Wie finde ich ein Plagiat?

Plagiate bzw. nicht markierte textuelle Übereinstimmungen zu erkennen, ist eine wichtige Aufgabe bei der Beurteilung studentischer Arbeiten. Nur wenn Sie Studierende auf Fehler beim Umgang mit Fachliteratur hinweisen, können diese daraus lernen und Sicherheit in der Umsetzung der Fachkonventionen erwerben. Zudem machen Sie durch Ihre Rückmeldung deutlich, wie wichtig das Thema für das wissenschaftliche Schreiben ist. In diesem Abschnitt geht es deshalb darum, wie sich nicht markierte textuelle Übereinstimmungen finden lassen. Die Beurteilung, ob es Fehler, Nachlässigkeit oder Betrugsabsicht – und damit ein prüfungsrechtliches Plagiat ist, ist dem nachgeordnet.

Indizien

Es gibt zahlreiche Indizien, die Sie dazu veranlassen können, genauer hinzusehen und z.B. durch einen Blick in die Ihnen bekannte Forschungsliteratur oder eine Internetrecherche zu überprüfen, ob in einer studentischen Arbeit textuelle Übereinstimmung ohne Kennzeichnung vorliegen:

  • Formulierungen, Argumentationen, Auswahl von Zitaten, Ergebnissen oder Gedankengängen kommen Ihnen bekannt vor – im studentischen Text werden aber keine Quellen genannt.
  • Der Text weist auffällige Brüche auf: So kann sich die Art des Formulierens in einer Passage deutlich von anderen Passagen unterscheidet, es tauchen plötzlich andere Fehler auf, eine andere Art der Zitation oder auch eine andere Schriftart werden verwendet. Brüche dieser Art sind kein Beweis für Plagiieren und können z.B. auch auf eine inkonsequente Arbeitsweise zurückzuführen sein. Eine Überprüfung ist in diesen Fällen aber sinnvoll.
  • Problematisch ist ein Indiz, das Lehrende manchmal nennen: Der Text ist besser, als sie es von dem*der Studierenden erwartet haben. Fragen Sie sich in diesem Fall: Worauf gründen Sie Ihre Erwartung? Schließen Sie hiermit Entwicklungs- und Verbesserungsmöglichkeiten nicht aus? Könnten Sie so argumentieren, ohne einem Vorurteil zu folgen?

Wenn Ihnen Indizien dieser Art auffallen, können Sie nach den fraglichen Stellen in der Ihnen bekannten Literatur suchen oder zu einzelnen Passagen eine Internetrecherche machen. Oder Sie überprüfen routinemäßig wenige Stichproben aus allen abgegebenen Arbeiten auf diese Weise. Weber-Wulff (2016: 93) rät in beiden Fällen, die Zeit für diese Recherche von vornherein zu begrenzen, um sich nicht darin zu verlieren.

Plagiatserkennungssoftware

Darüber hinaus können Sie Software nutzen, die für die Unterstützung bei der Plagiatserkennung entwickelt wurde. Diese Anwendungen gleichen zu prüfende Arbeiten mit einem bestimmten Korpus wissenschaftlicher Texte ab, das meist aus Internetdokumenten, z.T. Publikationen kooperierender Verlage und wahlweise einem Archiv mit an einer Institution bereits durch das Programm überprüften und gespeicherte Texten besteht. Das Ergebnis der Überprüfung wird in der Regel als Prüfbericht zu Verfügung gestellt, in dem die gefunden (wörtlichen) Übereinstimmungen markiert sind. Auch wenn in vielen Programmen dies mit einem Ampelsystem oder mit einer Plagiat-Prozentangabe suggeriert wird, kann Plagiatserkennungssoftware aufgrund ihrer Funktionsweise nicht beurteilen, ob ein Plagiat vorliegt oder nicht (vgl. hierzu z.B. Weber-Wulff 2019). So erkennt sie z.B. nicht immer, ob eine textuelle Übernahme nach den Konventionen eines Fachs gekennzeichnet ist (z.B. als wörtliches Zitat) oder markiert Textteile wie Literaturangaben oder komplexe Fachterminologie als Plagiat, bei denen die unveränderte Übernahme unproblematisch und sogar gefordert ist. Je nach Fach, Thema und Sprache müssen Sie damit rechnen, dass Studierende Literatur verwendet haben, die sich nicht im Korpus der Überprüfungssoftware befindet und Plagiate nicht gefunden werden. Die Entscheidung, ob ein Plagiat vorliegt, können nur Sie treffen, indem Sie die im Prüfbericht markierten Textstellen daraufhin beurteilen, ob die gefundenen Textübereinstimmungen relevant sind, ob sie nach den Konventionen Ihres Fachs nicht ausreichend gekennzeichnet sind und ob Sie einen Fehler oder eine Täuschungsabsicht vermuten.[1]

Aus didaktischer Perspektive kann der systematische und verdachtsunabhängige Einsatz von Plagiatsüberprüfungssoftware problematische Folgen haben. Er kann Studierende verunsichern und dazu führen, dass sich ihr Fokus darauf verschiebt, so zu arbeiten „dass die Software nicht anschlägt“. Dies lenkt vom Sinn der Konventionen des wissenschaftlichen Arbeitens ab und verhindert, ein tieferes Verständnis von ihnen zu entwickeln.

Deswegen hat z.B. die RUB in ihrer Plagiatsprüfungssatzung festgelegt, dass ohne eine entsprechende Regelung durch eine Fachprüfungsordnung die Verwendung der Software nur bei einem Anfangsverdacht zulässig ist. Hierdurch wird betont, dass Studierende nicht unter Generalverdacht gestellt werden sollen und die Software zwar ein nützliches Hilfsmittel sein kann, aber keine eigenständige Instanz der Überprüfung oder gar Beurteilung.
Der Einsatz von Plagiatsüberprüfungssoftware muss von einer Institution rechtlich geregelt werden. Überprüfen Sie deshalb vor einer Nutzung die entsprechenden Vorgaben Ihrer Universität und Ihres Fachbereichs.

[1] Diese Beurteilung darf darüber hinaus auch aus (prüfungs-)rechtlichen Gründen nicht einer Software überlassen werden, sondern muss von einem Menschen getroffen werden.