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Kriterienraster erstellen

Sie haben allgemeine Kriterien für z.B. die schriftliche Prüfung Ihrer Studierenden erstellt, die die Bearbeitung des Themas, die Struktur der Arbeit, die sprachliche Gestaltung, den Umgang mit Quellen und die Korrektheit umfassen, und weitere Lernziel-bezogene Kriterien definiert:

  • Wurde aus den im Seminar vermittelten Theorien eine Theorie ausgewählt, mit der das ausgewählte Problem sinnvoll analysiert werden kann?
  • Wurde die Theorie korrekt dargestellt?
  • Wurde die Theorie sinnvoll auf das Problem angewendet?
  • Ist der Bezug zwischen den Ergebnissen der Analyse und der Handlungsempfehlung nachvollziehbar?
  • Ist die Handlungsempfehlung aus praktischer und theoretischer Sicht sinnvoll, d.h. beispielsweise zielführend und praktikabel?


In einem weiteren Schritt haben Sie die Kriterien in eine Hierarchie gebracht, um die Aspekte detaillierter auszudifferenzieren, die Ihnen wichtiger sind, und die Ihnen unwichtigeren Aspekte grob zusammenfassen. Wie können Sie die studentischen Ausarbeitungen möglichst objektiv beurteilen?

Analytisches Raster

Dafür bietet sich, wenn Sie sich an der sachlichen (kriterialen) Bezugsnorm orientieren, ein analytisches Kriterienraster (Kreuzer 2018, S. 3f.) an, das in der englischsprachigen Literatur oft als „Rubric“ bezeichnet wird. In einem analytischen Kriterienraster notieren Sie für jedes Einzel-Kriterium in Matrix-Form drei oder vier Erwartungsniveaus. Die Einteilung funktioniert nach dem verbreiteten Prinzip von „+, o, -„ oder „++, +, o, -„. Für jedes Kriterium erstellen Sie einen Deskriptor. Damit beschreiben Sie, was genau Sie auf das jeweilige Kriterium bezogen mit der Beurteilung von z.B. „+“ meinen. Diese Beschreibung sollte leicht verständlich und eindeutig formuliert sein, so dass alle Anwender*innen des Kriterienrasters auf dieselbe Weise das Geschriebene interpretieren. Dafür ist es u.a. wichtig, auf Formulierungen wie „gut“, „angemessen“ oder „sinnvoll“ zu verzichten.

Beispiel

Sie haben als Learning Outcome Ihrer Lehrveranstaltung definiert: „Die Studierenden können Probleme betrieblicher Praxis vor dem Hintergrund theoretischer Lerninhalte analysieren und auf dieser Grundlage Lösungsansätze entwickeln und Handlungsempfehlungen formulieren.“ und eine Klausur mit offenen Fragen als Prüfungsform und Aufgabentyp gewählt. Fünf beispielhafte Kriterien mit je 3 Erwartungsniveaus und zugehörigen Deskriptoren finden sich in Ihrem Kriterienraster:

 

Erwartungsniveau +

Erwartungsniveau 0

Erwartungsniveau –

Kriterium 1: Theorieauswahl

Es wurde eine Theorie ausgewählt, mit der das Problem zielführend analysiert werden kann.

Es wurde eine Theorie ausgewählt, mit der das Problem analysiert werden kann.

Es wurde keine Theorie ausgewählt, mit der das Problem analysiert werden kann.

Kriterium 2: korrekte Darstellung der Theorie

Die Theorie wurde in allen Bestandteilen korrekt dargestellt.

Die Theorie wurde in einigen Bestandteilen korrekt dargestellt.

Die Theorie wurde nicht korrekt dargestellt.

Kriterium 3: Anwendung der Theorie

Die Theorie wurde in allen Aspekten sachlogisch auf das Problem angewendet.

Die Theorie wurde größtenteils sachlogisch auf das Problem angewendet.

Die Theorie wurde nicht sachlogisch auf das Problem angewendet.

Kriterium 4: Bezug zwischen Analyse und Handlungsempfehlungen

Der Bezug zwischen den Ergebnissen der Analyse und der Handlungsempfehlung ist in allen erwähnten Punkten schlüssig und nachvollziehbar.

Der Bezug zwischen den Ergebnissen der Analyse und der Handlungsempfehlung ist in einigen Punkten schlüssig und/oder nachvollziehbar.

Der Bezug zwischen den Ergebnissen der Analyse und der Handlungsempfehlung ist weder schlüssig noch nachvollziehbar.

Kriterium 5: Logik der Handlungsempfehlung

Die Handlungsempfehlung ist aus praktischer und theoretischer Sicht zielführend und praktikabel.

Die Handlungsempfehlung ist aus praktischer und/oder theoretischer Sicht zielführend oder praktikabel.

Die Handlungsempfehlung ist aus praktischer oder theoretischer Sicht weder zielführend noch praktikabel.

Tabelle: Fünf Kriterien mit je drei Erwartungsniveaus. Quelle: eigene Darstellung

Dieser Matrix, die ein beispielhafter Auszug ist, können Sie nun Ihre Hierarchie der Kriterien in Form einer Gewichtung hinzufügen. Sie können dabei Punkte vergeben oder die Kriterien mit Prozentanteilen versehen. Wenn Ihnen z.B. die Theorieauswahl und die korrekte Darstellung der Theorie weniger wichtig sind als ihr Lehr-Schwerpunkt, die Anwendung der Theorie, und weniger wichtig als die beiden Kriterien zu den Handlungsempfehlungen, dann könnten Sie z.B. für die ersten beiden Kriterien je 15 Prozent der Gesamtnote vergeben, für Kriterium drei 30 Prozent und für die beiden letzten Kriterien je 20 Prozent.

Ein solches Raster zu erstellen ist, insbesondere beim ersten Mal, aufwendig. Und gleichzeitig hat es bei wiederkehrenden Lehrveranstaltungen und Aufgabenschemata Vorteile. Denn Sie müssen sich nicht jedes Mal neue Kriterien überlegen, sondern können auf die Raster aus anderen Lehrveranstaltungen zurückgreifen. Selbiges gilt für die Deskriptoren, mit denen Sie Ihre Erwartungen an die studentischen Leistungen beschreiben. Zudem liegt ein Vorteil in der Korrekturphase: Mithilfe dieses Kriterienrasters können Sie sich die Notenbegründung, die Sie sonst zusätzlich anfertigen müssen, sparen. Eine Prüfungsbeurteilung, die nur aus Symbolen wie „+“ und „o“ besteht, und die weder intersubjektiv nachvollziehbar ist noch die Garantie bietet, dass Sie nach einiger Zeit noch zum selben Schluss kommen, hat vor Gericht keine Chance. Deshalb benötigen Sie für jede Note im Prüfungskontext an der Hochschule eine nachvollziehbare Begründung. Diese kann aus dem Kriterienraster bereits abgelesen werden. Was letztlich auch erweiterte Möglichkeiten des Feedbacks an Studierende ermöglicht. Denn wenn Sie den Studierenden anhand solcher Kriterien und Beschreibungen verständlich machen, wo deren Stärken und Schwächen in der Prüfung lagen, unterstützen Sie den individuellen Lernprozess.

Literatur

Kreuzer, Pia (2018): Kriterienraster. Handreichung der Prüfungswerkstatt. Mainz: Johannes Gutenberg-Universität.