Wie können Studierende ihr Lernverhalten optimieren?

Erfolgreiche selbstgesteuerte Lernprozesse setzen Lernkompetenzen und -techniken voraus. Selbstgesteuertes Lernen beinhaltet „(…) eine Vielfalt an kognitiven, metakognitiven, motivationalen, volitionalen und affektiven Prozessen und deren Wechselwirkungen“ (Zumbach, Astleitner, S. 130).
Die folgende Tabelle gibt Ihnen einen Überblick beispielhafter Kompetenzen und Techniken, die das Lernen unterstützen:

Was

Wie

Kognitive Kompetenzen
zum Erwerb von Wissen

-Lesestrategien anwenden

-Wissen recherchieren

Wissen mit Praxis verknüpfen

Methodische Handlungskompetenzen
zur Bearbeitung von Aufgaben

Lernsituation analysieren (Aufgabe, Kontext, Anspruch)

-Methoden auswählen, anwenden, anpassen

-Lösungen prüfen

Soziale Kompetenzen
fürs Lernen im Team

-zuhören

-Arbeit organisieren

Fähigkeiten aller Gruppenmitglieder nutzen

Personale Kompetenzen
zur Reflexion des Lern- und Arbeitsprozesses

-Soll-Ist-Vergleich vornehmen

-Strategien anpassen/nachjustieren

-Lernprozess zielbezogen planen und evaluieren

Nutzen interner Ressourcen

-sich motivieren

Zeitmanagement

-mit Misserfolg umgehen

Nutzen externer Ressourcen

-Literatur, geeignete Medien nutzen

Unterstützung holen bei Kommiliton*innen, Lehrenden, Studienberatung

 eigene Darstellung nach der Vorlage von Pfäffli, S. 253

 

Eigene Stärken (er)kennen und benennen

Lernen lernen bedeutet, (Lern-)Ziele klar zu benennen und Wege zu definieren, wie diese mit den persönlichen Ressourcen, die zur Verfügung stehen, erreicht werden können. Hierzu ist es sinnvoll und gewinnbringend, sich die eigenen Stärken vor Augen zu führen: Was unterstützt mich beim Lernen? Was kann ich gut?
Gelingendes Lernen ist kein Zufallsprodukt – es ist eine Anforderung an Lernende, das Lernen bewusst zu organisieren: Dazu gehört, Meilensteine zu definieren, getreu der Devise: „Was mache ich, wozu, wie und bis wann?“ Hierfür bieten sich verschiedene Formate der Visualisierung an, um das Lernen zu lenken und zu strukturieren. Zusätzlich kann es hilfreich sein, den Inhalt, um den sich das Lernen dreht, aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten bzw. andere Perspektiven einzubeziehen: Weg vom „Solopfad“ bzw. dem Tunnelblick: „Ich muss mich mit dem Thema auseinandersetzen. Ich muss zusehen, dass …“ hin zu einer dialogischen Auseinandersetzung mit der Thematik, der Auseinandersetzung mit einem Gegenüber zu einem Inhalt. Folgende beispielhafte Fragen sind dabei hilfreich: „Wie würde ich meiner Kommilitonin das Thema erklären? Was könnte sie mich fragen und was würde ich antworten?“ Durch die Beantwortung solcher Fragen können Lernende neue Impulse für ihr Lernen gewinnen.

 

Prokrastination – „Morgen ist auch noch Zeit!“

Zum Lernen lernen zählt auch, mit Lernwiderständen und individuellen „Ablenkmanövern“ umzugehen. Manchmal scheint einfach der Wurm drin zu sein. Dann fällt es schwer, Aufgaben zeitlich und inhaltlich zu erledigen. „Lern- und Leistungsmotivation steht zumeist direkt im Zusammenhang mit der Aufnahme und Aufrechterhaltung von Wissenserwerbsprozessen. Dass dies nicht immer gelingt, zeigt das Beispiel der Prokrastination“ (Zumbach, Astleitner 20016, S. 121). Der Begriff stammt aus dem Lateinischen und bedeutet vertagen. Konrad und Traub stellen heraus, dass das Vertagen „(…) besonders bei Personen zutage tritt, die hauptsächlich selbstgesteuert arbeiten“ (Konrad/Traub 2018, S. 171). Hierzu zählen auch Studierende. Nachfolgend stellen wir Ihnen beispielhafte Techniken aus der Lern- und Motivationspsychologie vor, die einen reflektierten Umgang mit dem Thema Prokrastination ermöglichen und die dem selbstgesteuerten Lernen Struktur geben:

  • Anfangen
    „Das Gegenteil von Aufschieben ist Anfangen. Hilfreich ist es, vorab drei Fragen zu klären: wann, wo und wie. Zum Beispiel: Morgen will ich um 9 Uhr in die Bibliothek., dazu muss ich den Bus um 8.30 Uhr nehmen.“
  • Einstieg ritualisieren
    Richten Sie beispielsweise vor Inangriffnahme den Arbeitsplatz her und legen die benötigten Materialien bereit, damit Sie nicht ständig während der Bearbeitung aufstehen müssen. „Erstens hat (das] Ritual einen vorbereitenden Charakter für das, was gleich kommt; zweitens weist es ein natürliches Ende auf“.
  • Aufgaben einteilen
    Um nicht vom Gesamtumfang einer Aufgabe „überrollt“ zu werden ist es hilfreich, Teilaufgaben zu definieren, die aus kleinen, gut handhabbaren Schritten bestehen. Das Anfertigen einer To-Do-Liste mit diesen kleinen Schritten kann zur Inangriffnahme motivieren, da die Aufgaben gut machbar erscheinen. Erledigte Aufgaben auf der Liste abhaken zu können, kann ein weiterer Ansporn sein.
  • Pausen machen und Grenzen ziehen
    Wer kennt das nicht: Sie haben sich den ganzen Tag für die Erledigung einer Aufgabe reserviert und sitzen abends noch immer vorm leeren Blatt oder haben noch gar nicht angefangen. Die Aufnahmefähigkeit ist schnell ausgereizt. Manchmal reicht es schon aus, regelmäßige Unterbrechungen einzuplanen – den Raum zu lüften, etwas zu trinken und in Bewegung zu kommen. Die körperliche Bewegung bringt anschließend auch den Geist wieder in Schwung.

beispielhafte Techniken zur Überwindung der „Aufschieberitis“ – aus Konrad/Traub, S. 174, 175

Autor*innen

  • Kristina Boosmann, stellvertretende Leiterin des Bereichs Hochschuldidaktik im Zentrum für Wissenschaftsdidaktik, Ruhr-Universität Bochum, kristinaboosmann
  • Nina Lütjerodt, ist Mitarbeiterin im Bereich der Hochschuldidaktik im Zentrum für Wissenschaftsdidaktik an der Ruhr-Universität Bochum. Arbeitsschwerpunkte: Feedback, kooperatives Lernen.
  • Julia Philipp, Mitarbeiterin im Zentrum für Wissenschaftsdidaktik der Ruhr-Universität Bochum; tätig u.a. zu den Themen Prüfen und Evaluieren & Feedback, juliaphilipp

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