Wie können Lehrende ihre Studierenden beim Lernen unterstützen?
Sie als Lehrperson können die Studierenden bereits ab der ersten Seminarsitzung im Semester dabei unterstützen, ihr Lernverhalten zu optimieren. Hierfür ist es hilfreich, wenn Sie mit den Studierenden einen Arbeitskontrakt schließen: Tauschen Sie die wechselseitigen Erwartungen an das Miteinander und an die inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Thema der Lehrveranstaltung aus. Welche Ziele sind mit den einzelnen Sitzungen verknüpft? Wie wird miteinander gearbeitet, welche Methoden kommen zum Einsatz? Was erwarten Sie von den Studierenden und was können diese von Ihnen erwarten? Auch die Umkehrung der Wünsche und Zielvorstellungen kann hilfreich sein, um den Rahmen für das Lernen abzustecken: Was sollte in der Lehrveranstaltung auf keinen Fall passieren? Was muss passieren, damit das Lernen zum Misserfolg führen wird? Fragen wie diese irritieren zunächst und lassen einzelne erstmal schmunzeln. Doch die Umkehrung der Antworten führt zum Ziel und kann zu einer guten Zusammenarbeit und zur Sammlung von Gelingensfaktoren fürs Lernen beitragen. Nehmen Sie sich gemeinsam Zeit – es können zum Beispiel 15 Minuten der ersten Sitzung sein, um über den Lernprozess und damit über die nächsten Schritte und den Verlauf des Semesters zu sprechen.
Um Lernende in ihrem Lernen zu unterstützen, kommt Ihnen als Lehrperson die Rolle des Lernbegleiters bzw. der Lernbegleiterin zu: „Zwar ist das Lernprodukt immer Ergebnis einer Eigenleistung, nicht so aber der Lernprozess. Hier können andere – Lehrende (…) – wichtige Teilfunktionen übernehmen: die Zeitplanung, die Festlegung der Lernschritte, die Formen der Lernüberprüfung“ (Kaiser 2003, S. 17, Hervorhebungen im Original). Lernbegleiter*in zu sein bedeutet, Hilfe zur Selbsthilfe zu geben. Damit ist kein „an die Hand nehmen“ gemeint. Vielmehr geht es darum, Studierende durch „verständliche Erklärungen, zielbezogene Anleitungen und sachlich wertschätzende Rückmeldungen (…) dabei [zu unterstützen], Selbstverantwortung zu übernehmen“ (Pfäffli 2015, S. 22). Sie eröffnen und halten einen Raum, in dem sich die Lernenden entfalten können, sich trauen zu agieren, während Sie Als Lernbegleiter*in (auch Lerncoach genannt) für Rückfragen zur Verfügung stehen und bei Bedarf Hilfestellungen geben.
Das Kompetenzerleben der Studierenden steigern
Es gibt eine Fülle an Möglichkeiten, wie Sie das Kompetenzerleben der Studierenden in Ihrer Lehrveranstaltung steigern können. Schauen Sie gern, welche der folgenden Möglichkeiten passend und umsetzbar sind:
Lehrende können Studierende fördern durch
- Methodenworkshops zur Unterstützung der Performanz selbstgesteuerten Lernens
- Gestaltung des Lernmaterials: didaktisch aufbereitete Lehrbücher oder Skripte
- Kommunizieren von klaren und transparenten Zielvorstellungen sowie die passende Prüfungsgestaltung
- konstruktives Feedback
- Etablierung einer Fehlerkultur: Machen Sie deutlich, dass viele Wege zum Ziel führen können und schaffen Sie Platz für kreatives Vorgehen. Lernen bedeutet auch, Umwege und „Sackgassen“ zu reflektieren: Warum hat dieser Schritt nicht funktioniert? Was kann ich anders machen?
Um das Nachdenken über einen Inhalt anzuregen, kann die Kopfstandmethode hilfreich sein. Mit ihr können gewohnte Vorgehensweisen in Frage gestellt werden, um neue Impulse sammeln zu können. So wird ein Lernen durch bewusste Irritation und durch Umkehrung vertrauter Ansichten angeregt. - Immer wieder Lernstopps in der Lehrveranstaltung einbauen, damit Studierende die behandelten Inhalte für sich reflektieren können
- die Möglichkeit zur Selbstbewertung: „Durch die Rückmeldung, dass man sich in einem Bereich gesteigert bzw. durch eigene Anstrengung Fortschritte erzielt hat, wird die Wahrnehmung des eigenen Könnens und Vermögens erst bewusst und kann so die Selbstwirksamkeitsüberzeugung der Lernenden positiv beeinflussen“ (Zumbach, Astleitner 2016, S. 121).
- Einsatz von Gamification-Elementen in der Lehrveranstaltung: Das Sichtbarmachen von Teilerfolgen und das Abbilden des Lernfortschritts und sofortiges Feedback können selbstgesteuertes Lernen fördern und dabei helfen, auch komplexe Lernziele zu erreichen.
- Warten: Wenn Studierende nicht sofort auf eine Frage oder Aufgabe reagieren, dann warten Sie ab, egal wie ungewohnt es sich anfühlt für Sie. Für die ersten Versuche können Sie sich einen stillen Timer stellen, z.B. auf zwei Minuten. In diesen bleiben Sie ruhig, auch wenn sich bei Ihnen ein Gefühl von Kontrollverlust einschleicht. Der Effekt ist, dass die Studierenden spüren, dass sie Raum haben, und so in die Selbständigkeit kommen. Ein „Nachschieben“ weiterer Fragen nach wenigen Sekunden wäre kontraproduktiv.