Ein guter Weg führt über die Koordinatorinnen und Koordinatoren der interdisziplinären Studiengänge oder überfachlichen wissenschaftlichen Institute an der RUB. Es gibt auch thematische Netzwerke, Foren und Arbeitsgemeinschaften, wie z. B. das Nachhaltigkeitsforum der RUB, über die sich Kontakte knüpfen lassen. Manchmal hilft auch eine schnelle Recherche im Vorlesungsverzeichnis, um über das Stichwort im Veranstaltungstitel zu einem ersten Kontakt zu kommen.
Heterogenität bei ECTS-Punkten
Je nach Studienfach haben Studierende unterschiedliche Bedarfe an die Kreditierung. Ein interdisziplinäres Lehrangebot, das für Studierende verschiedenster Fächer angeboten wird, sollte daher ein vom Umfang abgestuftes Paket an Prüfungsleistungen vorhalten, um den teilnehmenden Studierenden die Anerkennung in ihren jeweiligen Wahl- und Ergänzungsbereichen zu ermöglichen. Wie das geht?
Prüfen Sie den Lernprozess begleitend. Von Anfang an. Nutzen Sie Prüfungsformen, mit denen die gesetzten Lernziele überprüfbar werden und mit denen sich die Studierenden der unterschiedlichen Fächer wohl fühlen können. Generell eignet sich ein Mix aus verschiedenen schriftlichen Aufgaben und Präsentationsformaten. In Lehr-Lern-Settings mit ausgedehnten Eigenarbeitsphasen eignen sich zudem E-Portfolios oder Lerntagebücher als Lern- und Prüfungsformen, ebenso wie regelmäßige und strukturierte Einzel- und Gruppenfeedbacks. Stehen die Prüfformate fest, gilt es sie nach Aufwand zu gewichten, um abschließend eine Gesamtnote generieren zu können.
Andere Anforderungsprofile erfordern andere Prüfungsformen. Manche Lehrende gehen auch neue Wege und nutzen in der überfachlichen Lehre zunehmend performative Prüfungen. Der Vorteil: Handlungsorientierte Prüfungsformen ermöglichen ideal die Überprüfung überfachlicher Lernziele. Zugleich schaffen sie eine gewisse „Gleichberechtigung“ unter den Geprüften. Egal ob Geistes-, Gesellschafts-, Natur oder Ingenieurwissenschaften, ein interdisziplinär zusammengesetztes Team fühlt sich mit einer handlungsorientierten Aufgabe gleichermaßen herausgefordert.
Wichtig ist Transparenz: Klären Sie zu Beginn der Veranstaltung mit den Studierenden, wie sich die unterschiedlichen Prüfungsleistungen aufschlüsseln und für welche Zielgruppe Sie sie zusammengestellt haben. Gerade dann, wenn Master- und Bachelorstudierende gemeinsam an der Lehrveranstaltung teilnehmen, sollten die unterschiedlichen Leistungsanforderungen differenziert dargestellt und für alle Beteiligten transparent kommuniziert werden. In einem Bachelor-Master-Setting können die Masterstudierenden in ganz anderer Funktion, z. B. als Tutoren, in die Lehre mit eingebunden werden und dafür Kreditpunkte bekommen. Auch die Anforderungen an Präsentationen und schriftliche Leistungen sind für Masterstudierende durchweg höher anzusiedeln, was sich u. U. auch in der Kreditierung niederschlägt.
Wohin damit?
In vielen Fächern ist es schwierig, eine Lehrveranstaltung ins Curriculum zu integrieren, die nicht nur für die Studierenden des eigenen Faches, sondern auch für Studierende anderer Fächer geöffnet sein soll. Aber Fachangebote sind aus Kapazitätsgründen oftmals für Fachstudierende reserviert. Daher finden sich die überfachlichen Lehrangebote in den Ergänzungs- und Wahl(plficht)bereichen der Studiengänge wieder. Ist das Lehrangebot für Bachelorstudierende konzipiert, bietet sich eine curriculare Verankerung im Optionalbereich der RUB an, dem Wahlpflichtbereich für die Zwei-Fach-Bachelor- sowie ausgewählte Ein-Fach-Bachelorstudierende. Der Vorteil hier: Für die Studierenden der am Optionalbereich beteiligten Fächer sind die Anforderungen an die Kreditierung einheitlich geregelt.
Für Masterstudierende gibt es an der RUB keinen überfachlichen Ergänzungs- oder Wahl(pflicht-)bereich wie den Optionalbereich. Klären Sie daher frühzeitig mit den Verantwortlichen der adressierten Fakultäten und Fächer, ob und wie das Lehrangebot in ein passendes Modul der jeweiligen Studiengänge eingepflegt werden kann und wie die Kreditierung dafür gestaltet sein sollte (ECTS und Prüfung). Wichtig ist, das Angebot als Modul zu konzipieren. Denn als einzelne Lehrveranstaltung angelegt, braucht es immer noch ein weiteres Angebot, damit die Studierenden das Modul in ihrem Ergänzungsbereich abschließen können. Das bedeutet: Für die Studierenden Ihres eigenen Faches ist es ggf-. einfacher, eine zweite, inhaltlich passende Veranstaltung zu finden, um das Modul abzuschließen. Für Studierende anderer Fächer ist dies zumeist schwerer zu realisieren. Deshalb ist es für fachfremde Studierende attraktiver, wenn Sie Ihr Lehrangebot als Modul und nicht als Einzelveranstaltung konzipieren.
Die Implementierung von überfachlichen Lehrangeboten in die Wahl(pflicht)- und Ergänzungsbereiche möglichst vieler Studiengänge hat Vorteile:
- Sie erreichen mit Ihrem Angebot Studierende unterschiedlichster Fächer, und die eigenen Studierenden, sofern das Angebot nicht gleichzeitig in einem Fachmodul angerechnet werden kann.
- In den Wahl(pflicht)- und Ergänzungsbereichen sind die Modulabschlussprüfungen meist flexibler gestaltbar, was den Studierenden die Anrechnung in „ihrem“ Fach erleichtert.
Der Nachteil ist ein gewisser organisatorischer – sprich: kommunikativer – Aufwand während der Planungsphase und die Abstimmung der Kreditierung mit den Studienverantwortlichen der relevanten Fächer.