AG zur Vorlesung Strafrecht
Um welche Veranstaltung geht es?
In der juristischen Fakultät werden die klassischen (Haupt-)Vorlesungen über das Semester hinweg durch Arbeitsgemeinschaften (AGs) begleitet. In diesen wöchentlichen, zweistündigen Einheiten wird mit einer Gruppe von Studierenden (etwa 20 Personen) der zuvor in der Vorlesung erarbeitete Stoff nochmal wiederholt und anhand konkreter Fallbeispiele eingeübt.
Als Beispiel soll hier eine AG zur Vorlesung „Strafrecht – Besonderer Teil“ dienen, in der den Studierenden Tatbestände des Strafgesetzbuches, wie z.B. Diebstahl, Mord oder Brandstiftung vermittelt werden.
Welche möglichen Lehr- und Lernziele gibt es?
Das übergeordnete (auf das gesamte Semester bezogene) Ziel dieser Veranstaltung ist es, dass die Studierenden die erlernten Straftatbestände auf einen konkreten Sachverhalt anwenden können und so prüfen können, nach welcher Gesetzesvorschrift sich der Täter eines fiktiven Übungsfalles strafbar gemacht hat. Über das Semester hinweg sollen den Studierenden die wichtigsten Straftatbestände des Strafgesetzbuches nahe gebracht werden, so dass diese nach dem Semester in der Lage sind, ein umfangreiches strafrechtliches Gutachten zu verfassen.
Das Thema und Feinziel der einzelnen AG-Einheit ist die Vermittlung eines bestimmten Straftatbestandes (beispielsweise „§ 263 – Betrug“ oder „§ 223 – Körperverletzung“). Hierzu müssen die Studierenden zunächst die abstrakte Formulierung des Gesetzeswortlauts in verschiedene Einzelbestandteile zerlegen und dann überprüfen, ob sich der Übungsfall tatsächlich mit dem Gesetzeswortlaut deckt. Die Studierenden sollen die Besonderheiten der Vorschrift, ihre enthaltenen Definitionen, Probleme und Verbindungen zu anderen Vorschriften sicher beherrschen. Der theoretische Teil der AG beinhaltet die Erläuterung der einzelnen Straftatbestände und die darin enthaltenen Einzelfragen, die anhand von Definitionen dargestellt werden. So unterscheiden sich z.B. die Tatmerkmale „einsteigen“, „einbrechen“ und „eindringen“ bei Eigentumsdelikten stark voneinander, ebenso wie die Tatmerkmale „hinterlistig“ und „heimtückisch“ bei Körperverletzungs- oder Tötungsdelikten. Von den Studierenden wird erwartet, dass sie diese Begrifflichkeiten sauber auseinanderhalten können.
Die sichere Beherrschung jeder dieser Definitionen (und die damit verbundenen Problemfelder) stellt damit ein Zwischen- oder Feinziel dar, da eine Vorschrift des Strafgesetzbuches nur dann vollständig erfasst, beherrscht und korrekt angewendet werden kann, wenn ihr exakter Anwendungsbereich (welcher gerade durch die Definitionen eingegrenzt wird) erfüllt ist.
Welche möglichen Lehr- und Lernmethoden können in der Übung zum Einsatz kommen?
Gruppendiskussionen innerhalb der Studierenden können dazu beitragen schwierige und z.T. auch kontroverse Probleme zu erarbeiten, darzustellen und innerhalb der Diskussion mit fundierten Argumenten zu vertreten. Hierbei lassen sich die Gruppen meist unproblematisch in verschiedene Lager („Meinung A“ und „Meinung B“) aufteilen. Da es in der Rechtswissenschaft meistens kein eindeutiges „Richtig“ oder „Falsch“ gibt, dienen solche Übungen in erster Linie dazu, das Rechtsverständnis und das Argumentationsvermögen zu schulen.
Wie können die Lernziele überprüft werden?
Die eingängigste praktische Methode, die auch der Prüfungsrealität entspricht, ist die Bearbeitung eines Beispielsfalles, der die in der AG bisher besprochenen Straftatbestände enthält. Die Fallbearbeitung dient den Dozierenden gleichzeitig dazu, zu überprüfen, ob der Stoff der Einheit von den Studierenden verstanden wurde und an einem praktischen Beispiel angewendet werden kann.
Ein (sehr verkürzter) Fall kann z.B. so aussehen: „A lauert B hinter einer Häuserecke auf und erschlägt ihn hinterrücks mit einer Axt.“ Die Studierenden müssten hier prüfen, ob Mord oder Totschlag vorliegt.
Eine weitere Methode, die Lernziele zu überprüfen ist es, den Studierenden praktische Fälle zur Bearbeitung mit nach Hause zu geben. Die Studierenden können diese dann selbständig bearbeiten und so bereits selbst eigene Schwächen z.B. bei der Formulierung erkennen. Die Lehrperson bewertet diese Leistung und hat somit (neben der kollektiven Kontrolle durch die gemeinsame Fallösung) die Möglichkeit, die Lernfortschritte der einzelnen Studierenden zu überprüfen.