Grundlagen des Stahlbeton- und Spannbetonbaus I
Um welche Veranstaltung geht es?
Übungsveranstaltung zu „Grundlagen des Stahlbeton- und Spannbetonbaus I“
Bei der betreffenden Veranstaltung handelt es sich um eine 90-minütige Veranstaltung im 4. Semester des Bauingenieurstudiums im Hörsaal HIA mit ca. 120 Teilnehmenden. Das inhaltliche und fachliche Ziel der Übungsveranstaltungen ist die geführte Anwendung und praktische Vertiefung der in der Vorlesung erläuterten Inhalte an konkreten Beispielen, in diesem Fall anhand vorgegebener praxisnaher Stahlbetonkonstruktionen.
Welcher Stoff wird in der konkreten Übungssitzung behandelt?
Die hier vorgestellte Übungsveranstaltung findet zeitlich ca. zur Mitte der Vorlesungszeit statt. Nachdem die wichtigsten fachlichen Grundprinzipien (Materialgesetze, mechanische Zusammenhänge, Tragmodelle, Bemessungskonzepte) vorgestellt und anhand von einzelnen Beispielen geübt wurden, steht eine den bisherigen Stoff zusammenfassende Übungsaufgabe an. Diese dient in erster Linie der Vertiefung und Einübung der Berechnungsabläufe, umfasst jedoch auch einzelne Besonderheiten und somit im Detail ein entsprechende Transferleistung. Die Aufgabenstellung orientiert sich an der Leittextmethode: Das Aufgabenblatt umfasst drei Seiten. Zunächst ist eine für den Stahlbetonbau typische Problemstellung (Plattenbalkenquerschnitt auf Stützen gelagert) in Form einer übersichtlichen Skizze dargestellt. Zu dieser Skizze (Zeichnung in Ansicht, Aufsicht und relevanten Schnittdarstellungen) sind Auszüge aus einer bereits durchgeführten statischen Berechnung und Bemessung angegeben. Diese Berechnungsschritte variieren in der Detailtiefe: Mal sind nur Endergebnisse oder Zwischenergebnisse als Zahlenwert angegeben, mal sind vollständige Formeln abgedruckt. Zugleich sind diese „Lösungsvorschläge“ bewusst mit einigen Fehlern versehen worden, wobei der Anspruch zum Entdecken der fehlerhaften Lösung variiert: So sind zwischen dem Zahlendreher und Rechenfehler auch aus Klausuren bekannte typische Fehlerquellen eingearbeitet, in einem Unterpunkt ist gar ein für diese Problemstellung nicht zulässiges Berechnungsverfahren angewendet und abgedruckt worden.
Welche möglichen Lehr- und Lernziele gibt es?
In dieser speziellen Übungsveranstaltung stehen insbesondere die „sozialen Kompetenzen“ im Mittelpunkt. Die Studierenden sollen selbständig und eigenverantwortlich agieren, organisieren, kommunizieren und entsprechend auch fachlich richtig handeln (in diesem Fall überprüfen und berechnen). Im Einzelnen werden die Studierenden mit folgenden Anforderungen („social skills“) konfrontiert, dessen Gewichtung in der tatsächlichen Umsetzung sicher variiert und von denen nicht alle gleichermaßen in der Sitzung berücksichtigt werden können:
- Teamfähigkeit: Arbeiten im (neuen) Team, das bedeutet:
Neue Teammitglieder kennenlernen, sich selbst vorstellen, Rollen und damit Aufgaben im Team erkennen und verteilen, Teammitglieder in eigene Überlegungen, Problemstellungen und Ideen mit einbeziehen und gleichzeitig auch jene der anderen zu verstehen, zu hinterfragen, aber auch „bessere“ Ideen oder Ratschläge und Hilfen annehmen. - Kommunikationsfähigkeit (hier als Mehrwegkommunikation):
- untereinander in Kleingruppen (Arbeitsauftrag klären, Lösungsstrategie des Teams diskutieren und festlegen, Vorstellen der eigenen Ideen, Zuhören und Verstehen der anderen Meinungen, faire und sachliche Diskussion der Vorschläge),
- innerhalb der Studierendenschaft im Hörsaal (Ausreden lassen, Regeln des Feedbacks einhalten, eine Reihenfolge bei der Wortmeldung einhalten, im großen Hörsaal vor vielen Studierenden zu sprechen
- zum Dozenten bzw. zum „virtuellen Vorgesetzten“ (sachliche Argumentation, präzise Wortwahl, Umgang mit überraschenden oder direkten Gegenfragen)
- Umgang mit Fachtermini (unverständliche oder unbekannte Begriffe zu hinterfragen, Verbesserungen und Korrekturen der eigenen Wortwahl annehmen, andere Wortbeiträgen auf korrekte und präzise Anwendung der Fachbegriffe zu prüfen und ggfs. offen aber respektvoll zu thematisieren)
- Verantwortungsbewusstsein:
durch die simulierten Rahmenbedingungen „erster Arbeitstag im neuen Ingenieurbüro beim neuen Arbeitgeber“ wird ein relevantes Szenario geschaffen, welches einen Großteil der Teilnehmenden ansprechen und motivieren soll(te). - Führungskompetenz:
innerhalb der Gruppe Stärken und Schwächen der Mitglieder sowie von sich selbst erkennen und respektieren, sich gegenseitig unterstützen, das Team auf den gleichen Wissensstand bringen, Ergebnisse teilen - Präsentationsfähigkeit und -vermögen beim Vorstellen der Ergebnisse:
Eigene Gedankengänge zu erläutern (die Zuhörenden abholen und zum eigenen Lösungsweg hinführen), selbstbewusstes Auftreten, Diskutieren „auf Augenhöhe“ in sachlichem und respektvollem Ton - Methodische Kompetenzen – Sequenzen wissenschaftlicher Arbeit:
Werkzeuge und Hilfsmittel organisieren (Taschenrechner, Tabellenbücher, Skripte), geeignete Methoden zur Lösung ermitteln und auswählen (im konkreten Fall z. B. Nachrechnen der vorgegebenen Lösung vs. eigenständige Lösung der Aufgabe und anschließender Vergleich der Ergebnisse), kritisches Hinterfragen von Berechnungsschritten und (eigenen) Lösungen
Darüber hinaus bestehen die fachlichen Inhalte darin, das zuvor in Vorlesungen und teilweise auch in Übungen Gehörte bzw. Erlernte zu vertiefen und selbständig anzuwenden, Hintergründe einzelner Themen anhand dieses Projektes in Verbindung zu bringen und fachliche Zusammenhänge zu erkennen und in Bezug auf die Lösung zu erarbeiten. Die fachlichen Kenntnisse sind auf eine neue und zunächst unbekannte Problemstellung zu transferieren, der eigenständige Umgang mit Hilfsmitteln und Fachliteratur (Tabellenbücher, Skripte, Bücher) wird trainiert.
Welche Lehr- und Lernmethoden können in der Übung zum Einsatz kommen?
Als Grundelement wird eine Variante der Leittextmethode umgesetzt. Nach der Vorbereitung der Teilnehmenden (Ankündigung in vorheriger Veranstaltung bzw. über Moodle, die Arbeitsmaterialien wie Tabellenbuch, Skript, eigene Mitschriften etc. zu dieser Veranstaltung mitzubringen) wird von der Lehrperson eine Gruppeneinteilung vorgenommen und das Szenario dieser Veranstaltung erläutert:
- Einteilung der Gruppe erfolgt durch Durchzählen lassen der Studierenden bis zehn sowie durch Zuordnung gleicher Nummern zu einer Gruppe
- Verteilung der Aufgabenstellungen an die Gruppen (jeder Teilnehmende erhält ein identisches Aufgabenblatt)
- Das Szenario ist der erste Arbeitstag nach dem Studienabschluss beim neuen Arbeitsgeber in einem neuen Team.
- Aufgabe ist es, die vorliegende Statik zu überprüfen und zu vorgegebenen Zeitpunkten der Lehrperson als „virtueller Büroleitung“ im Plenum vorzustellen.
Wie können die Lernziele überprüft werden?
In der Veranstaltung wechseln sich Phasen eigenständiger Arbeit und öffentliche Diskussionsphasen ab. In den Phasen der eigenständigen Arbeit wechselt der*die Dozent*in als „stille*r Beobachter*in“ zwischen den einzelnen Gruppen, und kann so anhand einzelner Sequenzen die Zusammenarbeit in den Gruppen beobachten und die zwangsläufig unterschiedlichen Herangehensweisen erkennen. Auf diese Weise ergibt sich nicht nur ein deutlicheres Bild vom fachlichen Kenntnisstand der Studierenden, sondern auch eine erste Rückmeldung bezüglich vorhandener Kompetenzen, aber auch hinsichtlich auftretender Probleme.
In der ersten Diskussionsphase stellen die Gruppen ihre ersten Ergebnisse dem Plenum sowie dem Übungsgruppenleiter vor, der diese an der Tafel festhält, ohne die Ergebnisse zu bewerten. Anschließend regt die Lehrperson durch Rückfragen an die Studierenden die Diskussion der Ergebnisse an („Was halten Sie nun von diesen Ergebnissen?“
, „Wie finden wir nun heraus, welches Ergebnis richtig ist?“
, „Welches Ergebnis können Sie ausschließen?“
, „Möchte eine Gruppe Ihr Ergebnis korrigieren? Wenn ja, warum haben Sie Ihre Meinung geändert?“
, …).
Nach dieser ersten Diskussionsrunde ermuntert der*die Dozent*in die Studierenden, die Sprecher*innenrolle in den Gruppen für die nächste Runde zu variieren. Im Anschluss an die folgende Gruppenarbeitsphase erfolgt die Vorstellung der weiteren Ergebnisse nun von den Studierenden selbst, d. h. dass diese ihre Ergebnisse gemäß dem Tafelschema aus der ersten Diskussionsrunde nun an der Tafel selbst vorstellen und kurz erläutern.
Diese Runden werden jeweils durch kurze Diskussionsblöcke abgeschlossen. Aufgrund der Zeitbegrenzung ließen sich bisher jedoch nicht mehr als drei Diskussionsrunden realisieren.
Es hat sich gezeigt, dass zum Ende der Veranstaltung nach 90 Minuten ein noch erheblicher, sehr positiver Diskussions- und Kommunikationsbedarf bei den Studierenden besteht – sowohl untereinander als auch zur Lehrperson. Insofern bietet es sich an, als Erweiterung Elemente aus Moodle zu nutzen (z. B. Diskussionsforum).