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„Ein Geben und Nehmen“ – Feedback und Evaluation in B.A.-Seminaren der Medienwissenschaft

Was sind die zentralen Ausgangspunkte Ihres Lehrkonzepts?

Ich bin derzeit als Lehrende in Bachelor-Seminaren im Fachbereich Medienwissenschaft tätig. Der Erfolg von Lehrveranstaltungen kann von vielen, ganz verschiedenen Facetten der Lehre und des Lehrens abhängen, denen gemeinsam ist, dass sie von einer beständigen Reflexion profitieren können. Feedback wird nicht erst gegen Ende des Semesters mit der offiziellen Evaluation relevant, sondern ist es von Anfang an. Eines der wichtigsten Ziele des Austauschs zwischen Lehrperson und Studierenden über die Lehre selbst ist meines Erachtens, den Studierenden zu signalisieren, dass sie in ihren Wahrnehmungen, ihrer Kritik und ihren Anregungen gehört und ernst genommen werden, damit sich eine respektvolle und offene Arbeitsatmosphäre entwickeln kann.

Wie gestalten Sie den Einstieg zu Semesterbeginn?

Zu Semesterbeginn bespreche ich als erstes mit den Teilnehmenden, wie sie adressiert werden und mich als Lehrperson adressieren möchten. Da die Form der Anrede natürlich immer auch Botschaften über das soziale Verhältnis zwischen den Sprechern transportiert und Eindrücke von Distanziertheit oder Vertrautheit, Authentizität oder Gezwungenheit, Respekt oder Unhöflichkeit vermitteln kann, hilft mir die Rückmeldung der Studierenden dabei, dies einvernehmlich zu handhaben. Generell vermeide ich hierarchisierende Strukturen, indem ich einerseits darauf achte, dass Duzen oder Siezen nie einseitig geschieht, andererseits im Blick halte, dass durch verschiedene Formen der Anrede keine Differenz zwischen den Teilnehmenden aufgebaut wird. Wenn sich im Kurs Studierende befinden, die ich schon länger oder näher kenne und mit denen ich mich duze, biete ich dies den anderen Teilnehmenden in der Regel ebenfalls an.

Welche Feedbackmethoden setzen Sie in Diskussionsrunden ein?

Vor allem bei Gruppenzusammensetzungen von Studierenden in unterschiedlichen Phasen ihres Studiums und/oder mit unterschiedlichem Vorwissen auf den seminarrelevanten Themengebieten erachte ich eine ungezwungene Atmosphäre im Seminar als zentral dafür, dass sich jede*r nach eigenen Möglichkeiten einbringen kann. Besonders wenn sich die Teilnehmenden auch untereinander noch nicht gut kennen, können Hemmungen bestehen, in der Diskussion aktiv mitzuwirken. Das Feedback, das man als Lehrperson zu den Wortmeldungen der Teilnehmenden gibt – und auch immer geben sollte, um dem Gegenüber nicht den Eindruck zu vermitteln, in einem Vakuum zu agieren – kann dabei helfen, Unsicherheiten abzubauen und die Kommunikation unter Berücksichtigung der individuellen Ressourcen zu fördern. Gerade bei Studierenden, die sich in der Diskussion eher zurückhalten, ist es wichtig, gute Wortmeldungen ausdrücklich als solche anzuerkennen. Zu späteren Zeitpunkten, besonders wenn die Diskussion einmal ins Stocken gerät, kann man Teilnehmende auch an frühere, gute Beiträge erinnern und sie so zur weiteren Mitarbeit motivieren („Sie hatten doch in der letzten Sitzung diesen interessanten Punkt vorgebracht; könnte man hier vielleicht ähnlich argumentieren? Oder falls nicht, warum nicht?“).

Die Rückmeldung der Lehrperson zu den Diskussionsbeiträgen der Teilnehmenden beginnt bestenfalls schon auf der Stufe des Zuhörens. Zum aktiven Zuhören (vgl. Schulz von Thun et al. 2000, S. 70–81) gehört, dass man sich durch Rückfragen vergewissert, das vom Gesprächspartner vorgebrachte Argument richtig verstanden zu haben. In der Diskussion im Seminar sind solche knappen Zusammenfassungen des Gesagten darüber hinaus sehr hilfreich, um den anderen Teilnehmenden die Reaktion auf den Beitrag und die Anknüpfung eigener Argumente zu erleichtern. Hierzu versuche ich ebenfalls, längere und/oder unsystematische Beiträge in meiner Zusammenfassung – wenn nötig – zu strukturieren („Wenn ich Sie richtig verstanden habe, sehen Sie die Auswirkungen dieser Maßnahme auf drei Ebenen: der ökonomischen, der technischen und der ästhetischen …“).

Wie gestalten Sie das Feedback zu Lehrplan und Inhalten?

Rückmeldungen Studierender hole ich in meinen Lehrveranstaltungen außerdem ein, um Inhalte im Verlauf des Semesters an die Wissens- und Interessenentwicklung im Plenum flexibel anzupassen; wie groß hier der eigene Handlungsspielraum ist, hängt natürlich stark vom Fach und der Art der Veranstaltung ab. Gute Erfahrungen habe ich damit gemacht, zu Anfang des Semesters einen Seminarplan mit thematisch und lektüretechnisch vorgeplanten Sitzungen auszuteilen, daneben aber auch einige optionale Sitzungen mit alternativer Literatur vorzuschlagen, die je andere Facetten des Seminarthemas und/oder das Thema aus anderen Blickwinkeln beleuchtet. Im regelmäßigen Austausch mit den Studierenden – auch im Verlauf des Semesters – lasse ich darüber abstimmen, ob die Inhalte einzelner Sitzungen gegen die optionalen Inhalte getauscht werden. Dies bietet den Studierenden ebenfalls mehr Möglichkeiten, Medien und Gegenstände, mit denen sie sich aus eigenem Interesse heraus gerade beschäftigen, in die Arbeit im Seminar einzubringen und gemeinsam theoretisch zu beleuchten.

In die Diskussion eines konkreten Textes steige ich z. B. mit der Frage ein, wie die Studierenden damit zurechtgekommen sind, noch bevor die Argumentationsstruktur detailliert nachvollzogen wird. Ein solcher Einstieg hilft, etwaige Probleme mit einem Text begrifflich klar fassbar und beschreibbar werden zu lassen, den Text systematisch einzuordnen und eine eigene Position zu ihm entwickeln zu können. Durch das Feedback der Studierenden zu den ausgewählten Texten können Lehrende ebenfalls (auch für zukünftige Veranstaltungen) einschätzen, wie gut sich ein Text zur Besprechung des jeweiligen Themas eignet und wie viel Zusatzmaterial und Verständnishilfen eventuell noch sinnvoll sind. Diese kann man dann nach der Sitzung z. B. über Moodle bereitstellen, um eine Nachbereitung zu ermöglichen, und zu Beginn der folgenden Sitzung noch einmal ansprechen.

Welche Verfahren zur abschließenden Evaluation wenden Sie an?

In meinen Lehrveranstaltungen wende ich das Evaluationssystem der RUB an. Bei der Evaluation mit EvaSys gibt es zwei Verfahren, die ich nutze: Zum einen das Papier-Verfahren, bei dem ich die Evaluationsbögen im Seminar verteile, ausfüllen lasse und im Druckzentrum abgebe. Zum anderen das Online-Verfahren, bei dem die Studierenden von mir einen Link und je eine TAN erhalten, mit der sie die Veranstaltung online bewerten können. Das Online-Verfahren bietet sich meiner Erfahrung nach besonders für Seminare mit geringer Teilnehmerzahl an. Gerade bei kleinen Gruppen sehen manche Studierende durch die Möglichkeit der Online-Bewertung ihre Anonymität besser gewahrt und fühlen sich so eher in die Lage versetzt, ehrlich und ohne Hemmungen Feedback zu der Lehrveranstaltung zu geben.

Beide Verfahren sollte man als Lehrende*r nicht zu knapp vor Semesterende durchführen, um genügend Zeit zu haben, die Ergebnisse mit den Studierenden zu besprechen. Hier kann es sinnvoll sein, die Evaluationsbögen bzw. die TANs gegen Semesterende in mehreren Sitzungen bereit zu halten.

Wie gestalten Sie das anschließende Feedbackgespräch?

In die gemeinsame Besprechung der Evaluation steige ich ein, indem ich zunächst selbst meinen Eindruck der Veranstaltung reflektiere. Habe ich etwa bei mir selbst Unsicherheiten bemerkt, die nicht in den Evaluationsbögen genannt worden sind, bespreche ich sie dennoch mit den Studierenden („Ich hatte den Eindruck, dass ich meine Fragen an Sie manchmal zu umständlich formuliert habe – wie haben Sie das erlebt?“) um meine Selbsteinschätzung mit ihren Eindrücken abgleichen zu können. Wenn Studierende auf den Evaluationsbögen Kritikpunkte genannt haben, nehme ich dazu Stellung und erkläre meine Beweggründe für bestimmte Handlungen, Entscheidungen oder Forderungen. Gegebenenfalls sammeln und diskutieren wir Lösungsvorschläge („Wie könnte man das in Zukunft besser gestalten?“). Die Besprechung der Evaluation bietet zum Semesterende außerdem eine schöne Gelegenheit, Inhalte indirekt zu wiederholen, indem man den Seminarverlauf noch einmal gemeinsam Revue passieren lässt. Daran anknüpfen lässt sich dann eine Ideensammlung für Hausarbeitsthemen, die die Studierenden als Anregung mit in die vorlesungsfreie Zeit nehmen können.

Weiterführende Literatur

  1. Schulz von Thun, Friedemann/Ruppel, Johannes/Stratmann, Roswitha (2000): Miteinander Reden: Kommunikationspsychologie für Führungskräfte. Reinbek: Rowohlt.