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Lehrveranstaltungen im Projektformat zum Thema „Ökologie und Formenvielfalt in der Nordsee – mit Exkursion nach Helgoland“

Ein Interview mit Dipl.-Biol. Holger Bäcker, Lehrstuhl für Evolutionsökologie und Biodiversität der Tiere, durchgeführt von Aleksandra Penkala & Stefanie Füchtenhans

Frage: Welche Veranstaltung haben Sie als „projektförmige Lehre“ umgesetzt?

Kern:

Die Veranstaltung heißt:„Ökologie und Formenvielfalt in der Nordsee – mit Exkursion nach Helgoland“ und dauerte zehn Tage, wovon drei Tage der Vorbereitung in Bochum dienten und sieben Tage für die Exkursion auf Helgoland genutzt wurden. Es nahmen 18 Studierende, ein Dozent und eine Hilfskraft teil.

Umsetzung:

Exkursionen zum Kennenlernen der einheimischen Flora und Fauna gehören bei uns Biologen schon immer zum Studium dazu. Eine Projekt-Exkursion, wie ich sie auf Helgoland durchgeführt habe, gibt es allerdings erst seit 2013. Früher wurde die Veranstaltung im Block (sogen. „A-Modul“) angeboten und dauerte insgesamt vier Wochen (2 Wochen theoretische Vorbereitung in Bochum und 2 Wochen Exkursion auf der Insel). Um zeitliche und finanzielle Ressourcen auszugleichen und das Thema dennoch – auch auf Wunsch der Fachschaft nach einer kostengünstigen Exkursionsalternative – anbieten zu können, hatte ich mich 2013 für die Durchführung der Veranstaltung als „Lehrprojekt“ entschieden. In der neuen Form nahm die Exkursion nun insgesamt 10 Tage ein, davon fanden drei Vorbereitungstage in Bochum mit theoretischem Input statt und 7 Tage wurden auf der Insel verbracht. Der starre theoretische Anteil des alten A-Moduls verstärkt in die Praxis umgesetzt und die gesamte Veranstaltung nach einer zeitlichen Lücke fühlbar „wieder-belebt“. Seitdem wird versucht, die Exkursion in einem jährlichen Rhythmus aufrechtzuerhalten.

An unserem Projekt „Ökologie und Formenvielfalt in der Nordsee – mit Exkursion nach Helgoland“ haben im letzten Durchgang (Sept. 2014) 18 Studierende, meine Hilfskraft und ich als Dozent teilgenommen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass insgesamt nicht mehr als 25 Personen an dieser Exkursion teilnehmen sollten, um mit den Gegebenheiten vor Ort optimal arbeiten zu können (Labore, Arbeitsräume, Unterkunft, etc.).

Die Exkursion richtet sich an Fortgeschrittene Studierende des Fachbereichs Biologie, die sich im Fachbereich Biodiversität und Ökologie spezialisieren möchten – sie sollten die Grundprüfungen der Biologie erfolgreich absolviert haben und können daher ca. ab dem 5. Semester teilnehmen. Die Exkursion ist auch für Lehramtsanwärter/innen von Interesse, die während des Studiums gemäß unserer Prüfungsordnung an Pflichtexkursionen zur einheimischen Tier- und Pflanzenwelt teilnehmen müssen. Mit der Teilnahme an meiner Exkursion konnten sie alle in der Prüfungsordnung geforderten Pflichtexkursionstage auf einmal erledigen.

Aus Sicht des Dekanats sollte sich die gesamte Exkursionsgruppe wie folgt zusammensetzen:

  • 50 % aus „an einem spezifischen Berufsfeld Interessierte“ (z.B. Lehramtsstudierende)
  • und 50 % aus „an Wissenschaft Interessierten“ (sozusagen angehende Wissenschaftler).

Im letzten Projekt, das ich begleitet habe, gab es allerdings mehr Lehramtsstudierende und weniger auf die Wissenschaft ausgerichtete Studierende. Auf Grund dieser heterogenen Gruppenzusammensetzung und den damit einhergehenden unterschiedlichen Leistungserbringungen der Studierenden habe ich die Projektstruktur auf diese Verteilung angepasst.

Frage: Wie haben Sie die Veranstaltung vorbereitet? Worauf sollen Lehrende bei der Planung achten?

Kern:

Gute Vorbereitung ist alles! Meine Hauptarbeit für das Projekt lag deutlich vor der eigentlichen Durchführung im Semester. Da will einiges organisiert und vorab durchdacht werden. Die Fortbildungen der ifb zum Thema „Projektmanagement“ haben mir eine gute Basis für mein Handlungsfeld und die Struktur als Gesamtleitender gegeben.

Umsetzung:

Ebenfalls wurde mir dabei klar, welchen Wert die Phase der Projektinitiierung/Projektplanung für mein Lehrprojekt hat. Trotz des hohen Aufwands in der Vorbereitung war das Ergebnis die Mühe allemal wert. Zur Vorbereitung des Projekts zählten für mich dabei u.a. …

… die Beantragung der Exkursion in der Fakultät, Beantragung des Termins auf der Insel an der Biologischen Anstalt Helgoland (BAH), Buchung des Busunternehmens, Besorgung der Tickets, Organisation der Umsetzung auf der Insel (Labore, Ausfahrten, Material, usw.), und Suche und die Einstellung eines ‚Hiwi‘ , sowie „Werbung“ für die Exkursion (Poster, VSPL, etc.). Ich musste das Material aus der Sammlung für die Gestaltung der theoretischen Tage heraussuchen, Vorbereitungen für die Vorträge und Arbeitsaufgaben treffen sowie die Projektmanagementtools auf den Einsatz vorbereiten. Auf der Insel war ich natürlich immer der Ansprechpartner und im Kursraum anwesend. Fragen oder Schwierigkeiten, die aufkamen, konnten gut gelöst werden, da ich mich darauf bereits vorbereitet hatte. Eine gute Vorarbeit ist sehr viel wert.

Zu meinen Hauptaufgaben auf Helgoland gehörte die Koordination der Teamarbeiten. Vor Ort habe ich dann meine Aufgabe eher darin gesehen, den Überblick über sämtliche Teilprojekte zu behalten und diese untereinander zu koordinieren, die Teams zu beraten und mit ihnen immer in Kontakt zu bleiben.

Frage: Wie haben Sie die Veranstaltung konkret durchgeführt? Wie wurden die einzelnen Teams informiert und organisiert? Gab es bestimmte Rollen innerhalb der Teams?

Kern:

In einem Vorbereitungstermin („Kick-Off Meeting“) habe ich alle Eckdaten genannt. Dann gab es drei intensive Tage als theoretischer Input hier in Bochum. Die Studierenden haben dabei z.B. gelernt, wie zoologische Stammbäume rekonstruiert und Artporträts (im Grunde eine schnelle und kurze Simulation von taxonomischen Artbeschreibungen) erstellt werden. Zudem gab es einen kurzen Methoden-Input. Die Gruppenaufteilung musste ebenfalls in diesen drei Tagen erfolgen und wir haben festgelegt, welche Aufgaben im Rahmen des Projektes von welcher Gruppe bearbeitet werden sollten. Danach waren wir gut gewappnet für die eigentliche Exkursion.

Umsetzung:

Nach der Bewerbungsphase der Exkursion wurden die Interessierten zu einem Vorbesprechungstermin eingeladen. Dort habe ich die Struktur des Lehrprojektes in etwa so angekündigt: „Wir führen die Exkursion diesmal mit einer praxisnahen Ausrichtung durch und zwar als „Lehrprojekt“ und ihr werdet teilweise als Projektleiter eines eigenen Teams eingesetzt“, da haben einige nicht schlecht gestaunt. Das Ziel der Exkursion war für alle Studierenden die Erstellung eines gemeinsamen Exkursionsskripts, das alle Hausarbeiten der einzelnen Gruppen bündelt und damit eine Synthese des Gesamtprojektes darstellt.

Da es sich um eine heterogene Gruppe handelte, bestehend aus zukünftigen Lehrer/inne/n und aus angehenden Forscher/innen bzw. Wissenschaftler/innen, die verschiedenen Anforderungen im Studium nachkommen mussten, eignete sich das Projekt als Veranstaltungsform am besten. In dieser Aufteilung mussten die Studierenden auch unterschiedliche Leistungen erbringen.
Das bedeutete, dass die Studierenden, die einen forschungsorientierten Schwerpunkt gewählt haben, als Teilprojektleiter bestimmt wurden und diese Aufgaben hatten:

  • als Gruppenleitung / Teilprojektleitung fungieren
  • schriftliche Gruppenleistungen unterstützen und koordinieren (verschiedene Artporträts zusammenfassen und den Rahmen dafür geben)
  • ein benotetes Referat halten

Die Projektmitarbeiter/innen (z.B. die Lehramtsstudierenden) waren in der Rolle von Fachexperten für spezielle Tiergruppen eingebunden. Durch Suche, Haltung der Tiergruppen in Aquarien, Bestimmung und Erstellen der Artporträts lieferten sie die Daten für die Projektleiter. Über ein Prioritätensystem (1./2./3. Wunsch) konnten sich die Studierenden für einzelne Themengruppen (bearbeitete Tiergruppen) bewerben.

Folgende Gruppenstruktur ergab sich aus dieser Wahl:

Wie das Schaubild zeigt, gab es noch eine weitere wichtige Rolle, da nicht immer alle Gruppen gleich viel Arbeitsaufwand haben können (z.B. aufgrund der Tatsache, dass nicht immer gleichmäßig viele Tiere in allen Gruppen eingefangen oder entdeckt werden). Je nach Aktivität (Kutterfahrt, Wattwanderung etc.) hatte das eine oder andere Team mehr oder weniger Arbeit. Deshalb habe ich mich dazu entschieden, dass jede Teilprojektleitung im Rotationsprinzip einen „Springer“ ernennt und dieser anderen Gruppen bei Bedarf unterstützend zu Hilfe kommt.

Frage: Alle Studierenden haben am Ende auf eine gemeinsame kleine „Veröffentlichung“ hingearbeitet – auf das sogenannte Exkursionsskript. Welche Kompetenzen konnten die Studierenden innerhalb der Exkursion noch erwerben?

Kern:

Im Fokus stand vor allem der Transfer von „gelerntem Wissen“ in „gelebte Praxis“, also ganz klassisch die Verknüpfung von Theorie und Praxis. Aufgrund der Durchführung als Lehrprojekt wurden neben den fachlichen Kompetenzen eine Reihe von berufspraktischen und sozialen Kompetenzen erworben.

Umsetzung:

Eines der wichtigsten Lernziele war für mich, den Studierenden Praxisorientierung zu ermöglichen. Sie sollten die Anwendung der Theorie in einem realitätsnahen Rahmen – unter nahezu realen Bedingungen – erleben, und damit auf ihre Zukunft als Lehrer/innen oder Wissenschaftler/innen vorbereitet werden. Es gab aber durchaus noch mehr Kompetenzen zu erwerben.

Erworbenes Wissen vertiefen – Fachkenntnis erwerben

An die verschiedenen Rollen der Teilnehmer/innen waren nicht nur unterschiedliche Leistungsanforderungen, sondern auch unterschiedliche Ziele geknüpft. Zu den fachlichen Zielen gehörte, dass die Studierenden, nachdem sie in den früheren Semestern an unterschiedlichen Einführungen des zoologischen Systems teilgenommen haben, nun ins Detail gehen und ihre Kenntnisse vertiefen konnten.

Ein Gesamtbild konstruieren – ein psychomotorisches Lernziel

Die Studierenden lernten dadurch das komplette zoologische System zu verstehen, sie behandelten Themen und Tiergruppen, die im Grundpraktikum erstmal ausgespart geblieben sind (z.B. die vermeintlich „kleineren Tierstämme“, die alle auf Helgoland beobachtet werden können – Hufeisenwürmer, Spritzwürmer, Igelwürmer, Asselspinnen, …). Zudem lernten die Studierenden, wie man Stammbäume rekonstruiert oder erstellt. Dies zählt u.a. auch zu den psychomotorischen Lernzielen, da es sich um ein handwerkliches Verfahren handelt.

Übergreifende und soziale Kompetenzen

Die Studierenden lernten außerdem, was es bedeutet, auf engem Raum in kurzer Zeit als Team mit begrenzten Ressourcen dennoch zu repräsentativen Ergebnissen zu kommen. Dabei wurden bestimmte Fähigkeiten der Studierenden wie Kommunikations-, Problemlöse- und Teamfähigkeit trainiert und vertieft. Auf der Ebene der Kommunikation mussten die Teilprojektleiter/innen nicht nur mit ihrem Team, sondern auch mit den anderen Teilprojektleiter/innen und mit dem Gesamtleitenden (Statusberichte, Projektleitertreffen, Deadlines) zusammenarbeiten, sich koordinieren und gegenseitig unterstützen. Außerdem gehörte zu ihren Aufgaben die Zuordnung der Ergebnisse, die das jeweilige Team erarbeitete.

Praxisorientierung

Ein weiteres wesentliches Lernziel war die praktische Anwendung der Theorie in einem realitätsnahen Rahmen (unter realen Bedingungen), der in Zukunft auf die Lehrer/innen sowie die Wissenschaftler/innen zukommen wird. Sei es, dass die zukünftigen Lehrer/innen ähnliche Exkursionen mit ihren Schüler/inne/n auf Helgoland durchführen (dort gibt es mittlerweile ein Schülerlabor) oder dass die Wissenschaftler/innen eigene Forschungsgruppen am Lehrstuhl oder an anderen Forschungseinrichtungen leiten. Deshalb eignete sich die praxisorientierte Form der Lehrveranstaltung so gut. Aus meiner Perspektive war es enorm wichtig, dass die Studierenden zudem einen Blick „hinter die Kulissen“ einer biologischen Anstalt bekamen und sehen und erfahren konnten, wie Meeresbiologen arbeiten und wie die Arbeit an Langzeitstudien aussieht. Angehenden Lehrerinnen und Lehrern habe ich einen Blick hinter die Kulissen des Helgoländer Schülerlabors ermöglicht, so dass sie sich mit den Formalitäten und Abläufen vor Ort vertraut machen möchten, wenn sie bald mit eigenen Schulklassen die Insel besuchen möchten.

Disziplinspezifische Verhaltensweisen (habitualisierte Ethik)

Ein weiteres und sehr essenzielles Lernziel ist, dass die Studierenden lernen, Achtung vor der Natur zu haben. Als Biologe/in muss man die Tiere fangen, beobachten und dokumentieren – dazu gehört auch manchmal das Fixieren und Töten des Tieres. Die Studierenden erlernen, achtsam, konzentriert und koordiniert vorzugehen. Keines der zu untersuchenden Tiere darf leiden oder unnötig sterben. Es muss eine klare Kommunikation untereinander erfolgen, damit kein weiteres Tier derselben Art durch eine/n Teamkollegen/in zu Analyse- und Dokumentationszwecken getötet wird, obwohl ein anderer dies bereits getan hat. Außerdem muss nicht jedes Tier getötet werden, viele werden lebend frei gelassen, müssen aber in der Beobachtungs- und Dokumentationszeit artgerecht versorgt werden (bspw. Sauerstoffstein im Aquarium, geeignete Nahrung etc.).

Frage: Wie haben Sie die studentische Leistung bewertet?

Kern:

Je nach Rolle im Projekt wurden die studentischen Leistungen unterschiedlich bewertet. Das heißt, dass die Teilprojektleiter/innen eine andere Leistung erbringen mussten als die Projektmitarbeiter/innen.

Umsetzung:

Die Aufgabe für die Projektmitarbeiter/innen war es, eine Hausarbeit zu schreiben und einen schriftlichen Rahmen für die gefundenen Arten zu geben. Die Lehramtsanwärter/innen sollten im Projekt Artporträts erstellen und damit den Projektleitern Daten für ihre Hausarbeiten (= Projektberichte) liefern. Die Artporträts wurden standardisiert (jeweils 2 DIN A4-Seiten, wiss. Artnamen, Fundort, Lebensweise und den wichtigsten Bestimmungsmerkmalen). Hierzu wurden sämtliche Merkmale auch im Detail fotografiert und ein Bestimmungsschlüssel mithilfe von spezieller Literatur dazu erstellt. Im Grunde ist das Artportrait ein Steckbrief der einzelnen Tiere, die die Studierenden gefunden haben, bei dem sämtliche Merkmale gelistet werden. Im Jahr 2014 wurden so im Rahmen der Exkursion 187 Arten dokumentiert.

Die Aufgabe der Teilprojektleiter/innen (wissenschaftlich Interessierte) war, aus dem gelisteten „Wust an Daten“ Merkmale herauszuschälen, die sich für eine Stammbaumerstellung eignen. Es war unerheblich, wie viele Arten gefunden und somit dokumentiert wurden. Entscheidend war, ob die Studierenden aktiv mitgearbeitet haben und nicht wie viele Tierarten bestimmt worden sind. Eine weitere Aufgabe der Teilprojektleitenden war, ein landeskundliches Referat (z.B. zur geologischen Entstehung der Insel) zu halten.

Die Note am Ende setzte sich zu 75% aus der Hausarbeitsnote und zu 25% aus der Referatsnote zusammen. Die Projektmitarbeiter/innen (= angehende Lehrerinnen und Lehrer) bekamen am Ende der Veranstaltung eine unbenotete Teilnahmebescheinigung, wenn sie aktiv mitgearbeitet und unterstützt haben.

Frage: Worauf muss man bei der Durchführung einer Veranstaltung in Projektform aus Ihrer Sicht besonders achten? Was könnten mögliche Stolpersteine sein?

Kern:

Es ist wichtig, dass die Studierenden selbstständig ihre Arbeit machen, auch wenn dabei manchmal Fehler passieren. Das ist völlig in Ordnung, da sie auch aus Fehlern lernen. Der/die Lehrende muss den Überblick über alles behalten und immer Ansprechpartner bleiben, wenn die Studierenden bei Unsicherheiten eine Rückversicherung brauchen.

Umsetzung:

Ein Tipp ist, dass man im Vorfeld die Studierenden gut vorbereitet, somit kann man einige Fragen oder Unsicherheiten bereits im Vorfeld klären. Eines der vielen Beispiele dafür kann ich hier kurz erläutern: Nach der Ankunft auf der Insel habe ich mit jeder Gruppe einzeln eine ausgiebige Führung durch alle relevanten Räumlichkeiten der Biologischen Anstalt gemacht. Zudem wurde das gesamte für die jeweilige Gruppe wichtige Equipment gezeigt, sodass jede/r Studierende eine Orientierung hatte und Fragen direkt geklärt wurden.

„Wo dürfen wir überall hinein?“, „Was haben wir alles an Material zur Verfügung?“, „Wo sind die Aquarien?“, „Wo werden die Tiere hinterher wieder ins Wasser zurückgelassen, wenn man sie freilässt?“, „Wo stellen wir die Geräte hin, die wir mitgenommen haben?“, „Wo ist die Bestimmungsliteratur?“, „Wenn ich Algen pressen möchte, wo kann ich das machen?“ und so weiter. Alle diese Fragen hätte ich im Laufe der Exkursion doppelt und dreifach beantworten müssen, wenn ich nicht mit jeder Gruppe eine solche Einführung in alle Räumlichkeiten vor Ort gemacht hätte. Auch bei der Vorbesprechung in Bochum wurde nicht nur der Ablauf, sondern auch das Projekt inhaltlich besprochen. Diesem Muster folgte ich daher auch auf der Insel.

Da das Projekt, wie bereits erwähnt, mit begrenzten Ressourcen ausgestattet war, die Studierenden wenig Zeit hatten und auf engem Raum zu Ergebnissen kommen sollten, war eine Sorge, dass es zum „Lagerkoller“ kommen könnte. Durch Einplanung ausreichender Pausenzeiten, der Einsparung von „Sollzahlen“ („es müssen mindestens X Tiere beschrieben werden…) sowie durch die Tatsache, dass den Studierenden freigestellt wurde, wie sie sich die Arbeit einteilten, konnte ein großer Teil des Drucks genommen werden, der anderweitig vielleicht entstanden wäre.

Ein Lagerkoller hätte zum Stolperstein werden können, deshalb sollten Lehrende die Situation gut beobachten und eingreifen (z.B. über Konfliktmanagement), sollte es Anzeichen dafür geben. Eine gute Möglichkeit einem Lagerkoller vorzubeugen ist, vorausschauend den Druck zu reduzieren. Dafür ist es wichtig, dass man von den Studierenden nicht erwartet, dass sie pausenlos immer von 8 bis 18 Uhr durchgehend arbeiten, sondern der/die Gesamtleitende sollte genug Vertrauen in die selbstständige Arbeit der Studierenden haben und denen auch ruhig etwas zutrauen, insbesondere auch die Eigenbestimmung der Tätigkeiten und Zeiten.

Außerdem haben wir zu Beginn klare Regeln formuliert, zum Thema „Sicherheit“ und auch besonders zum Thema „Achtung vor der Natur“. Die Studierenden sollten dann selber wissen, wie viel Material vorhanden ist, welche Tiere wie versorgt werden müssen, wie welcher Arbeitsschritt gekennzeichnet wird etc. Bei Fragen steht ein/e Gesamtleitende/r jederzeit zur Verfügung.

Ein weiterer Stolperstein, der sich ergeben kann, ist der so genannte „Stille-Post-Effekt“. Das heißt, es bekommen nicht immer alle alles (jede Info) in gleichem Ausmaß mit. Da muss die/der Lehrende für eine eindeutige und für alle gleichermaßen zugängliche Kommunikation sorgen. Der/die Gesamtleitende leitet die wichtigen Infos (bspw. Statusberichte) regelmäßig an die Teilprojektleiter/innen weiter, die wiederrum die Infos rechtzeitig an das jeweilige Team weitergeben. Es braucht also eine gute Mischung von Struktur und Freiraum und vor allem muss jede Regelung allen Studierenden gleichermaßen bewusst / bekannt sein. Das Schaffen von Transparenz, z.B. durch gemeinsame Meetings oder einem eingerichteten Schwarzen Brett mit dem Tagesprogramm (z.B. im Frühstücksraum), hilft da sehr.