CATs im Überblick
CATs können an beliebigen Punkten des Lehr-Lernprozesses ansetzen, von den Lernvoraussetzungen bis zur Prüfung.
Im Mittelpunkt der Abbildung 1 steht ein lernzielorientiertes konstruktivistisches Verständnis von Lehren und Lernen: Lernen setzt bei den Lernvoraussetzungen der Lernenden an. Damit sind einerseits die fachlichen Kompetenzen der Lernenden gemeint, über die sie bereits verfügen, aber auch ihre methodischen: Lernende, die noch nie eine Gruppenarbeit erlebt haben, bringen beispielsweise für diese Methode besondere Voraussetzungen mit, z.B. könnte es sein, dass sie in dem Fall mit einem Gruppenarbeitsauftrag überfordert wären. Sie als Lehrende/r sollten dies nicht unbeachtet lassen.
Der Lernprozess selbst ist im Sinne eines systemisch-konstruktivistischen Ansatzes (exemplarisch Arnold 2012) ein Prozess aktiven Konstruierens seitens der Lernenden, der damit allen Effekten lebendiger Systeme unterliegt (Wirkungsoffenheit, Nicht-Determinierbarkeit, Kontextabhängigkeit, Selbstreferenzialität, Autopoiesis etc.). Als solcher kann er damit nicht von Ihnen gelenkt, sondern nur unterstützt werden. Dies geschieht durch (didaktische) Kommunikation, die selbst wiederum ein lebendiges System darstellt. Entsprechend ist es eher wahrscheinlich als unwahrscheinlich, dass die Ziele, welche Sie für einen Lehr-Lernprozess gesetzt haben (Lernziele), von dem abweichen, was tatsächlich von den Lernenden gelernt wurde (Lernergebnisse/Outcomes). Die Schnittmenge von Lernzielen und Lernergebnissen könnte man dann als „Lernerfolg“ bezeichnen. Prüfungen beziehen sich häufig eher auf Lernziele als auf Lernergebnisse. Die unterschiedlichen Rahmenbedingungen, die es in einer Hochschule gibt, beeinflussen auch die Auswahl einer CAT: Ein Hörsaal mit 500 Studierenden ermöglicht andere Methoden und Lernziele als ein Kolloquium mit 15 Teilnehmern.
An allen diesen Punkten können CATs nun prinzipiell ansetzen und untersuchen, welche Verbesserungen für das gemeinsame Lehren und Lernen möglich sind. Prinzipiell werden CATs dabei den im vorigen Kapitel beschriebenen Merkmalen folgen. Bei der genauen Gestaltung können Sie sich überlegen inwieweit sich offene Fragen oder (geschlossene) Skalen eher im Sinne von „multiple choice“ als sinnvollerer Zugang zur erwünschten Information und für das Feedback erweisen und inwieweit Metakognitive Fragen einbezogen werden sollen. Metakognitive Fragen sind solche, die Denk- oder Lernprozesse selbst zum Inhalt haben. Sie können die Studierenden beispielsweise bitten, eine Fragestellung nicht nur zu bearbeiten, sondern zusätzlich (metakognitiv) zu kommentieren (was sie daran als Herausforderung, was als einfach erlebt haben oder wie sie die Qualität ihrer Antwort selbst einschätzen würden und warum).
Einige der aufgeführten CATs sind in der nachfolgenden Tabelle erläutert. Diese werden im Beitrag von Walzik im Neuen Handbuch Hochschullehre (2009) beschrieben.
Objekt der Evaluation | Name | Durchführen | Auswerten | Zeitansatz |
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Lernvoraussetzungen
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Studierende skizzieren zu Beginn der Veranstaltung oder des Einzeltermins ihre Mind-Map zum geplanten Thema |
Sichten und besprechen der Ergebnisse. Besonderer Schwerpunkt kann auf die Bereiche gelegt werden, in denen die Ergebnisse sehr homogen oder sehr heterogen sind. |
Mittel |
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Studierende skizzieren im Verlauf der Veranstaltung Mind-Maps zum Thema. |
Sichten und besprechen der Ergebnisse. |
Gering bis mittel |
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Eingangstests |
Studierende bearbeiten vor der Besprechung eines Themas einen vorbereiteten Test, der das vorhandene Wissen zu diesem spezifischen Thema abfragt |
Je nach Art des Tests (digital, multiple-choice, Freitextantworten, …) unterschiedlich. Ergebnisse können mit den Studierenden besprochen werden. |
Mittel |
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Lernen als aktives Konstruieren
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Dynamische Frageliste |
Studierende reflektieren immer wieder 5 Min. über Fragen, die sie zur LV haben. „Alte“ Fragen, die beantwortet sind, werden abgehakt. |
Um Einblick in die DFL bitten (ggf. kopeiren), Lernentwicklung zurückspiegeln. |
Gering bis mittel |
Ketten-Brief oder Ketten-Notiz (s. unten bei Lernerfolg) |
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Studierende führen kontinuierlich ein Journal zu ihren Arbeitstechniken und Lernstrategien oder beantworten regelmäßig einen Fragebogen zu diesen Themen |
Sichten, Ergebnisse vorstellen und besprechen |
Mittel bis hoch |
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„Schwammigster Punkt“ |
Ähnlich Minutenpapier, jedoch nur eine Frage an die Studierenden: „Was haben Sie nicht verstanden und was könnte Ihr Verständnis verbessern?“ |
Zur darauffolgenden LV durchlesen, Feedback geben, Klärungen, Vertiefungen anbieten. Falls viele das gleiche Problem haben: anderen Erklärungsansatz wählen. |
Gering |
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Problemlösungen reflektieren |
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Studierende füllen eine Checkliste zu den behandelten Punkten eines Veranstaltungstermins und ihren positiven und negativen Effekten auf den Lernerfolg aus. |
Ergebnisse sichten und besprechen in einem offenen Gespräch |
Gering |
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Praxisartikel |
Die Studierenden schreiben in den letzten 15 Min. einen kurzen Zeitungsartikel wie ein Inhalt der Lernvoraussetzung in der Praxis Anwendung findet. Alternativ: wie Inhalte der Lernvoraussetzung zu ihrem Studium passen. |
Artikel sortieren, einige in der nächsten Lernvoraussetzung vorlesen, zeigen wie unterschiedlich tief das Verständnis ist. Klärungen. |
Mittel |
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Rahmenbedingungen
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Studierende beantworten drei Fragen zur LV: Gewünschte Neuerungen, gewünschte Weglassungen, gewünschte Weiterführungen und begründen bei Bedarf |
Vorschläge lesen und besprechen. |
Mittel |
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Jede*r Studierende verfasst einen Brief an einen TN der LV des kommenden Semesters und berichtet darin das Wesentliche |
Briefe sichten und besprechen |
Mittel |
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Eine Frage wird in den Raum gestellt und die Studierenden beantworten sie reihum. Achtung: Diese Methode ist nicht anonym. Sie kann jedoch anonymisiert werden, indem nicht reihum gesprochen wird, sondern die Antworten auf Papier geschrieben und eingesammelt werden. |
Reflexion zu den Antworten der Studierenden. Bei schriftlicher Bearbeitung: Sichten und Ergebnisse besprechen |
Gering |
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Briefkasten für Vorschläge |
Briefkasten für anonyme Verbesserungsvorschläge zur LV |
Vorschläge lesen und besprechen. |
Gering bis mittel |
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Lernerfolg
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Formative Lernerfolgsprüfung |
Studierende bearbeiten nach der Besprechung eines Themas einen vorbereiteten Test, der das Wissen zu diesem spezifischen Thema abfragt. |
Je nach Art des Tests (digital, multiple-choice, Freitextantworten, …) unterschiedlich. Vorgefundene Lücken können in den folgenden Terminen erneut bearbeitet werden. |
Mittel |
RSQC2 (recall, summary, question, connect, comment) |
Studierende formulieren eine Zwischenbilanz ihrer persönlichen Lernergebnisse anhand von fünf Aspekten. |
Antworten sichten, vergleichen, Klärungen bei Fragen, Ergebnisse mit der Gruppe teilen |
Mittel bis hoch |
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Studierende beantworten schriftlich Fragen zu den folgenden Aspekten: wichtigste Erkenntnisse/Gedanken, Absichten, konkrete Umsetzung, mögliche Hindernisse zur Umsetzung |
Studierende tauschen sich zu zweit oder in Gruppen zu ihren Antworten aus oder/und teilen ihre Gedanken im Plenum. Die individuellen Antworten werden nicht eingesammelt und von der Lehrperson ausgewertet. |
Gering |
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Studentische Klausuraufgaben |
Studierende formulieren in Gruppen Aufgaben für die Klausur (ggf. inkl. Anwort). |
Sortieren, Tiefe des Verständnisses aufzeigen, ggf. tatsächlich für Klausur nutzen. |
Mittel |
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Minutenpapier |
Während der letzten Minuten der Lehrveranstaltung (LV) bitten Sie die Studierenden, auf etwa einer halben A4-Seite festzuhalten: „Das Wesentliche, was ich heute gelernt habe und was ich am wenigsten verstanden habe.“ |
Zur darauf folgenden LV durchlesen, Feedback geben, Klärungen, Vertiefungen anbieten |
Gering |
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Ketten-Brief oder Ketten-Notiz |
Einen Umschlag herumgehen lassen mit einer Frage zum Inhalt der LV. Die Studierenden antworten je kurz und geben den Umschlag weiter. |
Antworten sortieren, in der nächsten LV als Ausgangspunkt zu vertiefender (Verständnis-)Diskussion nutzen.
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Gering |
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Prüfung
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Test-Klausuren |
Die Studierenden bearbeiten eine Klausur und lernen dabei den Stil und die Arten der Fragen kennen. Zusätzlich kann die Prüfungssituation simuliert werden (Zeitangaben, Stille, zugelassene Hilfsmittel, etc) |
Die Ergebnisse der Klausur können zur Prüfung des Lernerfolgs ausgewertet und mit den Studierenden besprochen werden (sh. Formative Lernerfolgsprüfung). |
Mittel bis hoch |
Klausurbewertungen (bei Walzik auch Klausurevaluation) |
Studierende kommentieren alte Klausuraufgaben: „Was ist daran schwer, leicht, etc.?“ Auch Metakognition: „Wie würde ich vorgehen?“. |
ggf. Klausuraufgaben anpassen, Lösungsstrategien (Metakognitionen) thematisieren. |
Mittel |
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„Klausurtipps“ (bei Walzik auch Lernreflexion zur Klausur) |
Die Studierenden beantworten Fragen zu ihrem Lernprozess und reflektieren vergangene Klausuren |
Ergebnisse sichten und besprechen |
Gering bis mittel |
Tabelle 1: Erläuterungen zu den in der Grafik erwähnten CATs. Quelle: Paula Ruppert, Ruhr-Universität Bochum, 2025.