Nutzung von Material in unterschiedlichen Sprachen
Fachgruppen: v.a. textbasierte Wissenschaften
Veranstaltungsform: Seminare, Übungen
Voraussetzungen: verschiedene Sprachen in der Gruppe, Material zum Thema in unterschiedlichen Sprachen
Aufwand: Das Konzept der Veranstaltung wird beeinflusst, indem interkulturelle und möglicherweise grundlegend unterschiedliche Perspektiven auf den Gegenstand einbezogen werden.
Effekte: Es wird deutlich, dass jede Sprache zusätzliche Informationen und Positionen zu einem Thema beisteuern kann und dass es notwendig ist, sich mit diesen unterschiedlichen Perspektiven reflektiert und kritisch auseinanderzusetzen.
Mehrsprachigkeit kann auch eingesetzt werden, um unterschiedliche Sprachen für die gemeinsame Erarbeitung von Fachinhalten zu nutzen. Am produktivsten ist dies, wenn Sie an einem Thema arbeiten, das mit unterschiedlichen Sprachen und Kulturen verbunden ist oder zu dem es, wenn vielleicht auch keine zugänglichen wissenschaftlichen Texte, so doch zumindest z. B. eine journalistische Berichterstattung in verschiedenen Sprachen gibt. (Ein Ausgangspunkt kann hierbei z. B. Wikipedia sein, wenn es zu wichtigen Stichworten Einträge in unterschiedlichen Sprachen gibt.) Die Mehrsprachigkeit hat dann einen Gegenstandsbezug und ist somit unmittelbar produktiv für die Fachlehre.
Dieses Vorgehen setzt voraus, dass die Studierenden bereit (und in der Lage) sind, sich mit Texten in unterschiedlichen Sprachen auseinanderzusetzen. Und es setzt voraus, dass Sie als Lehrende/r die Darstellung eines Themengebiets in unterschiedlichen Sprachen/Kulturen im Seminar thematisieren. Dafür ist es nicht notwendig, dass Sie alle Sprachen selbst verstehen, in denen Materialien gelesen und vorgestellt werden. Wichtig ist dagegen, dass Sie einen Austausch über möglicherweise unterschiedliche Darstellungen, Theoriebildungen, Interpretationen oder methodische Zugänge zu einem Thema so moderieren, dass die Studierenden sie einordnen und Kriterien einer Bewertung nachvollziehen können. Das bedeutet, auch die eigene Haltung zu reflektieren und zu hinterfragen und sich auf andere Traditionen und Sichtweisen einzulassen. Hierdurch können in der Veranstaltung fach- und möglicherweise auch kulturspezifische Werte und Kriterien für wissenschaftliche Beiträge explizit werden.
Wenn Sie z. B. historische Ereignisse behandeln und Studierende Texte auf Türkisch, Englisch, Polnisch, Französisch, Arabisch und Deutsch vorstellen, ist es wahrscheinlich, dass sich das Geschichtsbild in den Texten unterscheidet. Wenn Sie dies in der Veranstaltung thematisieren, hat das zwei entscheidende Vorteile: Es gibt mehr Perspektiven auf das Ereignis, als wenn Sie z. B. nur deutschsprachige Geschichtsschreibung einbeziehen, und hierdurch wird als Prinzip das Fachs deutlich, dass es nicht darum gehen kann, herauszufinden, „wie es wirklich gewesen ist“. Aus einer überfachlichen Perspektive bedeutet dies, dass Studierende lernen, Wissen innerhalb des Kontexts zu betrachten, in dem es entstanden ist, und sich reflektiert und kritisch mit ihm auseinanderzusetzen (Medienkompetenz). Unterschiedliche Auffassungen, die sonst nur unterschwellig im Raum sind, werden zudem explizit und können in die fachliche Auseinandersetzung einbezogen werden.