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Short- und Long-Loop-Feedback – Erfahrungen mit der Studentischen Lehrveranstaltungsbewertung in der Biologie

Worum geht’s?

Mit dem folgenden Beispiel möchte ich zwei verschiedene Aspekte der studentischen Lehrveranstaltungsbewertung aufzeigen und diese vergleichen. Den einen Aspekt nenne ich „Short-Loop-Feedback“, den anderen „Long-Loop-Feedback“. Zentrale Ausgangspunkte bei der Entwicklung beider Evaluationsarten waren die Fragen „An wen richtet sich das Feedback?“ und „Wie nutzen die Lehrenden das Feedback der Studierenden?“.

Was sind die zentralen Merkmale des Short-Loop-Feedbacks?

Das Short-Loop-Feedback findet im Kreis der Beteiligten einer Lehrveranstaltung statt. Es ermöglicht der*dem Dozierenden eine direkte Rückmeldung einzuholen. Der*die Lehrende kann unmittelbar auf die Erkenntnisse reagieren, d.h. mögliche gelingende bzw. weniger gelingende Bausteine identifizieren und Bewährtes beibehalten bzw. Veränderungen für die weitere Gestaltung der Lehrveranstaltung ableiten.

Wie setzen Sie das Short-Loop-Feedback in der Praxis ein?

Das Short-Loop-Feedback wende ich z.B. im Modul „Gen-Zelle-Organismus“ an. Das Modul ist ein typisches Praktikumsmodul für fortgeschrittene Studierende an der Fakultät für Biologie und Biotechnologie, das unter Leitung mehrerer Lehrpersonen durchgeführt wird. In der vierwöchigen Blockveranstaltung mit 16 Teilnehmenden sind jede Woche andere Themenschwerpunkte gesetzt; verschiedene Lehrformate und -methoden kommen zur Anwendung: Neben Laborexperimenten in Gruppenarbeitsform und Besprechungen der Methoden und Ergebnisse im Plenum bilden vertiefende Vorlesungseinheiten und klassische Seminareinheiten mit Referaten der Studierenden die zentralen Bausteine des Moduls.

Quelle: Evaluationsbögen der Fakultät für Biologie und Biotechnologie

Jeden Freitag findet ein Evaluationsgespräch mit den Studierenden und den verantwortlichen Lehrenden über die vergangene Woche statt.

Beim Austausch der Ergebnisse orientieren wir uns an dem Leitfaden zu Evaluationsgesprächen. Neben den aufgeführten Tipps zur Gestaltung derartiger Evaluationsgespräche erachte ich drei weitere Punkte als gute Voraussetzung für das Gelingen von Rückmeldegesprächen:

  • Fördern Sie von Montag an ein offenes Gesprächsklima. Alle Beteiligten eines Kurses brauchen Zeit zum „Auftauen“. Freitag wäre es vielleicht zu spät dafür.
  • Lernen Sie – wenn es nicht zu viele sind – die Namen der Teilnehmenden.
  • Seien Sie dabei. Begleiten Sie die Studierenden als Gruppenbetreuer*in auch in den Phasen der praktischen Laborarbeiten.

Am Ende des Moduls teile ich zusätzlich einen EvaSys-Fragebogen aus, der speziell auf die Veranstaltungsart „Praktikum für Fortgeschrittene“ an unserer Fakultät zugeschnitten ist. Aber warum setze ich auch noch Fragebögen ein, wenn doch schon vier Feedbackgespräche mit den Studierenden stattgefunden haben? Haben Fragebögen für diese Form der Veranstaltung einen weiteren Evaluations-Mehrwert?

  • Ja, die Anonymität des Fragebogens erleichtert ein Feedback jener Studierenden, die eher unzufrieden mit der Veranstaltung sind. Die Erfahrung zeigt, dass es leichter ist im offenen Gespräch zu loben als Kritik zu äußern. Um ein verzerrtes Evaluationsbild zu vermeiden, setze ich die Methode der offenen und anonymen Evaluation ein.
  • Ja, die Auswertung der Benotungen auf den Bögen ermöglicht den Vergleich mit anderen Veranstaltungen an der Fakultät.
  • Ja, sie dienen als Input für die Rückmeldeschleife des Long-Loop-Feedbacks.

Was sind die zentralen Merkmale des Long-Loop-Feedbacks?

Als Long-Loop-Feedback bezeichne ich die Aspekte des Feedbacks, die über den engen Kreis der Kursteilnehmenden hinausgehen. Auf der Ebene der Fakultät beschäftigen sich z.B. Evaluationskommissionen und andere Fakultätsgremien mit der Bewertung und Verbesserung der Lehre.

Welchen besonderen Mehrwert hat der Einsatz des Long-Loop-Feedbacks?

Unterstützt vom EvaSys-Team hat die Evaluationskommission der Fakultät für Biologie und Biotechnologie drei verschiedene Typen von Fragebögen entworfen, die auf die besonderen Veranstaltungsarten wie Vorlesungen, Übungen im Grundstudium oder Praktika für Fortgeschrittene in unserem Fachbereich zugeschnitten sind. Die Verwendung von individuell gestalteten EvaSys-Bögen hat sowohl Vor- als auch Nachteile, wie etwa:

  • Vorteilig ist die bessere Passung der Evaluationsbögen für die Veranstaltungsart. Das Feedback wird konkreter.
  • Nachteilig ist die geringere Vergleichbarkeit verschiedener Veranstaltungsarten untereinander und der höhere Aufwand bei der Auswertung.

Auf den Fragebögen gibt es Freitextfelder, in denen die Studierenden Lob („Das hat mir an dieser Veranstaltung gefallen“), oder Kritik („Das hat mich an dieser Veranstaltung gestört“) formulieren können. Als Mitglied der Evaluationskommission hatte ich die Gelegenheit die Freitextfelder aller Veranstaltungen an unserer Fakultät von zwei aufeinander folgenden Semestern auszuwerten. Dabei fand ich viele Dinge beachtenswert:

  • Nein, die Studierenden meckern nicht immer.
  • Die Studierenden üben nicht nur dann Kritik, wenn sie die ‚Stofffülle‘ als zu hoch oder das Niveau als zu anspruchsvoll empfinden. Sie kritisieren ebenso, wenn zu wenig ‚Stoff‘ und ein zu geringes Niveau angeboten werden.
  • Lob und Kritik orientieren sich meist am Lernerfolg.
  • Einige Statements regen besonders zum Nachdenken an, z.B. „Trotz netter Atmosphäre sehr lehrreich“.

Welche inhaltlichen Rückmeldungen geben die Studierenden z.B. mit Blick auf multimediale Präsentationen in den Vorlesungen?

Oft werden Gemeinsamkeiten in den Anmerkungen der Studierenden deutlich, die auf spezifische Probleme in bestimmten Veranstaltungsarten, z.B. in Vorlesungen, hindeuten:

  • Vorlesungen sind oft multimediale Präsentationen und die „Folien“ werden meist über Plattformen wie Blackboard zur Verfügung gestellt.
  • Für die gleiche Vorlesung wird in den Freitextfeldern „Folien zu voll“, aber auch „zu wenig Text auf Folien“ angemerkt.
  • Aus den Kommentaren wird ferner deutlich: Zu viel Text stört während der Vorlesung, zu wenig Text macht dagegen Probleme bei der Nutzung der Folien in der Nachbereitung der Vorlesung und Klausurvorbereitung.

Es könnte hilfreich sein solche Erkenntnisse aus der Evaluation in den Fakultäten zu kommunizieren, einen Austausch von Erfahrungen zu initiieren, Lösungsmöglichkeiten zu diskutieren und zu testen. Hilfreich kann es auch sein in so einem Prozess professionelle Unterstützung durch die IFB und andere zentrale Einrichtungen, wie z.B. das Multimedia Support Zentrum, oder eLearning-Team anzufragen.

Welchen Wert hat Evaluieren und Feedbackgeben? Wie kann einer „Evaluationsmüdigkeit“ vorgebeugt werden?

Die regelmäßige Evaluation via Fragebogen kann die Gefahr bergen, dass Evaluieren zunehmend als Routineübung empfunden wird. Das scheint sich besonders in den Freitextfeldern auszuwirken, die dann immer häufiger leer bleiben. Wichtig ist es meiner Erfahrung nach dieses Werkzeug gut dosiert einzusetzen. Ebenfalls ist es von zentraler Bedeutung sich zu fragen, ob die Studierenden einen nützlichen Effekt der Evaluation erkennen können. Eine Voraussetzung dafür ist es, aus den Rückmeldungen der Studierenden praktische Konsequenzen zu ziehen:

  • Behebe ich offenkundige Mängel in meinen Lehrveranstaltungen?
  • Greife ich konstruktive Anregungen zur weiteren Lehrveranstaltungsplanung auf?
  • Mache ich den positiven Einfluss der Evaluation für die Gestaltung meiner Lehrveranstaltungen den Studierenden sichtbar?