Transdisciplinary Learning Lab

Was ist das?

In diesem Modul erhalten Studierende die Möglichkeit im Kontext eines simulationsgestützten Lernlabors (Unternehmensplanspiel) die vielschichtigen Facetten von Product-Service-Systems (PSS) forschend zu erleben und zu reflektieren. Dabei stehen die strategischen und operativen Unterschiede, die das Angebot kundenspezifischer Komplettlösungen gegenüber traditionellen Produktangeboten hat, im Fokus der Simulation. In transdisziplinären Teams (insbesondere Wirtschafts- und Ingenieurwissenschaftler/innen) steuern Studierende die Wertschöpfungsprozesse zur Erbringung eines PSS-Angebots auf der Basis eng miteinander verzahnter Produkt-und Serviceelemente. Die Erfolgsgröße der Simulation ermittelt sich aus der Balance zwischen Kundennutzen und Profitabilität des Lösungsangebots.

Zentrale Aufgabe in der Simulation ist es, über vier fiktive Geschäftsjahre ein nachhaltiges Gleichgewicht der oben genannten Erfolgsgrößen unter sich dynamisch verändernden Umweltbedingungen zu erzielen. Damit können Studierende eigenständig in der Laborumgebung experimentieren und die Wirkung von Problemlösungsstrategien erfassen. Insofern adressiert die Simulation auf spielerische Art und Weise wesentliche Facetten und Kompetenzanforderungen der kollaborativen Leistungserbringung. Indem Studierende ihre Handlungsfähigkeit vor diesem Hintergrund im Spielverlauf kontinuierlich reflektieren und kollektiv weiterentwickeln, fördert das Modul die Entwicklung von Kompetenzen zur Arbeit in dynamischen und komplexen Systemen.

Die simulationsbasierten Übungen werden durch inhaltliche Impulse und Ergebnisauswertungen von den Dozierenden begleitet. Das Modul kombiniert die Simulationserfahrung mit begleitenden Gruppenarbeiten und individuellem, fachlichen Literaturstudium. Hierbei können unter anderem auch fachliche Hintergrundthemen aus den Bereichen „Unternehmensführung“, „Produktionswirtschaft“, „Service Engineering“ oder „Sales Engineering and Product Management“ aufgegriffen werden. Durch die Auseinandersetzung mit den Kernthemen des Simulationsszenarios bringen Studierende Vorschläge zu dessen möglicher Weiterentwicklung ein und bereiten Vorschläge zu deren Umsetzung mit vor.

Diese Ergebnisse werden mit den Teilnehmer/innen dieses Moduls im Rahmen einer Abschlussveranstaltung, bei der die Abschlusspräsentationen gehalten werden, rückgekoppelt. Der Input aus diesen Präsentationen wird dann nach dem Leitbild eines integrativen Ökosystems kontinuierlich in das Modul integriert. Die Studierenden sind in diesem Sinne nicht nur Konsument/innen der vorbereiteten Simulationsszenarien, sondern auch Co-Moderator/innen der Inhalte für folgende Kohorten.

 

 

Ablauf und Inhalte

Das Modul findet im Semesterturnus als Blockveranstaltung statt und besteht im Wesentlichen aus zwei Phasen. Die erste Hälfte des Semesters umfasst die kurze, thematische Einführung und das Durchspielen der Simulation selbst. Die Studierenden bekommen zu Beginn individuelle Log-In-Daten. Mit diesen können sie sich online in das Cockpit zur zentralen Steuerung ihrer jeweiligen Abteilung einwählen. Hier sollen sie sich möglichst selbstständig organisieren und in der komplexen, unbekannten Umgebung orientieren. In den kommenden Wochen treffen sie abteilungsweise die operativen und strategischen Entscheidungen für ihre Unternehmen.
Die zweite Hälfte des Semesters bricht mit der Dynamik der spielerischen Erfahrung und geht über in einen wissenschaftlichen Arbeitsprozess. Direkt im Anschluss der Simulation reflektieren die Studierenden ihre Erfahrungen. Studierende und Dozierende arbeiten gemeinsam eine wissenschaftliche Fragestellung aus dem Bereich PSS für die Abschlusspräsentationen heraus. Die Studierenden analysieren dann den aktuellen Forschungsstand zu diesem Thema und reflektieren in ihrer Abschlusspräsentation kritisch, inwieweit sich die gefundenen Theorien in der Simulation wiederfinden. Basierend auf dieser Analyse leiten die Studierenden Vorschläge zur Weiterentwicklung der Simulation ab.

 

Zielsetzungen

Das Modul soll die Entwicklung von Kompetenzen für die Arbeit im PSS Bereich fördern. Es setzt neben theoretischen Inputs, die der Entwicklung des Fachwissens dienen, vor allem auf die Befähigung der Studierenden in einer komplizierten und unbekannten Situation Lösungsstrategien zu entwickeln und umzusetzen sowie die Ergebnisse dieser Lösungen auf wissenschaftlichen Niveau zu präsentieren. Ein besonderer Mehrwert entsteht hier durch die Interdisziplinarität. Studierende der Wirtschaftswissenschaften wählen erfahrungsgemäß andere Herangehensweisen als Ingenieurwissenschaftler/innen. Zur Überbrückung eventueller Hemmschwellen zwischen den Studierenden verschiedener Fakultäten führen die Modul-Lehrenden gemeinsam mit Kolleg/innen vom Lehrstuhl für Produktentwicklung ein interaktives Spiel durch. Um die Formung der späteren Gruppen zu unterstützen, liegt dieses Zwischenspiel stets in der Startphase des Semesters. Bei diesem Spiel handelt es sich um eine kreative, konzeptionelle Auseinandersetzung mit Fragen zur Entwicklung von PSS-Angeboten. Neben dem fachlichen Input wird hier vor allem die Formung des Gruppenzusammenhalts fokussiert. Dies geschieht vor allem durch den „Inter-Gruppen-Wettbewerb“ zwischen den verschieden Departments. Die Abteilungen, die später im Simulationsdurchlauf zusammen arbeiten spielen hier zusammen gegen Abteilungen aus späteren Konkurrenzunternehmen. Dieses Spiel wird in der Evaluation der Lehrveranstaltung regelmäßig als besonders aktivierendes Ereignis im Veranstaltungsverlauf angesehen.

 

Aufgaben der Studierenden und der Lehrenden

Die Studierenden haben in dieser Veranstaltung einen deutlich aktiveren Part als in herkömmlichen Lehrformaten. Sie müssen sich eigenständig in kleinen Gruppen organisieren und verschiedene Aufgaben im Semesterverlauf erledigen. Zunächst müssen die Studierenden komplexe Sachverhalte so reduzieren, dass sie Entscheidungen im simulierten Unternehmen treffen können. Später müssen die Studiereden in heterogenen Gruppen eine gemeinsame Recherche und Präsentation koordinieren. Die Lehrenden sind in dieser Veranstaltung vor allem als Coaches aktiv. Sie versuchen so wenig wie möglich in die Simulation einzugreifen, sondern die Studierenden bei Bedarf mit minimaler Hilfe zu unterstützen und beratend zur Seite zu stehen. Der intensivste Teil der Veranstaltung liegt für Lehrende in der Reflexion der Simulation und der daraus resultierenden Themenwahl für die Abschlusspräsentation.

 

Kompetenzentwicklung der Studierenden bei dieser Veranstaltung

Wir haben das Modul auf die Entwicklung von Kompetenzen ausgelegt, die die Studierenden zur erfolgreichen Arbeit im realen PSS Kontext befähigen sollen. Die Nachverfolgung der Kompetenzentwicklung verläuft hier zweigeteilt. Zum einen kommt die standardisierte Evaluation, welche im Zuge unseres geförderten Einzelvorhabens inSTUDIESplus entwickelt wird, zum Einsatz. Die Messergebnisse der Vorher-Nachher-Befragung zeigen die positive Entwicklung von interdisziplinären Kompetenzen, Forschungskompetenzen und Anwendungskompetenzen. Darüber hinaus erfassen wir weitere Kompetenzen, z.B. digitale Kompetenz, die wir perspektivisch in einen Zusammenhang mit dem Spielergebnis bringen werden.

 

Lernziele und Überprüfung der Lernerfolge

Die Abschlusspräsentationen sind die Bewertungsgrundlage für die Benotung der Studierenden. Zentrale Leistungen sind dabei die Analyse und Auswertung des Forschungsstands zum gewählten Thema und die kritische Analyse der Simulation. Die Ergebnisse der Abschlussarbeiten sind überdurchschnittlich gut. Die Studierenden entwickeln in den Gruppen häufig einen sehr positiven Ehrgeiz, der zu einem hohem Einsatzwillen bei Präsentation und Diskussion führt. Abschließend erhalten die Studierenden ein umfassendes Feedback zu Entwicklung „ihres Unternehmens“. Außerdem erfolgt eine gemeinsame Reflexion der Höhen und Tiefen der Gruppenarbeit im Plenum.

 

Worauf muss man bei der Durchführung einer solchen Veranstaltung besonders achten? Was könnten mögliche Stolpersteine sein?

Die Dynamik einer solchen Veranstaltung kann im Vergleich zu einem herkömmlichen Lehrformat, welches primär auf Frontalunterricht abzielt, deutlich größer ausfallen. Trotz des innovativen Ansatzes treten auch hier Probleme auf, wie sie aus Seminarformaten bekannt sind. Der hohe Anteil von Gruppenarbeit in interdisziplinären Gruppen begünstigt hier Intra-Gruppenkonflikte und Teamrollenkonflikte. Ein Beispiel kann hier in den Gerechtigkeitsfragen bezüglich eines Gruppenergebnisses als Benotungsgrundlade gesehen werden. So sind wiederholt Konflikte aufgetreten, wenn Gruppen einzelne Mitglieder als Trittbrettfahrer angesehen haben. Außerdem sind Konflikte zwischen mehreren Studierenden mit Führungsambitionen untereinander aufgefallen. Lehrende können sich darauf vorbereiten, indem sie hochschuldidaktische Workshops zur konstruktiven Beeinflussung von Gruppendynamiken und Konflikten bei studentischen Gruppenarbeiten besuchen. Dozierende müssen in jedem Semester erneut ein Gespür für die Interessenlage und Erwartungen der Studierenden an das Modul entwickeln. Diese Faktoren können mit der Teilnehmerzahl und der anteiligen Stärke der Fachbereiche unter den Studierenden stark variieren. Wenn man Konflikten, die hauptsächlich in frühen Phasen der Gruppenarbeit auftreten, so gezielt entgegenwirkt, ist diese Form der Lehre auch für uns in jedem Semester ein Highlight. Erfahrungsgemäß ist hier eine betreuende Beratung der Gruppen angemessen, in der reflektiert wird, dass die Fähigkeit zur erfolgreichen Kooperation mit verschiedenen Charakteren auch für das spätere Berufsleben der Studierenden wichtig ist. 

 

Transfermöglichkeiten in andere Bereiche

Derzeit arbeiten wir an der Erstellung eines „train-the-trainer“-Konzepts, um auch über die Förderphase hinaus die stetige Nutzung der Simulation zu sichern. Ziel ist es dabei ein fakultätsübergreifendes Konzept zu entwickeln, welches den Einsatz und die Entwicklung der Simulation in neuen Anwendungsfeldern ermöglicht. Wenn Lehrende Interesse haben, diesbezüglich mit uns zusammenzuarbeiten, möchten wir diese Gelegenheit nutzen, um sie herzlich einzuladen sich mit uns in Verbindung zu setzen.

 

 

 

Autor*innen

  • Janis Cibat , Das Modul wird im Rahmen des Qualitätspakt-Lehre Einzelvorhabens inSTUDIESplus gefördert. Dort ist es im Maßnahmefeld „In die Praxis“ verortet. Die Projektleitung hat Prof. Dr. Uta Wilkens (Lehrstuhl Arbeit, Personal und Führung der Ruhr-Universität Bochum) inne. Die unmittelbare Modulbetreuung liegt bei Janis Cibat und Saskia Hohagen.
  • Saskia Hohagen , Das Modul wird im Rahmen des Qualitätspakt-Lehre Einzelvorhabens inSTUDIESplus gefördert. Dort ist es im Maßnahmefeld „In die Praxis“ verortet. Die Projektleitung hat Prof. Dr. Uta Wilkens (Lehrstuhl Arbeit, Personal und Führung der Ruhr-Universität Bochum) inne. Die unmittelbare Modulbetreuung liegt bei Janis Cibat und Saskia Hohagen.
  • Prof. Dr. Uta Wilkens, Lehrstuhlinhaberin für Arbeit, Personal & Führung am Institut für Arbeitswissenschaft der Ruhr-Universität Bochum.

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