Ziele durch den Einsatz von Learning Analytics
Mit dem Einsatz von Learning Analytics soll das Lernen von Studierenden unterstützt werden. Dies kann einerseits über das direkte Lernfeedback durch Learning Analytics an die Studierenden erreicht werden. Andererseits kann Learning Analytics die Lehrevaluation unterstützen und damit den Lernerfolg der Studierenden unterstützen, indem die Lehrperson die Qualität des Lernangebots erhöht. Diese Ziele können durch Learning Analytics in den unterschiedlichen Einsatzebenen (Mikro-, Meso- und Makroebene) erreicht werden.
Learning Analytics für Lernfeedback
Sie als Lehrperson können Learning Analytics für das Lernfeedback, im Sinne einer individuellen Rückmeldung des Lernstands oder zusätzliche Lernempfehlungen einsetzen. Ihre Studierenden erhalten beispielsweise durch deskriptive Auswertungen zu ihrem Lernverhalten und ihre Lernleistungen eine Rückmeldung zu ihrem aktuellen Lernstand. Dies kann beispielsweise über Grafiken erfolgen (vgl. vier Grafiken oben links in Abbildung 1) Didaktisch wünschenswert ist dabei nicht nur die situative Darstellung des aktuellen Lernstandes, sondern auch die direkte Darbietung passgenauer Handlungsempfehlungen, sogenannte „Actionable Insights“ (Susnjak et al., 2022).
Ein Beispiel: Ein Student könnte die für ein Seminar zu lesenden Texte in den ersten beiden Wochen des Semesters nicht heruntergeladen haben. Dies könnte ein Indiz dafür sein, dass der Student die Texte zur Vorbereitung nicht gelesen hat und so der Diskussion im Seminar ggf. nicht gut folgen konnte. Ein Learning-Analytics-System könnte den Studenten hierauf hinweisen und empfehlen, die Texte für die kommende Seminarsitzung zu lesen. Falls der Student das Verhalten im weiteren Verlauf nicht verändert, könnte das Learning-Analytics-System zudem auf Angebote für Workshops zu Lerntechniken hinweisen.
Zu berücksichtigen ist, dass die digitalen Lern- und Verhaltensdaten nur als Indizien für mögliche Probleme im Lernprozess zu verstehen sind und von den Studierenden im Kontext ihrer persönlichen Gesamtsituation reflektiert werden müssen.
Abbildung 1: Learning Analytics Dashboard für Studierende (Sedrakyan et al., 2022, S. 16)
Learning Analytics zur Lehrevaluation
Learning Analytics kann auch für Sie als Lehrperson ein Baustein der Lehrevaluation darstellen. Da in Learning Analytics insbesondere Lernaktivitäten der Studierenden in digitalen Lernumgebungen ausgewertet werden können, können Sie die Qualität Ihrer Lehre nur indirekt oder bezogen auf das bereitgestellte Online-Lernmaterial evaluieren. Ein Beispiel hierfür könnten wöchentliche Quizze in Moodle sein, die die Studierenden lösen sollen. Fallen die Ergebnisse in einer Woche besonders schlecht oder auch auffallend gut aus, kann dies für Sie ein Anlass zur genaueren Analyse sein. Die Gründe für diese Veränderung können vielfältig sein, sodass das Quiz einfach besonders schwer oder leicht war und auch Variablen außerhalb Ihrer eigenen Lehrveranstaltung, wie eine Abgabe in einem anderen Kurs, können die Abweichung begründen. Möglich kann auch sein, dass Sie als Lehrperson die Studierenden beim Erreichen des Lernziels nicht wie intendiert unterstützen konnten und Sie zusätzliche, passgenaue Lernangebote bereitstellen sollten. Learning Analytics kann für Ihre eigene Lehrevaluation somit ein quantitatives Indiz für Ihre situative Lehrqualität liefern. Auf Grundlage dieses Indizes können Sie bei Bedarf zusätzliche qualitative Analysen und Reflexionen vornehmen, um der Ursache auf Ausschläge in die positive wie auch negative Richtung auf den Grund zu gehen.
Learning Analytics und Künstliche Intelligenz
In einer Zeit, in der große Sprachmodelle und Künstliche Intelligenz niedrigschwellig verfügbar sind, lässt sich die Frage stellen, ob Learning Analytics überhaupt noch notwendig ist und somit eine Zukunft hat. Das Argument könnte sein, dass Sprachmodelle oder lerndatenanalysierende KI-Systeme den Lernstand feststellen und direkt individuelle Lernaufgaben anbieten könnten. Allerdings funktionieren KI-Systeme häufig auf Basis statistischer Wahrscheinlichkeiten und liefern Ausgaben, die auf Mustern in großen Datenmengen basieren. Dabei reproduzieren diese Muster häufig den Bias in den Daten und in Bezug auf das Lernen kann die Individualität der Lernenden nicht gut berücksichtigt werden. Insbesondere Studierende, die von der Norm abweichen, können von KI-Systemen nur schlecht passgenau adressiert werden. Learning Analytics hingegen ermöglicht eine gezielte, kontextuelle Analyse, die spezifische Korrelationen und Muster innerhalb von Bildungsprozessen berechnet. Während KI-gestützte Technologien unterstützend wirken können, bleiben korrelativ oder sogar kausal berechnete Learning Analytics auch in Zeiten von KI ein wichtiges Werkzeug, um valide Einblicke in Lernprozesse zu gewinnen. Der Kombination beider technologischer Ansätze wird aktuell das größte Bildungspotenzial zugeschrieben, indem durch Learning Analytics die systematische Analyse erfolgt und durch generative KI passgenaue Lernmaterialien entwickelt werden.