Was ist kollaboratives Arbeiten, wie kann es wirken und was ist bei der Anwendung zu beachten – ein Überblick

Gemeinsam mit Kommiliton:innen oder Kolleg:innen Inhalte zu recherchieren, zu erstellen, zu besprechen und weiterzuentwickeln, ist im Hochschulkontext ein allgegenwärtiges Thema. Studierende und Lehrende profitieren von dieser Arbeitsweise ebenso wie Hochschulmitarbeiter:innen in Forschung und Verwaltung. Denn zahlreiche digitale Werkzeuge bieten vielfältige Möglichkeiten, um gemeinsam zu arbeiten. So können z. B. Themen und Aufgaben gesammelt, Ideen entwickelt, Materialien und Medien erstellt oder gemeinschaftlich Texte geschrieben und bewertet werden.

Persike schreibt 2019 in Anlehung an Slavin (1987), dass

„Techniken […] kollaborativen Lernens […] auf der Bildung von Arbeitsgruppen aus mindestens 2 Studierenden [basieren], die dann ein Fachproblem bearbeiten. Die Lernprogression soll durch die geteilte Konstruktion von Wissen und eine gemeinsame Kompetenzbildung erfolgreicher verlaufen als im Einzelstudium.“ (S. 76)

Sie als Lehrende sollten kollaborative Arbeitsprozesse mit digitalen Tools daher stets formal organisieren (Gruppenbildung) und bei Bedarf kontinuierlich inhaltlich und technisch aktiv unterstützen, damit diese offen, zielgerichtet und gewinnbringend für alle Beteiligten wirken können. Es bedarf i. d. R. aktive Unterstützung und anregende Impulse seitens der Lehrenden, um einen solchen Prozess zielförderlich zu initiieren und fortwährend umzusetzen. Denn Lehrende sollten sich bei dem Einsatz von Tools zum kollaborativen Arbeiten nicht darauf verlassen, dass die Studierenden mittels dieser Tools den Prozess alleine und ohne Begleitung gut hinbekommen.

Da sich i. d. R. sowohl Lehrende als auch Lernende zunächst an Arbeitsweisen gewöhnen müssen, in denen die eigenen Denk- und Arbeitsprozesse geteilt und kollaborativ gearbeitet wird, bietet es sich an, Lern-, Austausch- und Arbeitsumgebungen zu schaffen, in denen Ihre Teilnehmenden selbst festlegen und untereinander aushandeln können, wann sie sich für ihre Arbeitsprozesse treffen und wie aktiv und offen sie sich individuell einbringen können und wollen. Wahrgenommene Gestaltungsfreiheiten und Autonomieerleben erhöhen die Verbundenheit mit der Arbeit sowie dem Projekt und wirken darüber hinaus motivationsfördernd (vgl. Vogel/Fischer 2020, S. 66). Die Festlegung von gemeinsamen Regeln und Rahmenbedingungen fördern die Zufriedenheit in der Zusammenarbeit und bieten den Akteur*innen Handlungssicherheit. Relevant für das Gelingen solcher Prozesse scheint nach Bornemann darüber hinaus die regelmäßige und gelingende Kommunikation und Interaktion innerhalb der Gruppe zu sein:

„Das zentrale Moment kollaborativen Arbeitens und Innovierens ist die Interaktion. […] Insofern kann der Gruppengröße eine wichtige Bedeutung beigemessen werden, da bei zu großen Gruppen eine direkte Interaktion erschwert oder überhaupt nicht möglich ist.“ (Bornemann 2011, S. 73.)

Der Einsatz des digital-unterstützten kollaborativen Lernens (und Arbeitens) verfolgt nach Vogel und Fischer (2020) zwei Ziele: Die Erreichung von individuellen und kollaborativen Lernzielen.

„Individuelle Lernziele sind die Verbesserung von Wissen und Fähigkeiten der einzelnen Lernenden. Kollaborative Lernziele zielen darauf ab, dass Lernende in einer Gruppe so zusammenarbeiten, dass sie ein bestmögliches gemeinsames Ergebnis erzielen.“ (Vogel/Fischer 2020, S. 58.)

Durch gezielt eingesetzte digitale, kollaborative Werkzeuge und Methoden erhalten Ihre Studierenden die Möglichkeit, sich mit Kommiliton:innen – auch über die eigenen Campusgrenzen hinweg – auszutauschen und zum Beispiel an gemeinsamen Brainstormingprozessen teilzunehmen oder Text- und Präsentationserstellungen zu erarbeiten. Es sind kleine, synchrone Austauschrunden im Rahmen einer Webkonferenz oder dem kurzen, asynchronen Kommentieren der Beiträge von Mitstudierenden im Kursforum bis hin zu größeren Projekten z. B. im Rahmen des Forschenden Lernens, die das gesamte Semester strukturieren, umsetzbar. Auch die Vernetzung zwischen Studierenden unterschiedlicher Allianz-Hochschulen sowie internationale Zusammenarbeit lassen sich so digital bewältigen.

Mittels Kollaboration können Studierende in (betreuten oder angeleiteten) Kleingruppen auch Medienprodukte entwickeln, die dann wiederum selber zum Lehrgegenstand werden können und mittels anderer kollaborativer Tools kommentiert, diskutiert und gefeedbackt werden können. Die Erstellung von Lehrmaterialien, Unterrichtskonzepten, Videos oder Podcasts sind da nur einige Beispiele, die genannt werden können – Albrecht (2020) formuliert weitere Gedanken dazu:

„Die Idee, sich digital über die Grenzen des eigenen Seminarraums hinweg zu vernetzen, gemeinsam zu diskutieren und zu kollaborieren, Wissen gemeinsam zu generieren und zu reflektieren sowie Forschungsergebnisse, -standpunkte und -kontroversen kritisch im Austausch zu diskutieren, entspricht – insbesondere unter den Bedingungen der Digitalisierung und Digitalität – meiner Vorstellung von zeitgemäßer Lehre.“ (Albrecht, 2020)

 

Kollaboration in Abgrenzung zur Kooperation

Bei der Kollaboration lassen sich – anders als bei kooperierendem Arbeiten – so genannte nonsummative Werke und Ergebnisse erzielen. D. h., dass u. a. laut Bornemann (2011, S. 77) und Stadermann (2010, S. 45) der „Begriff Kollaboration […] synchronisiert[ere] Prozess[e] der konstruktiven Wissensgenerierung von zwei oder mehreren Personen [bezeichnet]. Die einzelnen Schritte der Wissensgenerierung durch Kollaboration lassen sich dabei nicht bestimmten Beteiligten zuschreiben, sondern sind ein untrennbarer kokonstruktiver Prozess. Bei diesem Vorgang werden nonsummative Prozesse befördert, die im Ergebnis mehr beinhalten können, als die reine Addition der Einzelleistungen“, wie es demnach im kooperativen Arbeiten der Fall sei.

Autor*in

  • Kathrin Braungardt, Mitarbeiterin im Bereich eLearning des Zentrums für Wissenschaftsdidaktik und Ansprechpartnerin für allgemeine E-Learning-Beratung mit u. a. den Schwerpunkten bei den Themen Open Educational Resources (OER), der Lernplattform Moodle, E-Portfolios, kollaborativen Tools, Zoom und Fragen rund um das Urheberrecht beim Einsatz digitaler Elemente in der Lehre.

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