Gestaltungsprinzipien für Prüfungsaufgaben
Die konkrete Gestaltung von Fragen und Aufgaben für Prüfungen kann eine Herausforderung darstellen – insbesondere, wenn die Learning Outcomes auf einer komplexeren Taxonomiestufe formuliert wurden. Denn dann bedarf es Fragen bzw. Aufgaben mit neuen Formulierungen, Ideen oder Darstellungsweisen, die Ihre Studierenden vorab nicht auswendig lernen konnten.
Allgemeine Prinzipien für schriftliche Prüfungen
- Vermeiden Sie Fangfragen, Fragen nach subjektiven Meinungen sowie übertrieben allgemein oder spezifisch formulierte Aussagen.
- Nutzen Sie so kurze und so einfache Formulierungen wie möglich.
- Sparen Sie an Verneinungen und vermeiden Sie doppelte Verneinungen.
- Stellen Sie für die bessere Vergleichbarkeit der Leistungen keine freiwilligen Zusatzaufgaben.
- Lassen Sie Ihre Prüfungsaufgaben von Kolleg*innen auf sprachliche Fehler, Rechtschreibfehler oder inkonsistente Formatierungen sowie missverständliche Formulierungen checken.
- Teilen Sie den Studierenden die erreichbare Punktzahl pro Aufgabe und pro Klausur mit.
Prinzipien für offene Fragen
- Geben Sie den Umfang der erwarteten Antwort an.
- Erstellen Sie vorab ein exaktes Kriterienraster zur Punktevergabe.
- Punkte für die Bewertung eines Sachverhalts sollten Sie danach vergeben, wie gut und wie umfangreich die Antwort Bezug auf relevante Argumente und empirische Befunde nimmt.
- Punkte für die inhaltliche Qualität der Antwort und für die technische Qualität der Antwort sollten Sie zunächst unabhängig voneinander vergeben.
- Eine Prüfung mit mehreren kürzeren Aufgaben ist besser als eine Prüfung mit wenigen längeren Aufgaben.
- Sichten Sie vor der eigentlichen Bewertung einige studentische Antworten, um ein Gefühl für die zu bewertenden Lösungen zu bekommen.
- Bewerten Sie nach Aufgaben, nicht eine gesamte Klausur nach der anderen (erst alle Antworten einer Aufgabe bewerten, dann alle Antworten zur nächsten Aufgabe).
- Teilen Sie unter mehreren Prüfenden nicht die Klausuren auf, sondern die Aufgaben zur Bewertung.
Prinzipien für Fragen im Antwort-Wahl-Verfahren („Multiple Choice-Aufgaben“)
- Nutzen Sie keine Antwortalternativen, die sich aufeinander beziehen und daher nicht unabhängig voneinander sind.
- Viele Antwortalternativen erhöhen die Qualität der Aufgabe, sofern alle plausibel klingen[1].
- Verwenden Sie die typischen Fehler und Misskonzepte Ihrer Studierenden als falsche Antwortalternativen, wenn Sie diese durch regelmäßige Lernstanderhebungen in der Lehrveranstaltung, z.B. durch die Nutzung von Feedback-Methoden, identifiziert haben.
- Die Position der korrekten Antwort sollte zwischen Aufgaben zufällig variieren.
- Antwortalternativen innerhalb einer Aufgabe sollten in ihren Längen und in ihrem Schreibstil ungefähr vergleichbar sein.
- Prüfen Sie vorher, ob Sie unbeabsichtigte Hinweise auf die korrekte Antwortalternative geben.
[1] Eine Metaanalyse zeigt, dass in vielen Fällen nur insgesamt drei Antwortalternativen plausibel sind und eine vierte Alternative die Qualität der Aufgabe nicht weiter erhöht (Rodriguez 2003).
Quellen
Michael Schneider, Maida Mustafi? (Hrsg.) (2015). Gute Hochschullehre: Eine evidenzbasierte Orientierungshilfe. Wie man Vorlesungen, Seminare und Projekte effektiv gestaltet. Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015. S. 125 – 128.
Rodriguez, M. C. (2003). Construct equivalence of multiple-choice and constructed-response items: A random effects synthesis of correlations. In: Journal of Educational Measurement, 40(2), 163–184. doi:10.1111/j.1745-3984.2003.tb01102.x.