Das Umweltgutachten als Ergebnis einer Projektstudie

Worum geht’s?

Im Rahmen des Moduls „Messen und Modellieren II“ im Masterstudiengang Geographie wird die Wahlpflichtveranstaltung „Umweltverträglichkeitsstudie im Straßenbau“ angeboten. Der Kurs ist in das innovative Lehrkonzept „Lerntandems und Projektstudie zur ökologischen Fachplanung“ eingebettet, das in der Pilotphase als „lehrreich“-Projekt gefördert wurde. Die Studierenden lernen die Umweltverträglichkeitsstudie (UVS) als Instrument der Ökologischen Begleitplanung im Straßenbau kennen und erstellen ausgehend davon ein Umweltgutachten. Dabei müssen sie sich fachlich begründet auf ein Bewertungsverfahren festlegen, um sich mit der Problemstellung „Bewertung der Auswirkungen eines Straßenbauprojektes auf die Umwelt“ auseinanderzusetzen.

Lehr- und Lernziele der Veranstaltung:

Die Studierenden …

  • lernen Methoden der ökologischen Raumanalyse und -bewertung sowie der planerischen Modellierung für die Auswirkungsprognose kennen und geben eine gutachterliche Empfehlung für die aus Umweltsicht zu präferierende Straßenführung
  • erarbeiten die Bestandsbewertung und Auswirkungsanalyse durch Einsatz Geographischer Informationssysteme (GIS) und stellen die Ergebnisse GIS-gestützt in Form von Karten dar
  • reflektieren den Gruppenarbeitsprozess.

Wie läuft die Prüfung ab?

Anhand eines fiktiven Straßenbauvorhabens erhalten die Studierenden den Auftrag, ein Umweltgutachten zu erstellen. Zur erfolgreichen Bearbeitung des Auftrags ist es notwendig, dass sie zunächst die floristischen, faunistischen und klimatologischen Kartierungen auswerten, die von ihnen bereits in den Kursen Messen und Modellieren I durchgeführt wurden. Bei der Datenauswertung lernen die Studierenden innovative Ansätze der ökologischen Landschaftsanalyse und -bewertung sowie GIS-gestützte Werkzeuge und Methoden kennen. Die Leistungsüberprüfung bezieht sich zum einen auf die mit GIS erstellten Karten sowie auf die Zwischenergebnisse der Bestandsbewertung und Auswirkungsanalyse, die im Rahmen von Gruppenpräsentationen vorgestellt werden. Dazu erhalten die Studierenden eine Bewertung und Rückmeldung von den Lehrenden und Kommiliton*innen, so dass sie fachliche Hinweise und andere Verbesserungsvorschläge im weiteren Prozess umsetzen können. Zum anderen werden die schriftlichen Gutachten bewertet, die die Ergebnisse der gesamten Umweltverträglichkeitsstudie umfassen. Die Leistungsbewertung umfasst schließlich auch die Peer-Evaluation, in deren Rahmen die Studierenden sich gegenseitig im Hinblick auf die Zusammenarbeit innerhalb der Arbeitsgruppen bewerten.

Was ist das Ziel Ihrer Prüfung? Welche Kompetenzen überprüfen Sie?

Entsprechend der Lehrziele der Veranstaltung werden die beiden zentralen fachlichen Kompetenzen, die im Rahmen einer Umweltverträglichkeitsstudie zum Tragen kommen, überprüft:

  • ökologische Analyse und Bewertung von Schutzgütern der Umweltverträglichkeitsstudie (Bestandsbewertung)
  • planerische Modellierung/Prognose der möglicher Umweltauswirkungen eines Bauvorhabens (Auswirkungsanalyse)

Darüber hinaus werden die folgenden methodischen Kompetenzen geprüft:

  • Räumliches, geographisches Denken
  • Recherchieren
  • Wissenschaftlich Vortragen, Präsentieren und Schreiben
  • Anwendung der GIS-Software

Neben den fachlichen und methodischen Kompetenzen wird auch die soziale Kompetenz der Kooperationsfähigkeit und aktiven Beteiligung an den Gruppenaufgaben geprüft.

Was sind Bewertungskriterien für studentische Leistungen?

Die fachlichen und methodischen Kompetenzen werden anhand folgender Kriterien bewertet:

Bestandsbewertung

  • Beschreibung des Untersuchungsgebiets
  • Beschreibung der Bestandssituation, dabei klare Trennung von Sach- und Bewertungsebene
  • Nachvollziehbarkeit der Bewertungskriterien
  • Nachvollziehbarkeit der Ableitung des Raumwiderstandes, Begründung der Auswahl des Maximal-/Mittelwertprinzips sowie der Gewichtung
  • Ableitung relativ konfliktarmer Korridore für das Straßenbauvorhaben im Untersuchungsgebiet

Auswirkungsanalyse

  • Überblick über den begutachteten Variantenvergleich
  • Darlegung der Wirkfaktoren und der Breite der Wirkzonen
  • Bilanzierung/Prognose anlage- und betriebsbedingter Beeinträchtigungen
  • Sinnvolle Darstellung der Ergebnisse (als Tabellen)
  • Darstellung Variantenvergleich und Konfliktschwerpunkte im Text und in den Karten
  • Begründete Schlussbetrachtung und Empfehlung einer Variante

Bei der Leistungsbewertung wird außerdem erwartet, dass Verbesserungsvorschläge aus den Zwischenpräsentationen im Gutachten und in den Karten umgesetzt wurden. Dem größeren Arbeitsaufwand für den ersten Teil der Umweltverträglichkeitsstudie wird Rechnung getragen, indem die Bestandsbewertung mit 60% Gewichtung und die Auswirkungsanalyse mit 40% Gewichtung in die Gesamtnote eingeht.
Die sozialen Kompetenzen werden anhand einer Peer-Evaluation bewertet. Dabei evaluieren die Studierenden wechselseitig ihre Zusammenarbeit in den Arbeitsgruppen und Lerntandems anhand folgender Kriterien:

  • Übernahme von „lästigen“ Arbeiten
  • Recherche von Karten/Literatur
  • Besorgung/Erstellung von Arbeitsmitteln
  • Mitarbeit bei verschiedenen Teilaufgaben im Rahmen der Studie (Kartierung, Digitalisierung, Datenaufbereitung etc.)
  • Aktiver Beitrag zur Lösung von praktischen Problemen im Laufe des Projekts

Aus den Noten, die sich die Studierenden gegenseitig gegeben haben, errechnet sich ein Aufschlag bzw. Abschlag von maximal 4% auf die Note der Gruppenarbeit. So ist zumindest in einem geringen Maße gewährleistet, dass sich die Arbeit besonders engagierter Gruppenmitglieder in der Gesamtnote widerspiegelt

Was gilt es bei der Durchführung zu beachten?
Was sind Tipps und Tricks?

Durch den Ansatz einer Lehridee mit Lerntandems aus zwei verschiedenen Seminaren ist es von großem Vorteil, die Lehrveranstaltungen parallel anzusetzen, um die zeitlichen Abstimmungen zu vereinfachen. Die Evaluation der Lehrveranstaltung zeigt zudem deutlich, dass neben der Einbindung von externen Expert*innen aus der Berufspraxis insbesondere der Einsatz einer Wissenschaftlichen Hilfskraft entscheidend zum Gelingen beitragen kann.

Was sind Stolpersteine?

Lehrende, die einen vergleichbar kompetenzorientierten Ansatz für eine Lehrveranstaltung wählen, werden häufig mit einer Erwartungshaltung der Studierenden konfrontiert, die Ergebnis ihrer Gewöhnung an instruktive Lehr- und Lernformen ist. Die Studierenden sind es gewohnt, kleinschrittige Arbeitsaufträge abzuarbeiten und sind verunsichert, wenn sie ein großes Gesamtprojekt selbständig bearbeiten sollen. Folglich wird häufig kritisiert, dass Arbeitsanweisungen nicht deutlich genug formuliert seien und gerade am Anfang Schwierigkeiten mit der Aufgabenstellung bestanden hätten. Gepaart mit einer hohen Arbeitsbelastung kann zeitweise das Gefühl der Überforderung seitens der Studierenden entstehen und dies sollte durch Kommunikation, Hilfestellungen und das Ansprechen und Klären von Fragen bewältigt werden. Diese Probleme sollten als inhärente Merkmale von Projektarbeit in Kauf genommen werden, zumal sich die meisten Fragen und Unklarheiten mit dem Fortschreiten des Seminars klären.

Welche spezifische Anforderungen ergeben sich für die Prüfenden?

Die Art der Prüfung legt nahe, dass die Prüfer*innen nicht nur das fachliche Wissen zur Beurteilung des Gutachtens haben sollten, sondern dass die Prüfenden auch über Kompetenzen verfügen, deren Entwicklung bei den Studierenden gefördert werden sollen. Schwierigkeiten im Arbeitsprozess müssen antizipiert werden und durch geeignete Hilfestellungen sollten Ressourcen zur Bewältigung der auftretenden Schwierigkeiten verfügbar gemacht werden. Die Bereitstellung einer Vielzahl von Lernressourcen auf einer e-Learning-Plattform hat sich ebenso wie die Nutzung von Webkonferenzen und Vorlesungsmitschnitten als förderlich erwiesen. Die Rolle der Lehrenden wandelt sich vom Dozieren hin zum Begleiten von Lernprozessen.