Gründe für Plagiate (Täuschung) und Gegenmaßnahmen
Auch bei Plagiaten mit Täuschungsabsicht bzw. Täuschungsbewusstsein kann es sinnvoll sein, nach Motiven und Ursachen zu fragen: Nicht um das Verhalten zu entschuldigen oder gar zu bagatellisieren, sondern um z. B. Ansatzpunkte für Gespräche mit Studierenden zu finden. Diese Perspektive ist zudem hilfreich, um das eigene (sehr verständliche) Gefühl, betrogen worden zu sein, zu relativieren und so Studierenden gegenüber didaktisch handlungsfähig zu bleiben.
Pecorari (2013: 29f) fasst aus unterschiedlichen Studien Gründe und Motive für Plagiate zusammen:
- die Erwartung, dass es nicht bemerkt wird und es keine negativen Konsequenzen gibt,
- Zeitmangel (z. B. weil die im Studienprogramm für den Lernstoff angesetzte Zeit zu knapp ist, wg. Erwerbstätigkeit usw.),
- der Wunsch, eine bessere Note zu bekommen,
- eine geringe Integration in die Universität mit ihren akademischen Gepflogenheiten,
- eine starke Kommerzialisierung der Bildung (Verständnis als Kund*in statt als Student*in),
- die Betonung sozialer Beziehungen: Freunde/Peers durch Abschreiben-lassen zu unterstützen als Solidarität,
- eine Konzeptualisierung des Plagiierens zwar als Fehlverhalten, das aber wie Spicken in der Schule mal mehr, mal weniger lässlich ist.
Wenn man diese Gründe für bewusste Plagiate ernst nimmt, lassen sich auch aus ihnen didaktische Empfehlungen ableiten:
- Sprechen Sie Plagiate auf jeden Fall an und sanktionieren Sie Regelverstöße in diesem Bereich in irgendeiner Form (auch wenn es lästig, arbeitsintensiv und unangenehm ist), um so die Wichtigkeit der Anforderungen deutlich zu machen,
- Stellen Sie evtl. lieber weniger arbeitsintensive Aufgaben, fordern Sie dafür aber die Einhaltung der Regeln ein und kontrollieren Sie dies.
- Machen Sie Ihre Bewertungsmaßstäbe deutlich und heben Sie dabei den korrekten Bezug auf Fachliteratur hervor. Betonen Sie dabei, dass Sie nicht dieselbe Qualität wie in publizierten Texten erwarten, sondern eine Arbeit, wie sie Studierenden auf dieser Stufe möglich ist.
- Setzen Sie den Umgang mit Literatur nicht voraus, sondern erklären und lehren Sie ihn. Indem Sie die Bedeutung dieser Gepflogenheiten deutlich machen, fördern Sie die Integration aller Studierenden ins Fach und grenzen nicht diejenigen aus, die bisher mit diesen Konzepten und Konventionen noch nicht in Berührung gekommen sind.
Stellen Sie Aufgaben, bei denen Plagiate nicht weiterhelfen. Variieren Sie Aufgabenstellungen, um die Versuchung, voneinander abzuschreiben, zu reduzieren. Sie könnten z.B. bei Textzusammenfassungen unterschiedliche Aspekte vorgeben oder die Anwendung auf ein selbstgewähltes Beispiel verlangen. Oder prüfen Sie mit einem Portfolio, in dem Studierende ihren individuellen Arbeitsprozess in einem Projekt oder auch beim Schreiben einer Hausarbeit dokumentieren. So eine Prozessdarstellung lässt sich auch mit einer kleinen Hausarbeit kombinieren.